Ein Kleinod steht mit der Stiftskirche im Göppinger Stadtteil Faurndau. Sie ist ein bedeutendender Kirchenbau im südwestdeutschen Raum aus der Spätromanik.

Auf den Spuren der Staufer, das war heute das Ziel in meiner selbstgewählten Challenge „Heimatkunde“. Seit Monaten, genauer gesagt, seitdem unsere Herbstreise wegen den steigenden Coronazahlen in der Box ‚Später‘ verschwunden ist, bin ich in dieser Mission unterwegs. Ich kann euch sagen, das ist so, wie wenn man einen flachen Stein ins Wasser wirft – erst zieht er einen Kreis, dann noch einen, und dann ganz viele. Vor allem, weil ich mich in die Geschichte der jeweiligen Objekte einlese und dann von einem Ziel zum Nächsten dabei komme.

Heute gehört der Tag den Staufern, wir sind auf dem Weg nach Göppingen, die sich Stauferstadt nennt. Kann sie auch, denn die Stammburg der Staufer auf dem Hohenstaufen, erhebt sich vor der Stadt. Aber das Privileg der ältesten Stauferstadt hat immer noch meine Heimatstadt Schwäbisch Gmünd 😀
Durch meine Blogberichte ergeben sich immer wieder sehr nette Gespräche, so auch mit Barbara Reick. Vielleicht habt ihr bei meinem Bericht zum Wäscherschloss schon von ihr gelesen? „Wissen sie schon? Die Oberhofenkirche in Göppingen hat auch was mit den Staufern zu tun. Und wenn sie da schon auf dem Weg sind, unbedingt die Stiftskirche in Faurndau anschauen.“

Sie hat mir nur die letzte Bestätigung gegeben, die Stiftskirche in Faurndau, die eh schon auf meinem Zettel stand, auf der Straße der Staufer anzufahren. Das Glück war uns an dem Tag wohlgesonnen – zum einen herrlicher Sonnenschein Mitte November und zum anderen erlebten wir nur offene Türen. Das ist ja nicht immer so bei unseren Besichtigungen. 😀 Oft standen wir schon vor verschlossenen Kirchentüren.

Schon oft bin ich durch diesen Stadtteil von Göppingen gefahren. Denn mein Heimatort liegt verkehrstechnisch so ungünstig, dass wir nach allen Seiten zu den Autobahnen eine Anfahrt von mindestens 30 Minuten über Land haben. Und die geht zur A8 am Schnellsten über Göppingen oder durch Faurndau auf die B10. Dass hier jedoch ein so sehenswertes Kleinod steht, war mir all die Jahre nicht bewusst. Sooooo schlecht ist also mein selbstgewählter Heimatkunde-Auftrag gar nicht. 🙂

Ich nehm euch jetzt mit zu

meiner Besichtigung der Stiftskirche in Faurndau

die mir schon mit der

Außenansicht der Stiftskirche Faurndau

große Augen erzeugte. Wow, so eine Außenfassade hab ich tatsächlich noch nie bei unseren Besichtigungen gesehen. Da türmt sich ein Giebel über den anderen. Das schauen wir uns mal genauer an …

Es gibt da an der Außenseite der Stiftskirche einige Besonderheiten zu entdecken. Zum einen ist es das Rundbogenfries an der Apsis, das eine Meisterleistung der spätromanischen Zeit im Schwabenländle darstellt. Die ist auch an der Südseite der Stiftskirche zu bewundern. Sorry, mit dem was es allein schon außen an der Kirche zu entdecken gab – ihr merkt mal wieder, ihr seid auf einem Reise- UND Fotoblog 🙂
In der Intensität habe ich es noch an keiner (bisher von uns besuchten) Kirche entdeckt. Es ist aber nicht nur Zierde, sondern wie alle Verzierungen und Figuren aus dieser Zeit, hat es eine Symbolik. Romanikbauten sind etwa zwischen 950 und 1250 entstanden, einer Zeit in der viel über Symbolik gestaltet wurde, die Menschen zu dieser Zeit konnten noch nicht lesen. Und die Menschen glaubten zu dieser Zeit noch an Dämonen, die mit diesen Verzierungen dem Gotteshaus ferngehalten werden sollen.

Diese Aufgabe wurde an der Stiftskirche in Faurndau voll erfüllt. Dazu müsst ihr aber den Kopf ein bisschen in den Nacken legen. Dann seht ihr, dass ihr an der Ostseite der Kirche mehrfach beobachtet werdet. Über dem, für die Romanik typischen Rundbogenfenster, wacht eine Raubkatze. Was es mit dieser auf sich hat, das könnt ihr im Inneren der Kirche erfahren.
Über dem Dach der Apsis beobachtet eine Eule das Geschehen um die Kirche. Und die Figuren am Ostgiebel des Mittelschiffs toppen die beiden noch. Wenn ihr genau hinschaut, erkennt ihr sogar einen kleinen Kerl, der sein Hinterteil den Betrachtern hinstreckt. Nein, in der Deutung sind wir ja immer noch bei den Dämonen, also gilt die ‚Geste‘ denen.

An der Südseite entlang, mit Blick hinauf zum Kirchturm, geht es zum Hauptportal. Heute war es aber nicht unser Eingang zur Kirche.

Bevor es im Inneren der Stiftskirche weitergeht,

ein bisschen Geschichte zur Stiftskirche in Faurndau

Die geht mal wieder weit zurück, denn alles hier begann mit einem Kloster in Faurndau. Und das war schon etwa um 875, als König Ludwig der Deutsche seinem am Hof tätigen Diakon Luitprand ein kleines Kloster in Faurndau verlieh. Dieser unterstellte es dem Kloster in St. Gallen, das aber eigentlich nicht groß das Sagen in Faurndau hatte. Die Vogtei für das Kloster wurde den Grafen von Pfullendorf übertragen, die waren ja auch näher dran wie die Schweizer. Jetzt kommen ‚meine‘ Staufer ins Spiel, denn nachdem dieses Grafengeschlecht ausgestorben war, übernahm Kaiser Friedrich I. Barbarossa die Vogtei über den Schweizer Besitz. Verwaltet wurde der aber dann durch seine staufischen Ministerialen.

Anfang des 12. Jahrhunderts wird die Schwester des Stauferkönigs Konrad III., Berta von Boll, damit in Verbindung gebracht, dass das Kloster in Chorherrenstift umgewandelt wurde, es blieb aber weiterhin in der St. Galler Oberherrschaft. Und da musste der Abt von St. Gallen vermutlich genauso wie es im Kloster in Ellwangen auch war, mal gehörig ‚den Rauch‘ in die Glaubensgemeinschaft lassen. Keiner hielt sich an die Ordnung und das was eigentlich die Glaubensgemeinschaft ausmachte.

Nach dem Untergang des Staufergeschlechts, das ja die Vogtei innehatte, kamen dann die Rechberger dran. In meinem Bericht zur Burgruine Hohenrechberg, dem Stammsitz der Rechberger, die aber auch eine staufische Ministeralienfamilie waren, könnt ihr mehr über sie nachlesen. Und später bekam das Kloster Adelberg auch noch was ab. Das war so Anfang 15. Jahrhunderts als die Vogtei wieder weitervererbt wurde. Ihr merkt schon, das ist alles so ein Gemauschel rings in der ganzen Umgebung 🙂

Von wem und wann genau die Stiftskirche in Faurndau erbaut worden ist – keine Ahnung. So sehr ich auch gesucht und recherchiert habe, es hüllt sich ein Nebel um die Entstehung oder gar um die Bauherren und Baumeister. Etwa zwischen 1200 und 1220 soll sie auf den Fundamenten einer Vorgängerkirche erbaut worden sein. Vielleicht die kleine Kirche, die zum damaligen Kloster gehört hat? Es war wohl Ende des 11. Jahrhunderts, als in Faurndau das Feuer gewütet hat und auch Teile des Klosters und die Kirche betroffen hat. Anschließend hatte man sie, größer als die alte Kirche, wieder aufgebaut. Ob es die heutige Kirche ist? Ausgrabungen bei der Renovierung 1956/57 deuten daraufhin.

Endgültig kam das Stift samt den rechbergischen Gütern und Vogtei dann an die Württemberger, die ab 1506 die alleinigen Herren waren. Die Reformation wurde eingeführt und das Stift wurde 1536 aufgehoben. Der Propst und die noch vier Chorherren bekamen eine Abfindung. Seht es mir bitte nach, in meinen Berichten über Waiblingen und Bad Urach bin ich ein bisschen tiefer bei der Geschichte um die Württemberger Herzöge eingestiegen – sie sind mir teilweise nicht wirklich sympathisch. Waren sie doch wahre Raffhälse, so wohl auch hier im Stift. Das gefiel  auch Kaiser Karl IV. nicht so sehr, der Kaiser des deutschen-römischen Reiches, der mir bei unserer Reise nach Prag im Juni 2020 ständig über den Weg gelaufen ist. Der hat einem von den Württembergern so richtig gezeigt ‚wo der Bartel den Most holt‘ (wie wir im Schwäbischen sagen, wenn einer so richtig die Meinung gesagt bekommt). Darüber könnt ihr im Bericht zur Burgruine Rosenstein nachlesen.

So, genug Geschichte, kommt mit

ins Innere der Stiftskirche in Faurndau

die mich mit dem ersten Eindruck an unsere Johanniskirche in meiner Heimatstadt Schwäbisch Gmünd erinnert. Auch sie ist im romanischen Baustil erbaut worden, geht auch auf die Staufer zurück, und von ihr kennt man auch kein genaues Erbauungsdatum oder mehr.

Innenansicht Stiftskirche Faurndau 0641
Innenansicht Stiftskirche Faurndau 0586
Innenansicht Stiftskirche Faurndau 0552

Die Säulen in der Stiftskirche Faurndau

fallen sofort auf in dem eigentlich schlichten Innenraum der Pfeilerbasilika. Keine aufwändig gestaltete Decke, sondern eine ganz einfache, flache Holzdecke, hat meinen Blick auf das Wesentliche der Kirche gelenkt.
Der typische romanische Baustil wurde auch in der Renovierungsphase 1956/57 wieder hergestellt – kleine Rundbogenfenster, wuchtige, fast festungsartige Mauern und mächtige Säulen.

Die Kapitelle, also der Abschluss der Säulen, sind in der Stiftskirche wunderschön verziert. Wie bei der Außenfassade hat die reichhaltige Verzierung auch wieder ihren Sinn mit der Abwehr von Dämonen.

Genauer anschauen sollte man sich die

Deckenfresken in der Stiftskirche in Faurndau

die im gesamten Chorraum an der Decke zu finden sind. Man muss da schon ein bisschen genauer hinschauen, immerhin stammen die Fresken so von 1250. In der Kuppel zeigt sich Christus in der Mandorla, also umgeben von seiner Aura und nicht wie so oft gezeigt mit einem Heiligenschein. Allein die Form des Kreises zeigt, dass diese Freskenmalerei schon alt ist.

Im Chorquadrat sind die vier Evangelistensymbole abgebildet. Diese finden sich zumeist an den Kanzeln der Kirchen. Die Stiftskirche kommt aber nur mit einem schlichten Redepult aus, vielleicht weil die vier schon oben als Deckenfresken zu sehen sind? Die Symbole, die den Vier zugeordnet sind – der Mensch für Matthäus, ein Löwe für Markus, der Stier bei Lukuas und ein Adler für Johannes.

Das letzte Foto zeigt eines von insgesamt 12 Weihekreuze in der Stiftskirche, das immer ein Kreuz darstellt, aus gebogenen Linien und von einem Kreis umschlossen. Ein Zeichen, diese vermutlich aus dem 13. Jahrhundert, dafür, dass die Kirche geweiht wurde. Meistens wurden die Weihekreuze an den Stellen an den Wänden platziert, die bei der Kirchenweihe gesalbt wurden. Typisch für die Zeit der Romanik sind 12 Weihekreuze, die Zahl steht für die 12 Apostel.

Die Wandfresken in der Stiftskirche Faurndau

die vermutlich aus dem frühen 14. Jahrhundert stammen, und somit schon der Gotik zuzuordnen sind, erzählen eine Geschichte. Ganz früher, als die kleine Kirche noch zum Stift gehörte, war sie ursprünglich eine Marienkirche. Deshalb verwundert es nicht, wenn die Geschichte von Anna und Joachim erzählt, den Eltern von Maria. „Siehe, ich bin die Magd des Herrn.“  Die rechte Seite im Chor zeigt die Marienkrönung.

Man muss sich die Wandmalereien wirklich vor Ort anschauen. Allein schon diese Fresken aus früher Zeit machen die Kirche zu einem besonderen Kleinod.

Beim

Chorfenster und Taufstein in der Stiftskirche in Faurndau

könnte man sagen – Alt und Neu. Was man von außen beim Chorfenster schon erahnen kann, zeigt sich im Inneren der Kirche farbenfroh. 1957, als die Kirche renoviert wurde, ist es entstanden. Es zeigt den Erzengel Michael, der die menschlichen Seelen segnet. Geweckt werden die durch den Klang von sieben Posaunen, damit sie sich dem Weltgericht Gottes stellen können.

Das älteste Ausstattungsstück in der Kirche ist der Taufstein an der Seite des Altars. Einfach, aber sehr schwer. Und wieder mit einer Symbolik, 12 romanische Bögen zieren den schweren Taufstein, wieder die Zahl 12 für die Anzahl der Apostel.

Chorfenster in der Stiftskirche Faurndau 0582
Taufstein in der Stiftskirche Faurndau 0670

Die weiteren sehenswerten

Details in der Stiftskirche in Faurndau

lasse ich euch selber entdecken. Käme man über das Hauptportal in die Kirche, würde man vielleicht unweigerlich den Kopf ein bisschen einziehen.

Der Bereich um die Stiftskirche in Faurndau

ist eine Oase der Stille, umschlossen von einer Mauer, die die Kirche umgibt.

Und der Blick in den Himmel tat hier sein Übriges dazu.

Solltet ihr aus der Gegend sein und ihr ward noch nie in dieser herrlichen Kirche, dann nichts wie hin. Für alle anderen, ein Besuch in meiner Heimat lohnt sich, und auf den Spuren der Staufer zu fahren, sowieso. Plant euch ruhig ein bisschen Zeit dafür ein 🙂

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