Der Berg Petřín, oder Laurenziberg, gehört zu den größten Grünflächen in Prag. Es ist ein wunderschönes Naherholungsgebiet über der Moldau auf der Prager Kleinseite.

Bei unserem Aufenthalt im Juni 2020 in Prag, mussten wir Prioritäten setzen. Zum ersten Mal waren wir in der „Goldenen Stadt“ und wollten so viele Eindrücke wie es in sechs Tagen möglich ist, mit nach Hause nehmen. Wir haben schnell gemerkt, das ist unmöglich. Haben aber auch schnell festgestellt, dass wir in die Stadt schockverliebt waren. So rasch wie möglich, wollten wir die Stadt ausgiebig entdecken. Also kam in den sechs Tagen nur ‚das Wichtigste‘ auf den Zettel, und da gehörte der Berg Petřín leider nicht dazu. Kurze Zeit nach unserer Rückkehr wurden vier Wochen in Prag gebucht. Auf die durften wir dann aber dank Corona ein Jahr lang warten. Vorfreude ist ja bekanntlich die schönste Freude – im September 2021 war Prag dann für vier Wochen unser Wohnort auf Zeit.

Unsere Liste mit Programmpunkten war lang, seeeehr lang. Und klar war – das herrliche Spätherbstwetter nützten wir recht schnell für einen Ausflug auf den Berg links der Moldau. Unsere Wohnung lag etwas außerhalb von Prag, denn nach der Erfahrung im Juni 2020 war klar, vier Wochen konnten wir Fridolin nicht in einem Parkhaus in der Innenstadt abstellen. Und Wohnungen mit Parkplatz in der Innenstadt? Kann man glatt vergessen. Dafür, dass wir Fidolin auf einem Parkplatz in der Wohnanlage abstellen konnten, durften wir dann eben so rund 20 Minuten Fahrt in die Innenstadt in Kauf nehmen. Kein Problem, denn diese Zeit ging mit Blick aus dem Fenster wirklich ratzfatz vorbei. Und der Nahverkehr in Prag verdient ein dickes Lob. Wir standen nie länger als gut 5 Minuten, bis die nächste S-Bahn, Metro oder der Bus kam.

Mit dem Bus blieben wir bei der Fahrt zum Berg Petřín auf der Höhe – bis ans Strahov Stadion sollte er uns bringen. Von dort aus konnten wir ebenen Weges in den Park auf dem Hügel. Wer von der Stadt unten kommt, der kann entweder zu Fuß hoch (Gehzeit ca. 30 Minuten) oder mit der Standseilbahn. Jetzt kommt mit, zu

meinem Spaziergang auf dem Berg Petřín (Laurenziberg) in Prag

der für mich (und für euch) beim Strahov Stadion beginnt. Ich kann es euch einfach nicht vorenthalten,

das Strahov Stadion und der Strahov Ventilation Tower in Prag

Beide sind in Verlängerung des Petřín Berges nach Westen, auch von der Stadt aus zu erkennen. Hätten wir mehr Zeit gehabt, dann wäre ein Blick ins Innere des Strahov Stadions (Strahovský stadion) fällig geworden. So kommt es auf meine Liste für den nächsten Aufenthalt in Prag. Denn auf den ersten Blick wirkt das Stadion wie ein heruntergekommener Lost Places, der da oben auf dem Berg vor sich hindümpelt. Dabei hat es wirklich mal bessere Zeiten erlebt. Als größtes Stadion der Welt fasste es zu Glanzzeiten über 200.000 Zuschauer. Auf neun Fußballfeldern mit über 70.000 qm Fläche konnten die Zuschauer die Spiele verfolgen. Heute, in weiten Teilen ist der Bau sogar einsturzgefährdet, kann Sparda Prag allenfalls noch so 50.000 Zuschauer bei ihren Fußballspielen unterbringen.

Aber Abriss ist auch nicht, auf dem 1926 entstandenen Strahov Stadion hat die UNESCO ein Wörtchen mitzureden. Der hohe Turm vor dem Stadion, der Strahov Ventilation Tower, ist gleichmaßen interessant. Lange habe ich gerätselt, was der Tower für eine Bedeutung hat. Ganz einfach – es ist der Belüftungsturm für den darunterliegenden Straßentunnel, der unter dem Berg durchführt.

Vorbei an vielen Studentenwohnheimen geht der Weg hinüber in den Park des Petřín Bergs. Auf dem Weg bekamen wir schon einen Vorgeschmack dessen, was uns heute erwarten würde.

Herrliches Herbstwetter – Blicke über die Stadt Prag und weitläufige Parkanlagen

Wir mussten uns hier entscheiden – nehmen wir noch den als wunderschön beschriebenen Kinsky Garten mit? Oder gehen wir direkt hinüber zum Aussichtsturm. Wir haben uns für den direkten Weg entschieden, was aber bedeutet, der Petrin Berg kommt auf jedenfall nochmal auf unseren Besichtiungszettel fürs nächste Mal. Einen kurzen Abstecher in diesen Teil des Parks haben wir dann aber doch gemacht 😀 😀

Das erste Ziel haben wir erreicht – wir sind im

Rosengarten auf dem Berg Petřín in Prag

Wow, was für eine Fülle an Rosen, die auch jetzt im Herbst noch wunderschön in der Blüte stehen. Bergabwärts wird der etwa 5,6 ha große Garten von der Hungermauer begrenzt (zu ihr später noch mehr). 1932 wurden Militärgrundstücke zweckentfremdet und dieser herrliche Rosengarten entstand.

Ich will da gar nicht lange weiter schreiben, denn der Park spricht mit den nachfolgenden Fotos für sich – eine Oase der Ruhe und Erholung für alle Sinne.

Aus geordnet wird ganz schnell ungeordnet und die Königin der Blumen kann sich gekonnt in Szene setzen.

Die beiden lassen sich im Rosengarten auf dem Berg Petřín überhaupt nicht von den Besuchern stören. Vielleicht animiert es ja sogar manch ein Besucherpärchen 😉
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Immer wieder blitzen beim Gang durch den Rosengarten weiße Kuppeldächer hervor.

Das Štefánik Observatorium (Štefánikova hvězdárna) auf dem Berg Petřín in Prag

wurde 1930 für die Besucher geöffnet. Aber schon 1917 befand eine astronomisch interessierte Gruppe, dass es wichtig wäre, in Prag ein Observatorium einzurichten um der Bevölkerung die Astronomie nahe zu bringen. Auf dem Prager Petřín-Berg wurde dieses Vorhaben in einem kleinen Bau Wirklichkeit. Gönner ermöglichten, dass es technisch hochwertig ausgestattet werden konnte. Auch mit Geräten einer Markenfirma aus meinem Schwabenländle. Der Zweite Weltkrieg machte bei einem Angriff aber einiges kaputt. Gut nur, dass man Objektive rechtzeitig retten konnte.

Mit einem Um- und Ausbau bekam das Observatorium ab 1971 sein heutiges Aussehen. Es bietet neben Ausstellungen auch die Möglichkeit, den Tag- und Nachthimmel zu entdecken und zu beobachten. Ein riesiges Teleskop unter der Hauptkuppel macht dies möglich.

Den Namen bekam das Observatorium nach dem Astronom

Milan Rastislav Štefánik

Mit seinen Mitstreitern Tomáš Garrigue Masaryk und Edvard Beneš spielte er bei der Gründung der Tschechoslowakei eine Rolle. Er studierte an der Karls-Universität in Prag und ging nach seiner Promotion ab 1904 für zwei Jahre an das Pariser Observatorium. Nur 38-jährig stürzte er Anfang Mai 1919 in der Nähe von Bratislava mit seinem Flugzeug ab.

Nicht nur auf dem Berg Petřín wird ihm eine Ehrung zuteil. Hier steht er als Denkmal vor dem Observatorium. Seine letzte Ruhestätte hat er aber woanders gefunden. Hier im Observatorium wurde aber für zwei andere bedeutende Astronomen der Ruheplatz für ihre Urnen.

Durch einen Durchgang in der Hungermauer geht es in den

Park Am Aussichtsturm auf dem Berg Petřín in Prag

in dem sich einige Highlights auf dem Berg befinden. So richtig groß ist er ja mit seinen ca. 2,5 ha nicht, als ihn 1836 der Hofkanzler des Kaisertums Österreich, Karel Chotek, anlegen ließ. Über ihn könnt ihr auch in meinem Bericht zur Alten Burg auf dem Vyšehrad lesen. Die Highlights in diesem Park schau ich mir jetzt genauer an. Allen voran ist es der

Aussichtsturm Petřín

den man aus der Stadt schon gut sehen kann. Kein Wunder, von seinem Standpunkt auf dem 327 Meter hohen Laurenziberg reckt er sich 63,5 Meter in die Höhe. Im Juni 2020 mussten wir zweimal hinschauen, das ist doch der Eifelturm? Ja, der Stahlfachwerkturm ist ein 1:5 Nachbau des großen Vorbildes, des Eifelturms in Paris. 1891 wurde mit dem Bau begonnen. Mehr über den kleinen Eifelturm in Prag, mit vielen Fotos, könnt ihr in meinem ausführlichen Bericht zum Aussichtsturm lesen.

Die meisten Besucher an diesem Vormittag, warteten auf den Einlass in den

Spiegel-Irrgarten (Zrcadlové bludiště) auf dem Berg Petřín

Sieht aus wie eine Burg, oder? Das ist gewollt so, denn es zeigt einen Nachbau des Tores Špička auf dem Vyšehrad. Kaiser Karl IV. hatte es damals im 14. Jahrhundert erbauen lassen. Im Inneren soll man den Kampf der Prager gegen die Schweden in einem Gemälde sehen. Der hatte sich 1648 auf der Karlsbrücke zugetragen. Der 1891 erbaute Irrgarten soll mit 35 normalen und 14 irreführenden Spiegeln Spass für Jung und Alt versprechen.

Da wir uns weder in die Schlange der Besucher einreihen wollten, noch dass ich schmückendes Beiwerk in Form von Menschen auf meinem Foto haben wollte, seht ihr den kleinen Burgnachbau nur im oberen Teil.

spiegelirrgarten berg petrin prag 6122

Gegenüber dem Spiegel-Irrgarten steht die

St. Laurentius-Kirche auf dem Berg Petřín

Sie gab dem Berg auch den Namen „Laurenziberg“. Um 991 soll hier eine kleine Kapelle gestanden haben. Auf Wunsch von Boleslav II. wurde sie vom Hl. Adalbert von Prag in Auftrag gegeben. Aus dem ursprünglich romanischen Baustil wurde dann ab 1735 eine Barockkirche. Was hübsche Jungfrauen mit diesem Platz zu tun haben? Das könnt ihr in meinem ausführlichen Bericht zur Kirche lesen, die für uns aber an diesem Tag geschlossen war.

Dass dieser Ort früher einmal ein Wallfahrtsort gewesen ist, daran erinnern auch die 14 Stationen des

Kreuzweg und die Heilig-Grab-Kapelle auf dem Berg Petřín

1737 wurde die Kapelle nach einer Vorbild-Kapelle von Jerusalem auf dem Berg über Prag erbaut.

Der Kreuzweg mit seinen barocken Stationen wurde ab 1738 geschaffen. Sie stellen den Weg von Jesus dar, bis zur Kreuzigung. Bei meinen Ausflügen habe ich schon einige Kreuzwege gesehen. Ein sehr schöner, mit wirklich sehenswerten Grabkapellen steht in meiner Heimatstadt Schwäbisch Gmünd und führt auf den Wallfahrtsort St. Salvator. Ein weiterer Weg, der am Karfreitag auch von der italienischen Gemeinschaft gegangen wird -außerhalb Corona von zig-Tausenden Gläubigen) führt zur Wallfahrtskirche auf dem Hohenrechberg, ebenfalls in meiner unmittelbaren Heimat.

Links von der St. Laurentius-Kirche steht

die Kalvarienberg-Kapelle auf dem Berg Petřín

Ein tschechischer Maler hat die 1737 erbaute Kapelle wunderschön mit einem Sgraffito verziert. Natürlich musste diese wunderschöne Kratzarbeit zwischendurch mal aufgehübscht werden. Auch von oben, vom Aussichtsturm Petřín hat man nicht nur einen herrlichen Blick über die Stadt Prag, sondern auch hinunter auf die Kirche und die kleine Kapelle.

kalvarienbergkapelle bei der st. laurentius kirche petrin berg prag 0338

Nach dieser ausführlichen Besichtigung führt jetzt unser Weg hinunter auf die Prager Kleinseite, durch den

Nebozízek-Garten auf dem Berg Petřín in Prag

Immer wieder kann man zwischen den Bäumen einen Blick auf Prag erhaschen. Dieser Parkteil ist der größte mit so ungefähr 8 ha Fläche, die sich von der Station der Standseilbahn bis hinunter auf die Prager Kleinseite erstreckt. Nicht immer hatte diese Fläche das heutige Aussehen. Das geschah erst mit der Eröffnung der Standseilbahn und nach Umgestaltung in eine Parkanlage 1891. Im 15. Jahrhundert war es ein Weinberg.

Auf dem Weg nach unten gibt es noch ein

paar Informationen zur Entstehung des Naherholungsgebietes auf dem Berg Petřín

das heute zu dem Größten in Prag zählt. Erwähnt wurde der Berg zum ersten Mal 1108, allerdings nicht als Aussichtspunkt und zur Erholung. In die Geschichtschroniken ging es durch den Kampf des ältesten Adelsgeschlechts von Böhmen, den Herren von Vršovci ein, die im Clinch mit den Přemysliden, dem Herrschergeschlecht, das mit Přemysl und Libussa ihren Anfang nahm, ein. Zu den beiden könnt ihr in meinem Bericht zum Vyšehrad lesen. Schluss mit Lustig war für die Přemysliden aber, als polnische Truppen Böhmen überfielen, während der Herzog nicht im Land war. Da muss doch einer geplaudert haben? Landesverrat nennt man das auch. Kamen ja nur die Vršovci in Frage, denn aus deren Reihen ließ einer den Sieg Polens bei dem Einmarsch zu. Die Rache war grausam. Ein Herzog der Přemysliden ließ alle Angehörigen der Vršovci hinrichten – u.a. auch auf dem Berg Petřín, der damals noch dichter Wald war.

Woher der Name des Berges kommt? Darüber wird spekuliert, denn der wird erst ab dem 17. Jahrhundert so verwendet. Vielleicht vom lateinischen Wort ‚petrus‘, der Fels? Denn felsig ist es ja rings um Prag. Den Namen Laurenziberg hatte der Berg aber schon früher, Dank der kleinen Kapelle aus dem 10. Jahrhundert, die dem Hl. Laurentius geweiht ist.

So, der nächste längere Stopp an. Der gilt der

Standseilbahn Petřín (Lanová dráha na Petřín) in Prag

die von der Kleinseite hinauf auf die Höhe führt. Auf 510 Meter überwinden zwei Bahnen den Höhenunterschied von 130 Meter. Da hieß es ein bisschen Geduld haben, bis die wieder den Berg hochschnaufte.

Die Idee zum Bau dieser Standseilbahn, die übrigens die bekannteste Seilbahn dieser Art in Tschechien ist, entstand 1890. In diesem Jahr kam man, nach einem Besuch in Prag, auf die Idee mit dem Petřín-Aussichtsturms. Aber ist der Besuch des kleinen Eifelturms in Prag für die Besucher auch interessant, wenn sie einen Berg hochlaufen müssen? Deshalb baute man zeitgleich mit dem Turm auch an der Standseilbahn, die am 25. Juli 1891 in Betrieb gehen konnte. Die Bahn darf mit einem Gefälle von 27% den Berg hochschnaufen und wurde bis 1932 mittels Wasser angetrieben. Absolutes Neuland auf der ganzen Welt wagte man in Prag – es wurden Sicherheitsseile eingesetzt, die es möglich machten, egal wo auf welcher Strecke und egal wann, der Wagen konnte damit blitzschnell gestoppt werden. Gut 100 stehende und sitzende Fahrgäste können so sicher auf und vom Berg befördert werden.

Niemand konnte der Bahn bis zum 6. Juni 1965 etwas anhaben, auch der Zweite Weltkrieg ging unbeschadet an ihr vorbei. Aber gegen Naturgewalten hat man eben keinen Einfluss. Denn an diesem Tag verursachte ein starker Dauerregen einen großen Bergrutsch und versetzte die Standseilbahn für 20 Jahre in den Dornröschenschlaf. Der Hang musste wieder gut befestigt werden, bis sie 1985 wieder in Betrieb gehen konnte. An der Talstation Újezd kann man in die Bahn einsteigen. Bequem kommt man mit der S-Bahn direkt an dieses Ziel. Mit einer Unterbrechung an der Mittelstation geht es hinauf auf den Berg.

Bis August 2021 konnte die Bahn mit den Fahrkarten des Öffentlichen Nahverkehrs in Prag genutzt werden. Jetzt sind extra Fahrkarten nötig. Aber ganz ehrlich, bei diesen kostengünstigen Preise für den ÖPNV in Prag, kann man diesen kleinen zusätzlichen Obolus verschmerzen. Eine Monatskarte für alle öffentlichen Verkehrsmittel in Prag kostet gerade mal ca. 25 €. Und ü65 fährt komplett kostenfrei. Kann man also nicht meckern, oder?

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Die Hungermauer auf dem Berg Petřín

zieht sich durch den ganzen Berg und ist auch von der Stadt deutlich zu sehen. Kaiser Karl IV. hat sie zu verantworten, diese Wehrmauer, die den Berg (wie ich finde) heute aber äußerst reizvoll dadurch macht. So wie er seine neu geschaffene Neustadt nach Süden mit einer Wehrmauer absicherte, so wollte er natürlich auch die Prager Burg und die darunterliegende Kleinseite abgesichert wissen. Von 1360 ließ er sie in zwei Jahren Bauzeit errichten. Gut 4 Meter hoch und fast zwei Meter breit verlangte er zur Sicherung, natürlich mit Schießscharten zur Verteidigung. Insgesamt zog sich der Steinwurm 1178 Meter über den Berg Petřín. Direkt unten am Újezd (dort ist auch die Talstation der Standseilbahn) wurde mit dem Bau begonnen.

Es liegt klar auf der Hand, so gut in Schuss wie sich die Mauer heute zeigt, bedurfte es vieler Reparaturen. Unter Kaiser Maria Theresia, die Mitte des 18. Jahrhunderts das Wort hatte, wurde auch noch kräftig gewerkelt. Dass man damit nie fertig ist, zeigen die Arbeiten noch in der Neuzeit.

Und warum Hungermauer?

So wird sie seit dem Ausbruch einer großen Hungersnot in Prag 1361 genannt. Und da gibt es eine schöne Legende dazu, die ich euch im Original nicht vorenthalten möchte.

Die Legende zum Bau der Hungermauer

„Karl tat es, um die geliebte Stadt vor dem Feind zu schützen, und auch um den Hunger leidenden Pragern einen Lebensunterhalt zu bieten. Der Kaiser nannte die Bauarbeiter seine herzlich geliebte Familie. Jeden Tag machte er sich zu den Menschen auf, die auf Petřín arbeiteten. Er zog selber Arbeitskleider an und arbeitete am Bau mehrere Stunden täglich.“

überliefert vom böhmischen Chronist Václav Hájek z Libočan und dem böhmischen Historiker Bohuslav Balbín

Ich hab den herausragenden Kaiser ja eh seit meinem ersten Besuch in Prag in mein Herz geschlossen. Aber so eine Legende macht ihn gleich nochmal sympathischer. Wobei mir ja schon klar ist, dass ein Herrscher nichts ohne Hintergrund macht. Ich will das jetzt auch nicht zerreden – ich will euch jetzt diese Hungermauer zeigen. Das Observatorium und die St. Laurentius-Kirche sind sogar direkt an die Mauer angebaut.

Eine Stelle in der Hungermauer ist besonders sehenswert. Ein Überbleibsel von einem der acht vorgelagerten Türmen, die es früher in der Hungermauer gab.

Wer nicht auf den kleinen Eifelturm, den Aussichtsturm Petřín hinauf möchte, der kann auf dem Weg durch den Park immer wieder wunderschöne Blicke auf die Stadt Prag und die Prager Burg mit dem Veitsdom bekommen. Es gibt ja genug weitere kostenfreie Aussichtsstellen, wo es diese herrlichen Ausblicke gibt. Z.B. von der Prager Burg, dem Letnapark oder vom Vyšehrad.

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aussicht auf prag von hungermauer berg petrin prag 6360

Die nachfolgenden

Blicke vom Berg Petřín auf Prag

habe ich euch teilweise in den Fotos beschriftet. So könnt ihr den Überblick über die Millionenstadt behalten. Unverkennbar die Prager Burg mit dem Veitsdom.

Die meisten Objekte haben bereits ihre eigenen Berichte (oder bekommen sie im Lauf der Zeit noch, deshalb immer gerne wieder auf meinen Reiseblog schauen 🙂 ) Ihr findet diese Berichte jeweils in den einzelnen Stadtteilen. Ich hab euch die Buttons angefügt, dann müsst ihr nicht lange suchen.

Im unteren Teil des Parks wird es jetzt ein bisschen romantisch –

das Denkmal von Karel Hynek Mácha im Park auf dem Berg Petřín in Prag

1910 wurde das Bronzedenkmal für den tschechischen Dichter der Romantik im Obstgarten des Parks geschaffen. Man kann ja schon, übertrieben formuliert, sagen, dass es in Prag an allen Ecken Denkmale gibt. Ich hab da irgendwann aufgehört mitzuzählen. Aber dieses Denkmal zählt wohl zu populärsten in Prag. Ein Symbol für ewige Jugend und Liebe, das sein 1836 erschienen romantisches Epos Máj (Mai) widerspiegelt. In diesem herausragendsten Werk in der tschechischen Literatur ging es Mácha in seinen 824 Versen nicht so sehr um den faktischen Inhalt, sondern primär um die Schönheit der Natur zu verschiedenen Zeiten gegenübergestellt zu den verschiedenen menschlichen Zeiten. In tschechischen Schulen soll es Pflichtlektüre geworden sein, und wer am 1. Mai im Park ist, könnte möglicherweise Liebespärchen an seinem Denkmal treffen, die aus seinem Gedicht lesen.

Dabei liest sich auf den ersten Blick sein Werdegang eher nüchtern. An der Karls-Universität hatte er Rechtswissenschaften studiert. Den Ausgleich zu den doch eher trockenen Paragraphen sah er im Theaterspiel. Ein langes Leben war ihm mit seiner Liebe und seinem Sohn nicht vergönnt. Nur wenige Tage vor seiner Hochzeit verstarb er kurz vor seinem 26. Geburtstag. Er erhielt auf dem Prager Vyšehrad-Friedhof ein Ehrengrab. Ihm zu Ehren wurde auch ein See in Tschechien auf seinen Namen umbenannt. Der See, der in seinem Epos vermutlich als Handlungsort diente, am ähnlichsten war.

 
 
denkmal Karel Hynek Mácha park berg petrin prag 6408
denkmal Karel Hynek Mácha park berg petrin prag 6410

Unten in Újezd auf der Prager Kleinseite wird es dann aber noch nachdenklich.

Das Denkmal für die Opfer des Kommunismus (Pomník obětem komunismu) in Prag

am Fuß des Petřín, erinnert an die Opfer, die diese Ära zwischen 1948 und 1989 gefordert hat. Es lohnt sich, sich dieses Denkmal anzuschauen. Von der Vítězná Straße aus muss man etwas genauer schauen, denn von dort erkennt man im ersten Moment nur eine breite Treppe. Die verengt sich aber im oberen Teil. Der Bereich, an dem die Hungermauer ihren Anfang hat, der Park beginnt und der kleine Weg vor den Bronzefiguren mit vielen Parkbänken zum Ausruhen einladet.

Am 22. Mai 2002 wurde das Denkmal, das nicht von jedem erfreut und willkommen angenommen wurde, enthüllt. Zwölf Jahre nachdem der Kommunismus ein abgeschlossenes Kapitel war und der Wandel sich gewaltfrei vollzogen hatte. Aber die Opfer, die diese kommunistische Diktatur gefordert hat, lassen mich doch sehr betroffen vor dem Denkmal stehen.

In der Mitte des 60 Meter langen Treppenweg wird in einem Bronzestreifen auf die vielen, nur geschätzten, Opfer dieser Zeit aufmerksam gemacht: über 205.000 Menschen wurden verhaftet, knapp 171.000 sahen keinen anderen Weg als ins Exil zu gehen. 4.500 Menschen fanden im Gefängnis den Tod, 327 wurden auf der Flucht erschossen und 248 einfach hingerichtet.

„Die Gedenkstätte für die Opfer des Kommunismus ist allen Opfern gewidmet – nicht nur denjenigen, die eingesperrt oder hingerichtet wurden, sondern auch denjenigen, deren Leben durch die totalitäre Gewaltherrschaft ruiniert wurde.“

Inschrift der Bronzetafel beim Denkmal für die Opfer des Kommunismus in Prag

Der Künstler dieser männlichen Bronzestatuen hat das Leiden der Gefangenen in diesem System in seiner eigenen Interpretation ausgedrückt – man hat ihnen mit jedem Tag mehr, ein Stück ihres Körpers genommen. Ich finde, treffender hätte er es nicht darstellen können. 😢

Ja, dieser Abschluss musste dann auch bei uns etwas sacken. Und etwas müde, ob der paar Stunden Besichtung des Petřín, gönnten wir uns eine kleine Pause auf einem der Parkbänkchen, bevor wir uns dann Richtung Kampa weitertreiben ließen.

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