Gut überschaubar präsentiert sich der Altstadtbereich von Ellwangen a.d. Jagst, der drittgrößten Stadt im Ostalbkreis. Klein aber Fein und durchaus reich an Besichtigungsschätzen ist Ellwangen ein Ausflug wert.
Meine Serie „Heimatkunde“ hat es geschafft, endlich mal in den östlichen Zipfel unseres Landkreises zu fahren, so kurz vor der Grenze zu Bayern. Ich muss gestehen, bisher habe ich die Schönheiten von Ellwangen mit dem Stempel ’sehr gläubig und nur Kirchen‘ in eine Schublade verschoben, die es jetzt zu öffnen galt. Ja, der Stempel darf durchaus bleiben, und viele Kirchen gibt es in der kleinen Stadt auch. Aber diese zu besichtigen, ist ein Ausflug nach Ellwangen wirklich wert. Und eine kleine aber feine Innenstadt gibt es ja noch obendrauf. Gleich vorweg – möchte man zumindest die wichtigsten Kirchen in der Ostalbstadt besichtigen, dazu noch die Wallfahrtskirche auf dem Schönenberg und dann noch das Schloss ob Ellwangen (vielleicht noch mit einer Führung, so wie wir es gemacht haben) – und dann vielleicht noch eine gemütliche Kaffeepause in der Stadt? Wir haben es nicht an einem Tag geschafft!
Mein Mann würde jetzt vielleicht breit grinsend zu mir sagen, ist ja klar, wenn du auch jedem Engele in der Kirche ‚Hallo‘ sagst 😂😂 Ja, menno 😆, mir gefallen (egal ob in Kirchen oder Schlösser) diese kleinen Himmelsboten einfach, und nicht nur die. Auch die anderen Figuren haben es mir angetan, denn ich bin immer wieder aufs Neue fasziniert, wie ausdrucksstark sie geschaffen wurden. Und als Hobbyfotografin freut man sich zudem, dass das Model still hält. Und wenn ihr genauso gestrickt seid wie ich, dann plant euch eben mehr Zeit ein.
Wir haben Fridolin, für einen Sonntag recht früh, aus der Garage gescheucht. Denn unsere Planung sah so aus: ein Kurzbummel durch die Stadt, Besuch von drei Kirchen (von denen ich im Vorfeld nicht wusste, welche Schätze sie bieten), und ab 13 Uhr geht es hinauf aufs Schloss ob Ellwangen, denn wir waren für eine Führung der Schlosskapelle angemeldet. Auch spätestens nach einer Fototour durch meine Heimatstadt Schwäbisch Gmünd haben wir die Vorteile des ‚frühen Vogels‘ kennen und schätzen gelernt. Es sind kaum Menschen unterwegs, an einem Sonntag schon gar nicht, und wir haben freie Bahn zum Fotografieren. Übrigens habt ihr die besten Blicke auf die Stadt entweder von der Wallfahrtskirche oder vom Schloss aus. Und bei diesem Blick erkennt ihr schon – in Ellwangen wimmelt es nur so von Kirchen.
Aber nicht nur von diesen, deshalb kommt mit mir
Inhaltsverzeichnis
- 1 zum Stadtbummel durch Ellwangen a.d. Jagst
- 1.1 die Marienkirche in Ellwangen
- 1.2 ein bisschen Geschichte zu Ellwangen a.d. Jagst
- 1.3 dem ehemaligen Spital zum Heiligen Geist in Ellwangen
- 1.4 das Haus Zimmerle in Ellwangen
- 1.5 Der Brunnen am Fuchseck
- 1.6 Kalte Markt in Ellwangen
- 1.7 den Marktplatz von Ellwangen
- 1.8 Die Basilika St. Vitus
- 1.9 Die evangelische Stadtkirche
- 1.10 ehemalige Landgericht und das ehemalige Jesuitenkolleg
- 1.11 Ellwangen als Gerichtsort
- 1.12 Schloss ob Ellwangen
- 1.13 Schlosskapelle St. Wendelin
- 1.14 Das könnte Euch auch interessieren:
- 1.15 So kommt ihr nach Ellwangen a.d. Jagst
zum Stadtbummel durch Ellwangen a.d. Jagst
der für uns am Rand der Altstadt begonnen hat. Denn in der Nähe des Amtsgerichts ‚Im Graben‘ durfte sich Fridolin auf einem Parkplatz ausruhen. Hätte man jetzt ausgiebig Zeit (die wir nicht hatten), dann würde sich ein Bummel entlang der alten Stadtmauer anbieten. Wir haben diesen Blick bei der Fahrt Richtung Schloss genossen. Die ersten Stufen Richtung Innenstadt, und schon die erste Kirche –
die Marienkirche in Ellwangen
die, wie es der Name schon sagt, der Muttergottes Maria gewidmet ist.
Aber jetzt erstmal noch
ein bisschen Geschichte zu Ellwangen a.d. Jagst
auf die ich teilweise in den Detailberichten auch näher eingegangen bin. Die Besiedlung ging zurück bis zu den Kelten und Römern. Von den Römer gibt es ganz in der Nähe in Dalkingen und Rainau-Buch noch Überreste eines römischen Kastells zu sehen. Mit den Alamannen ging es dann im 5. Jahrhundert weiter. Aber so richtig mit einer Siedlung ging es im 7. Jahrhundert los. Zwei Brüder aus einer bairisch-alamannischen Adelsfamilie gründeten 764 ein Benediktinerkloster, nachdem einem der beiden Brüder im Schlaf dreimal ein helles Kirchenglöckchen erklungen ist. So berichtet es eine Sage, als er sich nach der Elchjagd im Schlaf erholen wollte. Es gehörte ihnen aber nicht allein, denn ein paar Jahre später mussten sie es König Karl dem Großen überlassen und somit wurde das Kloster ein Königskloster. Was ja nicht immer von Schaden sein muss. Denn nachdem es ab 817 zu den Reichsabteien gehörte begann das Kloster schnell zu wachsen und hatte recht schnell über 100 Mönche als Bewohner.
Als ich mich in die Geschichte von Ellwangen eingelesen habe, musste ich mal wieder (wie noch öfter hier passiert) feststellen, dass die Welt doch recht klein ist. Denn einer der beiden Brüder, die mir schon bei unserem herrlichen Aufenthalt im Sommer in Prag auf der Karlsbrücke begegnet ist, war 870 durch eine Verschwörung über zwei Jahre im Klostergefängnis inhaftiert. Method (inhaftiert) und Cyrill (der, der die kyrillischen Schriftzeichen entwickelte), zwei Brüder aus Saloniki waren als Missionare unterwegs. Er kam auf Intervention des Papstes frei.
Aus den Reihen des Klosters wuchs ab dem 12. Jahrhundert die Stadt. Die Bewohner unterstanden aber der Oberhoheit des Abtes des Klosters. Dieses unterstand dann ab 1124 dem Papst und wurde von Äbten geführt. Die hatten auch das Sagen in der Stadt bei der Verteilung von Ämtern. Aber ein komplett friedliches Leben gab es auch zu dieser Zeit nicht. Die lieben Nachbarn halt.
Und mit dem Kloster ging es in den folgenden 200 Jahren bergab. Nicht nur, dass Krankheiten und Missernten als höhere Gewalt da beteiligt waren, nein, es waren auch die Mönche selber, die sich nicht mehr an das hielten, was ihnen beim Klostereintritt noch wichtig war. Ein großer Brand tat noch sein Übriges.
1460 wurde das Kloster in ein weltliches Chorherrenstift umgewandelt, mit einem Fürstpropst an der Spitze und ihm untergeordnet sein Stiftskapitel aus adligen Kanonikern und Chorvikaren. Insgesamt gab es im Heiligen Römischen Reich drei Fürstpropsteien. Der Fürstpropst hatte das Sagen im weltlichen und kirchlichen Bereich. Da ein Fürstpropst in der Regel mit mehreren Ämtern ausgestattet war, hatten die Herren einen ziemlich großen Einfluss. Es gab nur zwei über ihm Stehende, denen er Rechenschaft schuldig war – als Regent dem Kaiser des Landes, als Propst dem Papst gegenüber. Eine angemessene Residenz hatte der Fürstpropst auf dem Schloss ob Ellwangen. Da es einem Kirchenmann aber ja nicht gestattet war, ein Milität oder gar Waffen zur Verteidigung zu besitzen, war es in der Funktion als Fürst aber möglich. So war die Verteidigung der Propstei auch gesichert.
Die Reformation streckte auch nach Ellwangen die Fühler aus, was dem Ellwanger Pfarrer aber nicht gut bekam. Er wurde mit dem Kirchenbann belegt, was wiederum die Stadt nicht klaglos hinnahm. Es gab Zoff in der Stadt und nachdem die Chorherren mit dem Tod bedroht wurden, flüchteten sie aus der Stadt. Die Zeit der Bauernaufstände begann und es ging 1525 in der Stadt richtig zur Sache. Gottesdienst wurden im evangelischen Sinn gehalten und das Abendmahl gab es in beiderlei Gestalt. Im Zeitraffer geht es vorwärts mit Hexenprozessen denen etwa 450 Frauen und auch Männer zum Opfer fielen, genauso wie in unmittelbarer Nachbarschaft in Dinkelsbühl. Der Dreißigjährige Krieg forderte auch seine Tribute, und die Schlacht bei Nördlingen hatte auch für Ellwangen Auswirkungen. (die Links führen jeweils zu Berichten meiner Besuche in den Städten.)
1802 wurde das Stift in Ellwangen säkularisiert und die Stadt wurde Württemberg zugeordnet. Aber sie blieb eine Kleinstadt. Heute leben etwa 25.000 Menschen in der Kernstadt und den vier Stadtteilen. Da ich euch ja nicht mit der kompletten Geschichte (die ja noch weitergeht) erschlagen möchte, ihr aber noch mehr wissen möchtet? Dann klickt HIER.
dem ehemaligen Spital zum Heiligen Geist in Ellwangen
1335 ist das Spital, das zu dieser Zeit neben dem Krankenhaus auch ein Armen- und Altersheim war, zum erstenmal in Urkunden erwähnt worden. 1486 wurde es in die Stadt verlegt. Auch dieses Gebäude wurde mehrfach umgebaut und erweitert und bekam sein barockes Aussehen final 1749.
Überseht bei eurem Gang zum Rathaus nicht, die Türe, die zur kleinen Spitalkapelle führt. 1699/1700 wurde sie fertiggestellt und konnte 1729 geweiht werden.
das Haus Zimmerle in Ellwangen
mit seiner bemalten Fassade ist das schönste Haus in der Stadt. Ist heute eine Apotheke untergebracht, war es 1550 der Postgasthof. Und der hatte berühmte Gäste, so waren Goethe und auch Mozart hier zu Gast. Die bemalte Fassade, die 1896 gestaltet wurde, zeigt Szenen von Goethes Besuch.
Diese Fußgängerzone ist die Haupteinkaufsstraße von Ellwangen und bietet nochmal einen ‚Hingucker‘ direkt vor dem herrlichen Gebäude.
Der Brunnen am Fuchseck
ist nicht einfach nur so ein Brunnen. 2002 wurde er geschaffen und zeigt im Sockel Szenen aus der Stadtgeschichte. Über den Reliefs bauen Kinder ein Pyramide und sollen damit die Verbindung von Vergangenheit und Zukunft symbolisieren. In der aktuellen Zeit mit Corona habe ich dieser Pyramide den Namen gegeben „Gemeinsam sind wir stark und können gewinnen“.
Kalte Markt in Ellwangen
gefeiert. Ja, kalt ist es mit Sicherheit um diese Jahreszeit, deshalb auch der Name. Vermutlich gab es den Vieh- und Pferdemarkt auch schon vor der ersten urkundlichen Erwähnung von 1370. Den Ursprung dieses Festes geht wieder auf die beiden Brüder Hariolf und Erlolf zurück, die 764 das Kloster gegründet haben. Denn die brachten die Reliquien der kappadokischen Pferdezüchter und Heiligen von der Türkei nach Ellwangen. Drei Heilige mit fast unaussprechlichen Namen (zum Glück darf ich sie nur schreiben 🙂 ), es sind die Hl. Speusippus, Eleusippus und Meleusippus, die als Pferdeheilige verehrt werden. Daraus hat sich eben dieser Markt für Pferdehändler entwickelt. Seit etwa der 1970er Jahre wird nicht mehr mit Pferden in der Stadt gehandelt, sehr wohl reiten sie aber in einem großen Umzug durch die Stadt.
den Marktplatz von Ellwangen
der durch viele barocke Stiftsherrenhäuser eingegrenzt wird. Es ist das Zentrum der Stadt und die kleinen Sträßchen und Gässchen umrahmen ihn strahlenförmig.
Die Basilika St. Vitus
hat ihren Ursprung in der Klostergründung 814 der beiden Brüder. 1182 wurde erweitert und 1661 wurde die Basilika im Stil des Barocks verschönert. Sie hat eine wunderschöne Ausstattung. Neben dem Hochaltar gibt es noch drei herrliche Seitenaltäre und und und ….
Die evangelische Stadtkirche
solltet ihr bei einem Besuch der Stadt nicht auslassen. Sie zeigt herrliche Deckenfresken, die sich zu einem Ganzen verbinden. 1729 wurde die Kirche eingeweiht, die als Besonderheit eine Verbindungstür zur Nachbarkirche, der Basilika hat.
Neben den beiden Kirchen fallen auf dem Marktplatz zwei Gebäude besonders auf. Das eine wegen seiner imposanten Größe, das andere wegen seiner leuchtenden Farbe und weil es irgendwie so mitten im Weg steht.
Es sind das
ehemalige Landgericht und das ehemalige Jesuitenkolleg
Letzteres ist der riesige Bau, denn 1658 gründete sich in der kleinen Stadt eine Ordensgemeinschaft, die Jesuiten. 1720 konnte dank einer Spende mit dem Bau des Gebäudes begonnen werden. Nein, eigentlich ist es ja kein einzelnes Gebäude, sondern es geht um die Ecke ja noch weiter. Ein Gymnasium wurde angeschlossen. Und ganz klar brauchte der Orden ja auch eine Kirche. In den freien Platz zwischen Kolleg und der Basilika bekam die Ordensgemeinschaft ihre Kirche. Da war es auch egal, dass die Fassade eben ein bisschen verdeckt wurde. Mehr dazu könnt ihr beim Bericht zur evangelischen Kirche nachlesen.
Heute ist in dem großen Gebäude das Landgericht untergebracht, das ehemals nur in dem farbigen kleinen Haus beheimatet war.
Ich habe mich beim Schreiben des Berichts mehrfach gefragt, waaaarum bekommt die drittgrößte Stadt des Landreises den Sitz des Landgerichts, und nicht etwa Schwäbisch Gmünd oder Aalen?
Ellwangen als Gerichtsort
begründet sich schon recht früh. Ja eigentlich schon mit der Gründung des Benediktinerklosters. Und wer glaubt, dass es nur heutzutage so schlimm in der Welt zugeht, der täuscht sich. Schon im 15. Jahrhundert ‚blühte‘ quasi das Verbrechen. Und da man dem Einhalt gebieten musste, gab es auch da schon ein Strafrecht und einen Strafprozess, der in Halsgerichtsordnungen festgeschrieben wurde. Naja, der Hals war für das Leben oder Tod zu dieser Zeit verantwortlich. 1466 wurden die Gesetze in Ellwangen bereits schriftlich fixiert. Ob es da aber immer so gerecht zuging?
Vermutlich nicht, denn als Propst Albrecht I. 1477 regierte, veranlasste er eine neue Stadtgerichtsordnung. Und auch die wurde in der Folge immer noch erweitert, Geschäftsordnungen wurden festgelegt und auch, wer überhaupt Richter werden darf. Wenn man bedenkt, dass 1470 per Recht noch ohne besondere Anklage ein Verfahren eröffnet werden konnte, oder gar ein Richterspruch gefällt werden konnte – Halleluja, da musste man aufpassen.
Zu dieser Zeit war auch noch alles in einem Topf vermischt – Land oder Stadt – alles ein Gericht, deren Besetzung dem jeweiligen Fürstpropst zustand. Außer dass man von einem Richter des Stadtgerichts erwartete, dass er Lesen und Schreiben konnte und auch sonst gläubig, katholisch – halt einfach ein rechter Mann ist, machte man um die Wahl desselben aber keinen großen Aufstand.
Tja, und so eine lange Tradition wird auch in der Neuzeit mit der Ansiedlung des Landgerichtes in Ellwangen fortgesetzt. Wenn ein Schwabe im Ostalbkreis sagt ‚I muaß noch Ellwanga aufs G’richt“ dann weiß jeder, Kinkerlitz wird dort nicht verhandelt. Hat doch Schwäbisch Gmünd und Aalen jeder die eigenen Amtsgerichte.
Unser Stadtbummel war damit in Ellwangen auch schon beendet, die Uhr saß uns ein bisschen im Nacken damit wir auch pünktlich zur Führung in der Schlosskirche im Schloss waren. Sogar unsere vielgeliebte Kaffeepause fiel der Zeit zum Opfer. Aber ganz ehrlich – die ausführliche Besichtigung der drei Kirchen war es wert.
Habt ihr noch Zeit und Lust?
Dann kommt mir noch ins
Schloss ob Ellwangen
mit seiner herrlichen kleinen
Schlosskapelle St. Wendelin
die man aber nur im Rahmen einer Führung entdecken kann. Aber auch nur die Schlossbesichtigung ist es wert, das kurze Stück den Berg nach oben zu fahren (gehen).
Wenn ihr mehr Zeit für die Stadt habt, dann solltet ihr am Adelmann Palais auch kurz vorbeischauen. Und, und, und … es wäre ja wirklich langweilig, wenn ich euch immer komplett alles vorstellen würde, gell. Ich möchte ja mit meinen Berichten nur Appetitanreger sein, die Stadt selber zu entdecken. Habt viel Freude dabei!
Das könnte Euch auch interessieren:
Die Wallfahrtskirche Schönenberg bei Ellwangen
Ein Bummel durch Dinkelsbühl
Ein Bummel durch Nördlingen
Die älteste Stauferstadt Schwäbisch Gmünd