Im Hamburger Stadtteil St. Georg befindet sich der St. Marien-Dom, der nicht immer Dom war. Aber es war die erste katholische Kirche, die nach der Reformation in Hamburg gebaut wurde und ist die jüngste Kathedrale in Deutschland.

Diesen herrlichen Sonnentag heute müssen wir ausnützen. Tag 4 in Hamburg hat ganz früh mit einer Fahrt mit der Hafenfähre auf der Elbe gestartet. Bis Finkenwerder habe ich mir Wasserluft um die Nase wehen lassen und konnte mich an dem regen Schiffsverkehr auf der Elbe mit großen und kleinen Schiffen kaum sattsehen. Der Besuch des Museumshafens Oevelgönne hielt die Begeisterung weiter hoch. Auch der anschließende Besuch in der Speicherstadt ließ diese Kurve nicht abflachen. Kann man jetzt das ganze noch toppen?

Die letzten Tage war der Stadtplan unser ständiger Begleiter und bei unserem ausgiebigen Besuch in der Innenstadt bin ich da sehr oft über die Domstraße gestolpert. Hamburg hat einen Dom? Ich meine jetzt nicht den großen Rummel der dreimal im Jahr in Hamburg stattfindet und sich auch Dom nennt. Nein, ich meine den Dom als Bischofskirche. Gesucht und gefunden – im Stadtteil St. Georg ist er. Wir könnten doch? Wann? Ja, jetzt nach der Speicherstadt, ist auch gar nicht so weit 😀

Ohhh, mein Mann kennt diesen Blick von mir 😀 Aber auch für ihn war es noch zu früh, den herrlichen Tag jetzt schon im Hotel zu beenden. Unsere Hamburg Card kam wieder zum Einsatz, wir stiegen in den nächsten Bus zum Hauptbahnhof ein, um von dort aus den Stadtteil St. Georg – und vor allem den St. Marien-Dom zu erkunden.

Kommt mit zu meiner Besichtigung des St. Marien-Dom in Hamburg

der Kirche, die erst 1995 zum Dom wurde und in einer ruhigen Seitenstraße seine zwei Kirchtürme so 64 Meter hoch in den Himmel streckt. Außer der Turmfront ist vom Domplatz nicht viel von der Kirche zu sehen. Man hätte vielleicht großflächig die Kirche umrunden können …. können, aber ich hatte keine Lust auf langwierige Diskussionen mit meinen Füßen (beim Schwabe ist alles von der Hüfte abwärts Fuß 😉 ), denn irgendwie mussten wir ja auch wieder zurück, zumindest in die Nähe einer S-Bahn.

Richtig toll fand ich, dass ein großer Teil auf dem Domplatz autofreie Zone ist. Ist ja nicht immer so selbstverständlich. Ich genieße es in meiner Heimatstadt Schwäbisch Gmünd um unser Münster herum auch, dass alle Autos aus dieser Zone verbannt wurden.

Die Außenansicht des Mariendoms in Hamburg

Dort auf dem großen Vorplatz begrüßt euch der Hl. Ansgar. Zu ihm erzähle ich euch später noch was, nur soviel jetzt schon – einer muss immer schuld sein 😉 Karlheinz Oswald hat das Geschenk des Bistums Mainz an Hamburg fertiggestellt und rechtzeitig seit dem Katholikentag 2000 begrüßt er Besucher und Gläubige hier am Mariendom.

Hl. Ansgar St. Marien-Dom Hamburg 0253-O
Hl. Ansgar St. Marien-Dom Hamburg 0096

Außer uns gab es weit und breit niemand der auch in den St. Marien-Dom wollte. Eigentlich schade, denn er verdient es, so wie die Hauptkirchen in der Innenstadt auch, dass man ihm einen Besuch abstattet.

Meine Innenbesichtigung beginnt wie immer mit der gesamten

Innenansicht des St.Marien-Dom in Hamburg

bei dem man auf den ersten Blick meint – oh, schlicht. Da täuscht man sich aber gewaltig, wenn man sich dann genauer umschaut.

Innenansicht St. Marien-Dom Hamburg 0254-O
Innenansicht St. Marien-Dom Hamburg 0281

Bevor ich mich im Detail im Dom umschaue, gibt es

ein bisschen Kirchengeschichte zum Mariendom in Hamburg

Auch wenn es die jüngste Kathedrale Deutschlands ist, ihre Anfänge gehen weit zurück – seeeehr weit. Nämlich noch zum Alten Mariendom, der im ältesten Bereich von Hamburg, unweit von der Hauptkirche St. Petri stand. An diesen früheren Standort erinnern heute aber nur noch ein Straßenname ‚Domstraße‘. Noch lange war es kein Dom, sondern so um 811 herum ein schlichte kleine Holzkirche, in der Missionare den christlichen Glauben predigen sollten.

Da kommt der Hl. Ansgar ins Spiel, von dem ich weiter vorne schrieb, einer muss ja schuld sein. Denn er wurde als Missionar für die Missionierung vom damaligen Kaiser Ludwig auserkoren, dieses Werk in Norddeutschland und in Skandinavien zu vollbringen. Ansgar zog nach Norden. Dann begann mit einer Reichsteilung 843 ein kirchenpolitischer HickHack, Ländereien wurden aufgeteilt, aber der eine wollte nicht mehr mit dem anderen, dafür wollte man eine Macht, die es zu dieser Zeit noch gar nicht gab – das Bremer Domkapitel musste eben aufgrund diesem Hin und Her ein neues Erzbistum aus dem Boden ziehen, damit es sich von einem anderen Erzbistum lösen konnte. Auf der Hammaburg, die ersten Anfänge der Hansestadt, wurde somit die kleine Holzkirche zur Bischofskirche – aber nur durch einen Betrug. Tzzzz, und das in der katholischen Kirche. Und schwuppdiwupp war der Benediktinermönch Ansgar Erzbischof. Naja, sag ich da nur.

845 kamen die Wikinger vom Norden, in keinster Weise aber in friedlicher Mission – sie überfielen Hammaburg und brannten alles nieder. Auch die kleine St. Marien-Kirche und Ansgar musste seine Beine in die Hand nehmen und um sein Leben fliehen. Es ging nach Bremen und so wurde er Bischof von Bremen. Das Schicksal wollte es, dass er nun auch rechtsmäßig Bischof wurde, der Bremer Bischof verstarb, Ansgar wurde sein offizieller Nachfolger. Aber erst viele viele Jahre später, nämlich 893 wurde dieser Betrug vom Papst offiziell anerkannt, es gab jetzt ein Erzbistum Hamburg-Bremen. Somit war Hamburg jetzt Bischofsstadt.

In meinem Landkreis gibt es eine Stadt, Ellwangen, von der man salopp sagt, es gibt keine schwärzere Stadt im Umkreis – bezogen auf die vielen Kirchen, die es dort gibt (wunderschöne übrigens). Dort in Ellwangen haben die Fürstpropste das Sagen gehabt, weltlich und kirchlich in einer Hand. Gab es in Deutschland damals nicht oft. Und allesamt haben sie über viel Geld verfügt und Ländereien besessen. In Hamburg standen die Domherren dem wohl nicht nach, außer dass es keine weltlichen Fürsten waren. Aber allesamt kamen sie damals aus einer Adelsfamilie oder gehörten der Hamburger Oberschicht an.

Wer gezahlt hat, darüber konnte ich nichts finden, aber 1245 musste eine gscheite Bischofskirche her. Im frügotischen Stil wurde eine dreischiffige Basilika erbaut, die man dann im Juni 1329 einweihen konnte. Ende des 14. Jahrhunderts wurde nochmal vergrößert und im Backsteinbau umgestaltet. 1443 kam der Kirchturm dazu.

1522 war die Zeit der Reformation, auch in Hamburg. Bereits 1526 war so gut wie die ganze Bürgerschaft zum lutherischen Glauben übergetreten, auch einige der Domherren wechselten. Eine evangelische Kirchenordnung galt für die Stadt, aus dem katholischen Domstift wurde ein evangelisches, katholische Messen durften nicht mehr gelesen werden. Daraufhin verließen viele Domherren ihre Wirkungsstätte, mangels ‚Personal‘ musste der Dom sogar zeitweise geschlossen werden. Da gings hoch her in dieser Zeit. Ruhe kam erst nach dem Augsburger Religionsfrieden rein. Der Kaiser vermittelte, es gab Kompromisse – das Domkapitel konnte die Hoheit über den Dom schlussendlich behalten, samt den Einkünften. Allerdings hatte der Dom keine eigene Kirchengemeinde. Dies hatten nur die fünf Hauptkirchen in Hamburg. (St. Petri, St. Jacobi, St. Katharinen, St. Nikolai und St. Michaelis)

Ja, wenn Steine reden könnten, dann hätten die bis 1800 einiges zu sagen. Keiner wollte mehr in den Dom zum Gottesdienst, sie war schlichtweg bei den Bewohnern der Stadt ‚untendurch‘. 1803 kam die Säkularisierung, der heruntergekommene Dom ging an die Stadt und wurde 1804 abgerissen. Nur wenige Schätze aus dem Dom fanden eine neue Bleibe.

Der neue St. Marien-Dom in Hamburg

wurde nach dem Aussehen des Dom zu Bremen gestaltet und von 1889 bis 1893 als ganz normale katholische Kirche im neuromanischen Stil gebaut. Damit war es der erste katholische Kirchenbau nach der Reformation und die zweite katholische Kirche überhaupt in Hamburg. Man durfte ja bis 1807 nichtmal eine katholische Messe feiern. Genau wie der Alte Mariendom wurde auch die neue Kirche Maria geweiht. Leider wurde die Kirche im Zweiten Weltkrieg bei den Bombenangriffen auf Hamburg auch nicht verschont.

Zwar sind die protestantischen Bürger in Hamburg immer noch in der Mehrzahl, trotzdem konnte sich die katholische Kirche so entwickeln, dass sie im Dezember 1957 wieder Bischofskirche wurde. Und nicht nur das, Anfang Januar 1995 erklärte Papst Johannes Paul II. Hamburg wieder zum Erzbistum.

Seit ihrer Erbauung durfte der Mariendom ein paar Renovierungen und Modernisierungen erleben, und jetzt darf er von mir entdeckt werden. Im Mittelgang kommt man nicht an ihm vorbei

der Taufbrunnen im Mariendom in Hamburg

steht im Mittelpunkt der katholischen Kirche, durch die Taufe wirst du in die katholische Gemeinschaft aufgenommen. Der Brunnen im neoromanischen Stil stand aber nicht immer da, erst seit 2008 steht der mit Ranken und Blättern verzierte Brunnen dort. Anfang des 20. Jahrhunderts soll er entstanden sein.

Ca. 50 Meter geht es vom Eingang der dreischiffigen Basilika im Neuromanischen Stil und für den Norden im typischen Backsteinstil bis zur

Apsis im St. Marien-Dom in Hamburg

Diese Pracht aus Gold könnt ihr nicht übersehen. Dieses Kunstwerk wurde 1922 von einem Kunstmaler erstellt und zeigt die Krönung Mariens, die er in schönen Blautönen auf den Goldgrund malte. Da Malereien aber mit den Jahren verblassen, gab man in München das genau gleiche Bild als Mosaik in Auftrag. Die Bombenangriffe auf Hamburg waren schuld, dass es dann noch noch ein bisschen länger im Süden bleiben musste, bevor es dann 1948 im Mariendom angebracht wurde. „Aufgenommen ist Maria in den Himmel“ …..

Das Kreuz im Mariendom zu Hamburg

birgt alt und neu. Es hielt 1993 zur 100-Jahr-Feier Einzug im Dom. Neu die moderne Darstellung Christi, alt ist dabei das Kreuz auf dem der Corpus befestigt ist. 4000 Jahre alt ist die Mooreiche, die für das Kreuz verwendet wurde. Vermutlich wird es keiner von uns zu Gesicht bekommen, denn der Blick auf die Rückseite des Kreuzes ist der Geistlichkeit im Dom vorbehalten. Dort befinden sich nämlich neben dem Lamm Gottes auch Medaillons aus versteinertem Holz, die bis zu 30 Millionen Jahre alt sein sollen.

Im Zweiten Weltkrieg muss es in der Kirche ganz schön gescheppert haben, denn die

Chorfenster im Mariendom in Hamburg

gingen bei den Bombenangriffen auch allesamt kaputt. Ob sie genau sooo wie vorher erstetzt worden sind, kann ich euch nicht sagen. Jedenfalls wurden mittelalterliche Kathedralen als Vorbild und Inspiration hergenommen. Wie es damals halt so war – kleinteilig und farbenfroh und die Bildmotive erkennt man oft erst auf den zweiten oder dritten genauen Blick.

Die Fenster erinnern mich an ‚mein‘ Hl.-Kreuz-Münster in Schwäbisch Gmünd, in dem ich ‚groß geworden‘ bin und an den Veitsdom in Prag. Beide großen Kirchen sind aus dieser Zeit. Wenn ich ehrlich bin, mir gefallen sie zwar auch, aber noch mehr gefallen mir warme Farbtöne und es darf auch ruhig ein bisschen moderner in der Darstellung sein.

Dass sich in einer Kirche alt und modern in den Kirchenfenster vereinen können, zeigt ganz klar der Dom in Hamburg.

Die Schreiter-Fenster im Mariendom in Hamburg

sind sehr modern interpretiert und man hat schon etwas Mühe aus den elf Rundbogenfenster in den Seitenschiffen die Szenen aus dem Leben des Prohepten Jesaja zu erkennen. Vielleicht war die klare Erkennung vom Künstler auch gar nicht gewollt? Sich mit etwas auseinanderzusetzen, kann auch wie eine Art der Meditation sein. Das was ich in einem Bild erkenne, müsst ihr noch lange nicht. Dafür entdeckt ihr vielleicht etwas anderes, was ich wiederum nicht gesehen habe.

Mein Blick im Altarraum wandert weiter zum

Altar und zur Kathedra im Mariendom in Hamburg

Außer dem riesigen Mosaikbild ist der Dom ganz schlicht in Weiß gehalten, so auch der Altar, bei dem auffällt, dass er aus einem einzigen Steinblock geschaffen wurde.

Im ersten Blick sieht dahinter die Kathedra des Erzbischofs doch recht klein aus. Mit einem Seitenblick ändert sich da jedoch das Verhältnis. Die Kathedra ist der Lehrstuhl des Erzbischofs. Damit ist auch erklärt, warum sich die Kirche Dom nennen darf, und nicht einfach nur so eine Kathedrale oder ein Münster ist.

Über diese hervorgehobene Stellung, die nach außen ein Stuhl symbolisiert darf durchaus nachgedacht werden. Ganz ehrlich, ich habe da meine ganz eigene Meinung dazu, nach den vielen Vorfällen die da an die Öffentlichkeit gedrungen sind. Obwohl ich in einer christlichen Familie aufgewachsen bin, habe ich mir schon sehr sehr lange meine ganz besondere eigene Meinung angeeignet. Man könnte anhand der vielen Kirchenberichte auf meinem Reiseblog sicher auch denken, oh, die ist aber sehr gläubig. Und darüber könnte man (zumindest ich 😉 ) nun stundenlang diskutieren. Wie ich es auch lange Zeit innerhalb der Familie noch gemacht habe, bis mir meine Tochter irgendwann knallhart ihre Sichtweise dazu gesagt hat. Meine geliebte Tochter, damals Theologiestudentin schmiß fast zu Ende des Studiums das Fach aus ihrem Studienplan mit den Worten: ‚Mama, Kirche und Glaube hat null und nix miteinander zu tun. Und mit der Firma Kirche will ich nichts zu tun haben.‘ Peng, das hat gesessen, und mich hat sie zu dieser Zeit sehr intensiv ins Nachdenken gebracht.

Ja, für mich hat Kirche tatsächlich nichts mit Glauben und einer christlichen Einstellung zu tun. Man sieht mich reichlich selten in einem Gottesdienst, und ich habe früher aufgehört in einen Sonntagsgottesdienst in die angestammte Bank zu rennen, nur damit einen der Pfarrer und die Leute sehen. Und ich habe mich sehr heftig mit meiner Schwester angelegt gehabt, die meinte, man muss zu einer bestimmten Uhrzeit an Allerheiligen am Grab des Vaters stehen, damit einen die Leute auch sehen, dass man ihm gedenkt. Halloooooo? ICH trage meine verstorbenen Eltern im Andenken in meinem Herzen und sie sind auf meinem Sideboard im Wohnzimmer bei mir. Ich muss gaaaar nix, nur damit es die Leute sehen!

Für mich beginnt Nächstenliebe und Glaube in ganz anderen Bereichen, nämlich im Miteinander und in meinem Denken, und nicht in einer Kirchenbank. Aber Kirchen als Baudenkmäler faszinieren mich seit Jahren immer mehr, und nehmen deshalb einen großen Platz in meinen Berichten ein. Ich brauche allerdings nicht das Gebäude Kirche um für all das dankbar zu sein, das ich erleben darf. Das kann ich zu jeder Zeit und an jedem Ort. Das ist aber nur MEINE ganz persönliche Meinung!

Die Wandmalereien im St. Marien Dom in Hamburg

bilden den Abschluss meiner Entdeckungstour im Chorraum. Fast könnte man sie übersehen, so zart sind sie teilweise nur zu erkennen. 1927 malte der Künster Eduard Goldkuhle, der auch für das Bild vor dem Mosaikbild in der Apsis verantwortlich zeichnet, vier wunderschöne große Wandbilder. Die Verkündigung Mariens und die Geburt Christi sind im Chorraum, die Flucht nach Ägypten und die Abnahme vom Kreuz in den Seitenschiffen.

Im Nazarenerstil werden die vier Bilder dargestellt, eine Kunstrichtung, die Anfang des 19. Jahrhunderts in Wien und Rom seine Anfänge nahm. Die Anhänger dieser Kunstrichtung wollten ihre Kunst im Geist des Christentums darstellen. In der Preußenzeit taten sich die Vertreter dieser Kunst allerdings schwer, Preußen und katholische Kirche war ein besonderes Thema. In vielen europäischen Ländern findet ihr diese Kunstart. Es gibt da drei Merkmale, an denen ihr diese Kunstrichtung erkennen könnt – die kontuierte Form hat vor der Farbe Vorrang, genauso wie das Zeichnerische vor dem Malerischen. Im Mittelpunkt ist eine menschliche Figur.

Im Dom wurden so Mitte der 60er Jahre diese Wandbilder übermalt. Zum Glück hat man sich aber bei Domsanierung 2008 entschieden, sie wieder freizulegen.

Jetzt endlich kommt mein Blick zurück und hinauf zur

Orgel im Dom St. Marien in Hamburg

die sich in die Reihe der neueren Orgeln einordnen darf.

Orgel Mariendom Hamburg 0120
Orgel Mariendom Hamburg 0207

Man sieht es dem Dom an, da nagt nirgendwo mehr der Zahn der Zeit.

Die Erneuerung des Hamburger Mariendoms

musste 2006 nicht mehr erbettelt werden, so wie damals beim Kirchenneubau. Damals musste man den Hamburger Senat bitten, dass man doch nur ein Grundstück für eine Kirche bekommt. Aber die Hanseaten hatten Angst davor, dass die katholische Gemeinschaft womöglich stärker als ihre evangelischen Hauptkirchen werden könnten. Mehr als ein Grundstück wollte man doch gar nicht, der Kirchenbau sollte über Spenden finanziert werden. Schließlich bekam man ein Grundstück im Hinterhof des Stadtteils St. Georg. Ihr seht es ja auf den Außenfotos, den Dom erkennt man in Gänze erst, wenn man auf dem Marienplatz steht.

Jetzt in der Neuzeit war da alles einfacher. 1995 wurde die Kirche zur Kathedralkirche und eine Bischofskirche darf nicht heruntergekommen sein. Man erinnere sich, wie es in der Stadtmitte damals mit dem alten Dom zu Ende ging. Auch bei der Erneuerung war man sich einig, dass diese über Spenden finanziert werden sollte.2007 wurde mit der Sanierung begonnen und zweitweilig wuselten alle Gewerke mit ihren Handwerkern gleichzeitig in der Kirche umher. Diese Geschwindigkeit wünscht sich doch jeder Bauherr 😉

Nach einem Jahr konnte der Dom wieder eingeweiht werden. Wenn ihr in Google den Suchbegriff „Hamburger Dom oder Dom in Hamburg“ eingebt, so werdet ihr vermutlich nicht zum Mariendom kommen, sondern zum Hamburger Rummel.

Der Dom in Hamburg

ist DER Rummel in Hamburg, der dreimal im Jahr die Menschenmassen anzieht. Und warum heißt der jetzt so wie der Dom einer katholischen Kirche?

Ganz einfach, weil er tatsächlich mit dem kirchlichen Dom eine Verbindung hat. Damals im alten Mariendom in der Innenstadt, suchten im 11. Jahrhundert Gaukler und andere Schausteller, die man so auf den damaligen Rummelplätzen fand, vor dem schlechten Wetter Schutz. Man kann sich vorstellen, dass dies den Erzbischof gewaltig störte, 1334 erging das Hausverbot an die Schausteller. Prompt hatte er die Schäfchen seiner Kirche gegen sich. Der Erzbischof konnte nicht anders, 1337  erlaubte er die Anwesenheit der Händler im Dom – allerdings nur bei richtig schlechtem Wetter. Bis 1804 blieb diese Erlaubnis bestehen, dann wurde der Dom abgerissen. ABER der Name „Hamburger Dom“ blieb als Veranstaltungsname erhalten und ist heute für das längste Volksfest in Deutschland berühmt.

Richtig alte Schätzchen sucht man im Dom vergebens, nichtmal das

Ansgar-Bild im Mariendom

ist von damals, denn dies wurde zwar aus dem alten Mariendom gerettet, und 1668 renoviert, hängt jetzt aber in der Hauptkirche St. Petri. Hier im Dom hängt eine Kopie des Bildes vom Hl. Ansgar. Aber von großer Aussagekraft – beide Konfessionen stehen hinter den Anfängen des ersten Bischofs von Hamburg.

Der Tabernakel im St. Marien Dom in Hamburg

glänzt im Seitenschiff. Da würde alles daneben nur stören. 1963 wurde er gefertigt und zeigt den Lebensbaum.

Im anderen Seitenschiff wird der

Geburtszyklus mit Darstellungen von Maria im Mariendom Hamburg

gezeigt. Ihr kennt die vier Szenen bestimmt – die Verkündung des Erzengel Gabriels, der Besuch von Elisabeth, Maria und Josef mit dem Jesuskind im Stall von Bethlehem und die Szene im Tempel mit Simeon. Ihr wisst ja sicher, nach 40 Tagen brachte Maria das neugeborene Kind in den Tempel, wo ihn Simeon als den verheißenden Messias preist.

Hl. Ansgar im St. Marien Dom Hamburg 0213
Tabernakel St. Marien-Dom Hamburg 0217
St. Marien-Dom Hamburg 0196

Am Ausgang zum Statiogang im rechten Seitenschiff befindet sich das

St. Ansgar-Reliquiar im Mariendom in Hamburg

nochmal eine Würdigung des ersten Bischofs von Hamburg. Vom Hildesheimer Dom wurde er 2011 als Dauerleihgabe an den Hamburger Mariendom übergeben. Hmm … und warum ist der Unterarmknochen in Pfeil und Köcher? Ich mein, hinter Glas und als Reliquienschrein gestaltet ist mir ja klar, aber diese Gestaltung? Ganz einfach (Tante Google hat mich aufgeklärt 😀 ) – der germanische Vorname bedeutet in der ersten Silbe Gott, die zweite Silbe des Namens bedeutet Speer, also „Speer Gottes“ oder „Götterspeer“.

Hl. Ansgar-Reliquiar Mariendom Hamburg 0230
Hl. Ansgar-Reliquiar Mariendom Hamburg 0260
Hl. Ansgar-Reliquiar Mariendom Hamburg 0234

Es gibt noch ein bisschen mehr im Mariendom zu entdecken, aber alles möchte ich euch dann doch nicht auf dem ‚Silbertablett‘ präsentieren. Wäre ja langweilig für euch, falls ihr den Besuch des Doms auf eurem To-Do-Zettel stehen hättet.

Wirklich interessant und sehenswert sind die

Historischen Paramente im Statiogang im Mariendom in Hamburg

der bei der großen Christusfig beginnt und weitere Schätze aus Schenkungen zeigt.

Nein, ich hab euch jetzt auch da nicht alles gezeigt, hinter Glas und mit Licht zickt meine ‚Emma‘ mal gerne, und ich finde, manches darf auch ein bisschen geheimnisvoll bleiben. Kein Geheimnis bleibt die

Krypta unter dem St. Marien-Dom in Hamburg

Ja, tatsächlich gibt es unter diesem neuen Bauwerk auch eine Krypta, nicht nur im Michel, wo sie ja eine der größten Krypten in Europa ist. Die hier im Dom ist deutlich kleiner, aber ein sehr würdevoller Platz für die bisherigen drei Hamburger Bischöfe, die dort ihre letzte Ruhe gefunden haben.

Erst 1982 wurde die Idee einer Unterkirche vom damaligen Weihbischof angeregt. Ich finde, der Raum wurde richtig schön gestaltet mit einem Fenster aus Glas und eingesetzten Bergkristallen.  Er ist mir unter den Edelsteinen der liebste. Wenn man sich mit ihm und seinen Eigenschaften ein bisschen näher befasst, dann passt es wunderbar, dass er hier in der Krypta im Licht strahlt. Man sagt ihm nach, er ebnet den Weg zu einem höheren Bewusstsein, lindert seelisches Leid und steht für Offenheit.

Von der Krypta geht es weiter ins

Kolumbarium unter dem St. Marien-Dom in Hamburg

2012 wurde diese Begräbnisstätte für 1566 Urnengräber direkt unter der Apsis des Domes geschaffen. Wow, was für ein wunderschöner Ort für die letzte Ruhestätte. Ich habe zum ersten Mal im Dezember 2019 bei unserem Besuch gleich mehrfach in den Erfurter Kirchen diese Form der ‚Kirchenbestattung‘ gesehen. Aber nicht so wunderschön wie sie hier im Dom gestaltet ist. Dazu braucht es wohl keine weiteren Worte.
Nur noch der Hinweis: wir waren allein im Kolumbarium. Ansonsten hätte ich an diesem Ort der Trauer und Ruhe im Beisein von Menschen keine Fotos gemacht.

Zu den nachdenklichen Gedanken passt mein Blick am Ende unserer Besichtigung in den kleinen Garten am Dom zu den

Stelen der Lübecker Märtyrer am St. Marien-Dom in Hamburg

Stelen der Luebecker Maertyrer am Mariendom in Hamburg 0275Hermann Lange, Eduard Müller, Johannes Prassek und Karl Friedrich Stellbrink fanden an ihrem 75. Todestag auf Stelen den Platz im Gärtchen beim Dom. Vier Lübecker Geistliche wagten es, öffentlich gegen die Verbrechen des Naszi-Regimes Stellung zu beziehen. Als dies am 29. März 1942 wieder passierte, wurden die vier Geistlichen samt vielen Laien verhaftet. Über ein Jahr später wurde ihnen nach zwei Tagen Verhandlung das Urteil gesprochen: Tod durch das Fallbeil. Am 10. November 1943 wurden die vier Männer in einem Hamburger Gefängnis hingerichtet. Schon kurze Zeit darauf wurden sie als „Lübecker Märtyrer“ verehrt.

In Hamburg wurde ihnen aufgrund ihrers Sterbeortes dieses Denkmal beim Mariendom gesetzt. Auch in meiner Heimat sind mir bei meinen Kirchenbesuchen immer wieder Geistliche begegnet, die sich ähnlich wie die Geistlichen aus Lübeck diesem unverständlichen Tun widersetzt hatten und dies mit dem Leben bezahlt haben.

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