Mit ihrer eindrucksvollen Freitreppe befindet sich die Kirche St. Johannes Nepomuk am Felsen (Kostel sv. Jana Nepomuckého na skalce) auf der Südseite des Karlsplatzes in der Prager Neustadt.

Der Hl. Nepomuk – das ist mittlerweile ein Triggerwort, bei dem mein Herz kleine Herzchen aussendet. Das ist seit unserem letztjährigen Aufenthalt im Juni 2020 so, nachdem er uns in Prag an mehreren Orten ‚begegnet‘ ist. Inzwischen teilt er sich den Platz mit ‚meinen‘ Staufern, auf deren Spuren ich ja auch unterwegs bin. Ist ja auch kein Wunder, denn die Stammburg der Staufer steht nur wenige Kilometer von meinem Heimatort entfernt, auf dem Hohenstaufen. Ja, und dann ist da noch Peter Parler aus der bedeutenden Baumeisterfamilie. Er ist in meiner Heimatstadt Schwäbisch Gmünd geboren und hat gemeinsam mit Vater und Bruder unser großes Hl. Kreuz-Münster erbaut. So lange, bis ihn Karl IV. als Hofbaumeister nach Prag geholt hatte. Und hier in Prag, bzw. auch in Tschechien finden sich viele Bauten von ihm. Es liegt ja dann nahe, dass Staufer und Peter Parler ihre eigenen Seiten in meinem Reise- und Fotoblog bekommen haben.

Als ich dann im Herbst 2020 den Hl. Nepomuk gleich mehrfach bei uns im Ländle angetroffen habe, und in Prag in verschiedenen Kirchen ja sowieso – ich hab ihn einfach ins Herz geschlossen. Und so war es bei unserem heutigen Ausflug in die Prager Neustadt natürlich ganz klar, dass wir die Kirche ihm zu Ehren auch besuchen wollen. Nur wenige Schritte von der Südseite des Karlsplatzes entfernt hat sie ihren Platz. Kommt mit

zu meiner Entdeckung der Kirche St. Johannes Nepomuk am Felsen in der Prager Neustadt

Huch, das ist vielleicht ein langer Kirchenname, aber das mit dem Felsen stimmt schon. Aber der Reihe nach. Nachdem wir am südlichen Karlsplatz das Faust-Haus in Augenschein genommen hatten, fiel rechts von dem Haus ein zweiflügeliges Barocktor auf. Die Schrift über dem Tor signalisierte uns – hier sind wir richtig. Aber, so sehr wir auch versuchten dieses Tor zu öffnen, es blieb geschlossen. Hmm …. in der St. Ignaz Kirche am Karlsplatz durften wir zwar hinein, dafür war aber fotografieren im Inneren nicht erlaubt.

Wird das jetzt wieder dieser Tag der Tage? Denn in Prag ist es tatsächlich Glücksache entweder eine geöffnete Kirchentüre zur Besichtigung vorzufinden, und wenn sie dann schon geöffnet ist, sind Fotoaufnahmen nicht immer erlaubt. Ich bin ja schon hartnäckig was Kirchen anbelangt (vor allem in Prag, weil sie einfach auch wunderschön sind). Im Juni 2020 sind wir mehrfach an der St. Clemens-Kathedrale in der Karlova vorbei und ich weiß nicht wie oft an der St. Nikolaus-Kirche am Altstädter Ring. Aber immer waren sie verschlossen. Doch Hartnäckigkeit hat sich jetzt bei unserem Langzeitaufenthalt im September/Oktober 2021 bezahlt gemacht – beide Kirchen fanden wir geöffnet.

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Doch egal, wie lange ich jetzt das Tor angeschaut habe, an der Tür probiert habe, mein schönstes Lächeln aufgesetzt habe – es gab kein Sesam öffne dich und keine Zauberhand von innen, die uns eintreten ließ. ‚Schatz, unsere Zeit wäre um 11 Uhr gewesen‘, meinte mein Mann dann trocken, und wies auf eine Gottesdiensttafel.

Aber wenigstens die Kirche von außen anschauen? Mit einem Tor wollte ich mich ja nun überhaupt nicht zufrieden geben. Ja, ich kann manchmal schon richtig hartnäckig sein. Ein geht nicht, akzeptiere ich meistens erst, wenn alle Möglichkeiten ausgeschöpft sind. Und soooooweit sind wir ja hier noch lange nicht. Also, rum um die Straßenecke und …. tadaaaaa …. ich seh die Kirche 🙂

Gespannt sind wir die leicht abschüssige Straße entlang, und haben dann die Straßenseite gewechselt. Aber auch dann war es noch schwierig genug, die Kirche komplett aufs Fotos zu bringen. Hach, das kenne ich doch zur Genüge schon von den Hamburger Kirchen. Aber hier ging es nochmal einen Touch enger zu.

Die Außenansichten der Kirche St. Johannes Nepomuk am Felsen

Ich geb mein Bestes ….

Ein bisschen Geschichte zur Kirche St. Johannes Nepomuk am Felsen in Prag

und die beginnt wie bei vielen Kirchen mit einer Holzkapelle. Meist war deren Erbauungsdatum noch im Mittelalter, mangels Geld war das Baumaterial eben Holz, Hauptsache eine Kirche wars. Hier an dieser Stelle, auf einem Felssporn war es aber schon in 1697 als ein Büger die Holzkapelle stiftete. Wollte sie zu Ehren des Johannes Nepomuk geweiht wissen. Muss nur noch jemand die kleine Kapelle unter seine Verwaltung nehmen. Dafür fanden sich die Serviten von Na Trávníčku. Ich musste mich auch erst schlau machen, was für ein Orden das denn ist. In der Prager Neustadt gab es bereits seit dem 14. Jahrhundert ein Servitenkloster mit der dazugehörigen Kirche Kirche St. Maria auf dem Rasen (Kostel P. Marie Na trávníčku). Ja, in der Prager Neustadt gibt es viele Kirchen. Karl IV. odnete die Kirchen zum einen an den Hauptverbindungsstraßen an, zum anderen symbolisierte er mit dem Standort verschiedener Kirchen ein Kreuz. Der Servitenorden lebt nach dem Vorbild Mariens.

Ja, und dieser Orden war dann anfangs für die Verwaltung und die Gottesdienste in der Kapelle zuständig. Bis im 16. Jahrhundert die Verehrung des Hl. Johannes Nepomuk zunahm und sich Bruderschaften ihm zu Ehren bildeten. Die Gegenreformation machte es möglich, dass sich diese Bruderschaften entwickeln konnten. Egal welchen Standes und egal welches Geschlecht – in einer Gebetsvereinigung schlossen sich diese Menschen zusammen, die sich gemeinsam um einen bestimmten Kult kümmerten. In diesem Fall kümmerten sie sich um die Ehrung des Hl. Johannes Nepomuk. In Prag entstand 1696 die erste Bruderschaft. Da war er aber noch lange nicht selig gesprochen.

1706 wollte die Bruderschaft nun einen größeren Kirchenbau, konnte ja nicht ewig eine kleine Holzkapelle sein. Aber das war gar nicht so einfach, dafür die Genehmigung zu bekommen. Da galt es zum einen einen Architekten zu finden, und zum anderen erhob das erzbischöfliche Konsistorium ein Stopp. Falscher Zeitpunkt, erst muss man abwarten bis Nepomuk heilig gesprochen war.

War es im Mittelalter Peter Parler, der in Prag Akzente setzte, so war es in dieser Zeit Kilian Ignaz Dientzenhofer samt Familie. Viele Objekte in Prag stammen aus seiner Planung. Es war die Stilrichtung des Hochbarocks, und endlich konnte dann 1730 mit seiner Planung der Bau der Kirche in Angriff genommen werden. Ich kann mir vorstellen, dass die Planung bei dieser Lage gar nicht so einfach war. Aber es ist eine wunderschöne Kirchenfassade entstanden, die durch

die Türme der St. Johannes Nepomuk am Felsen-Kirche in Prag

unverkennbar wird. Übers Eck sind die beiden Türme gestellt. Jetzt hatte meine ‚Emma‘ richtig gut zu tun. Zum Glück teilt sie immer meine Begeisterung …

Bevor ‚Emma‘ zur Höchstform aufläuft, gibt es Infos

zum Leben des Hl. Johannes Nepomuk

der 1350 in Pomuk das Licht der Welt erblickt hat. Erklärt somit gleich seinen zweiten Namen. Er studierte in Prag und wurde 1369 kaiserlicher Notar in der erzbischöflichen Gerichtskanzlei. 1380 wurde er zum Priester geweiht. Er studierte dann Jura in kanonischem Recht und bekam 1387 die Doktorwürde. Im Schwäbischen würden wir mit Hochachtung sagen: „Der isch Ebber, weil der ebbes g’lernt hat.“

Bereits 1389 wurde er Generalvikar des Erzbischofs von Prag, Johannes Jenstein von Prag. Johannes Nepomuk setzte sich so richtig für die Rechte der Kirche gegenüber dem König ein. Des einen Freund, des anderen Feind – er wurde vom Volk dafür geliebt, dem König Wenzel IV. war es einfach nur lästig. Auseinandersetzungen waren vorprogrammiert. Und die kamen auch, aber mit dem Erzbischof Jenstein von Prag. Da wurde um die weltlichen und kirchlichen Machtbereiche gestritten, um hohe kirchliche Ämter und Privilegien, und wer eigentlich Bischöfe ernennen durfte. Schriftlich reichte der Erzbischof eine Beschwerde an den König ein und bat um dessen Antwort. Wenzel IV. hüllte sich aber in Schweigen, und trieb die Einengung des Einflusses des Erzbischofs weiter voran. Dafür wollte er das reiche Benediktinerkloster Kladrau in sein Eigentum bringen, das immerhin 87 Dörfern vorstand. Der Tod des Abtes trieb aber die Wahl eines Nachfolgers voran und die Mönche wählten nicht den vom König auserwählten Kandidaten, sondern einen Mitbruder. Johannes von Pomuk als erzbischöflicher Generalvikar, wurde vom Erzbischof angewiesen, die Wahl sehr schnell zu bestätigen. Das hatte seinen Grund, denn es gab nur eine kurze Einspruchsfrist von königlicher Seite, aber der König befand sich gerade auf Burg Křivoklát, und konnte nicht reagieren.

Holla die Waldfee, da gings dann aber ab. Ein König lässt sich doch so ein Gebaren nicht gefallen. Johannes von Pomuk wurde mit noch anderen erzbischöflichen Beamten verhaftet und gefoltert, der Erzbischof konnte fliehen. Ist nicht immer gut, wenn man einen hohen Posten innehat, denn Nepomuk war von den Inhaftierten der Ranghöchste und musste dies mit dem Leben bezahlen. Er wurde von der Karlsbrücke in die Moldau gestürzt und ertränkt, was damals ja die ’normale‘ Todesstrafe war.

Jetzt kommen aber andere Stimmen, die berichten, dass Nepomuk nur deshalb sterben musste, weil er als Beichtvater der Königin dem König nicht die Sünden seiner Gattin verraten wollte. Diese Legende finde ich immer wieder an Altarbildern von Nepomuk-Altären. Wie es auch war, seinen Leichnam soll man deshalb gefunden haben, weil die Moldau ausgetrocknet war. Das ist eine Version, die andere sagt, dass die Königin eine Erscheinung von fünf Sternen gehabt hätte. Fünf Sterne für fünf Buchstaben „tacui“ – „ich habe geschwiegen“. Diese fünf Sterne wären über dem Fundort der Leiche gestanden und somit hätte man Nepomuk aus der Moldau bergen können.

DSC 0191Egal welche Version nun die Richtige ist, Fakt ist, das der Hl. Johannes Nepomuk meistens mit fünf Sternen um sein Haupt gezeigt wird. 1396 wurde sein Leichnam dann in den Veitsdom in Prag gebracht, wo sein Hochgrab zu bewundern ist. Ich kann euch nicht genau sagen warum, aber ich habe ihn in mein Herz geschlossen. Aber nicht nur ich. Auf der Karlsbrücke in Prag wurde genau an der Stelle, von wo er in die Moldau geworfen ist eine Gedenktafel angebracht, und er hat natürlich einen Ehrenplatz bei den Brückenheiligen auf der Karlsbrücke. Ihr erkennt das Denkmal sofort an der hell gewienerten Bronzeplatte. Denn es soll Glück bringen, wenn man die Platte mit dem Finger berührt.

Im 16. Jahrhundert nahm dann die Verehrung von Johannes Nepomuk in Böhmen seinen Lauf, die im 17. Jahrhundert ihren Höhepunkt hatte. Dabei inszenierte man die Verehrung aber auch bewusst, denn zu gleicher Zeit wie Nepomuk gewirkt hatte, war auch Jan Hus in Prag aktiv. Und dieser Reformator soll tatsächlich der Beichtvater der zweiten Ehefrau von Wenzel gewesen sein.

Johannes Nepomuk wurde am 31. Mai 1721 seliggesprochen, am 19. März 1729 dann heilig. Er gilt als der Patron u.a. von Tschechien und Böhmen.

Die Freitreppe vor der Kirche St. Johannes Nepomuk am Felsen in Prag

zeigt sich heute ziemlich verwaist, er ist nicht mehr zu betreten. 1776 wurde die doppelläufige Freitreppe an die Kirche angebaut. Da sich Straßenzüge aber auch mit der Zeit verändern, musste sich die Freitreppe diesen Veränderungen ebenfalls anpassen. Insgesamt wurde mehrfach an der Kirche restauriert und renoviert. Ja, man ist halt auch an einem Gotteshaus nie fertig.

Emma und ich toben uns jetzt noch ein bisschen mit Detailaufnahmen aus, wenn man uns dann auch von dieser Seite nicht in die Kirche lässt.

Aber, ich gebe ja nicht so schnell auf. Wie wir an der Gottesdiensttafel lesen konnten, ist die Kirche eine Deutschsprachige Katholische Pfarrkirche und ist außerhalb der Gottesdienstzeiten nicht zu besichtigen. Wir kommen mit Sicherheit wieder nach Prag. Und was ich in unseren vier Wochen im Oktober 2021 zweimal für meinen Reiseblog geschafft habe, versuche ich natürlich auch bei meinem Lieblingsheiligen. Exklusiv darf ich euch nämlich Fotoaufnahmen aus einer Parler-Kirche der St. Bartholomäus in Kolin zeigen, in der ansonsten nicht fotografiert werden darf. Und exklusiv durften wir vor einem Konzert früher in die St. Clemens Kathedrale und dort fotografieren. Auch diese Kirche ist nur zu Gottesdienstzeiten geöffnet. Von Herzen danke für diese beiden Möglichkeiten.

Ja, und wer weiß – vielleicht gibt es dann ja irgendwann auch Innenaufnahmen von der St. Johannes Nepomuk Kirche am Felsen hier auf meinem Reiseblog?

Update Februar 2023:
Eine Mail in meinem Postfach – und ich grinse im Kreis vor Freude. Warum?
„Liebe Inge, ich bin Küster dieser wunderschönen Kirche in Prag. Wenn du wieder in Prag bist, melde dich, und du kannst unsere Kirche innen besichtigen.“
Ich weiß, dass sich meine Reiseberichte großer Beliebtheit erfreuen, und ich wurde schon mehrfach von Pfarrgemeinden über die Googlesuche gefunden und habe nette Mails erhalten. Aber dieses Angebot freut mich jetzt doch richtig, und ich werde es gerne bei unserem nächsten Besuch in Prag in Anspruch nehmen. Vielen Dank!!

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