Das Münster St. Georg, im Mittelpunkt der Altstadt von Dinkelsbühl, gilt als eine der schönsten spätgotischen Hallenkirchen in Süddeutschland.

Dinkelsbühl stand nach einem Blitz- und Kurzbesuch schon längere Zeit auf dem ‚Da müssen wir hin-Plan‘. Die historische Altstadt von Dinkelsbühl war der Grund heute für einen ‚Grenzübertritt‘ nach Mittelfranken, in den bayrischen Landkreis Ansbach. Vielleicht kennt ihr Dinkelsbühl ja aus den Verkehrsmeldungen – Stau zwischen Dinkelsbühl und Fichtenau 🙂 Ja, der Virngrundtunnel wurde lange Zeit renoviert und wurde kurz vor unserem Besuch der Stadt wieder freigegeben. Nichtmal eine Stunde Fahrt haben wir von Schwäbisch Gmünd aus zu der herrlichen Altstadt. Für den Herbst 2020 haben wir ganz groß auf unserem Zettel stehen: Erkunde deine Umgebung um deine Heimatstadt! Man ist ja flexibel, nachdem wir unsere längere Pragreise wegen Corona kurzerhand gestrichen haben. Und nach Schwäbisch Hall gestern, war heute Dinkelsbühl an der Reihe.

Fazit gleich vorweg – es lohnt sich! Und plant euch gut Zeit ein, die werdet ihr möglicherweise benötigen, solltet ihr so begeistert von der Stadt sein wie ich. Und die Begeisterung könnt ihr in meinem Stadtrundgang durch Dinkelsbühl spüren. 🙂

Das Münster St. Georg kann man nicht übersehen, es erhebt sich hoch über die Häuser der Altstadt. Irgenwie hatte ich so das Gefühl es ist da richtig ‚hineingepresst‘ worden. Aber das war natürlich damals nicht der Fall, da gab es noch keine enge Bebauung um die Kirche. Fast immer beginnt unsere Kirchenbesichtigung mit einem Rundgang um die Kirche, bzw. der Außenansicht. Ich gestehe, wir haben die Südseite ausgelassen. Dafür hat sich so gut wie kein Besucher um die herrlichen Außenansichten der Nord- und Ostseite interessiert. Dabei ist dieser Fleck, der kleine Platz Kirchhöflein richtig romantisch.

Was ich bisher so noch an keiner Kirche gesehen habe – außen an der Kirche wurden im Chorumgang kleine Kapellen zwischen den Pfeilern untergebracht. In den vier Kapellen wird die Leidensgeschichte Jesu dargestellt. Sie stammen aus dem 16. und 17. Jahrhundert. Gönnt auch der Büste im Außenchor einen Blick. Sie zeigt den Baumeister Nikolaus Eseler. Unter ihm ist eine eingeritzte Sonnenuhr erkennbar. Die Doppelsonnenuhr ist die älteste Sonnenuhr Europas auf einer Ostseite, und stammt von etwa 1450.
Dass 1448 der Grundstein des heutigen Münsters gelegt wurde, ist durch die Inschrift unterhab am Chormittelpfeiler belegt.

Der Gang um die Kirche lohnt sich auch wegen der herrlichen Portale. Über die Seitenschiffe gehen jeweils zwei Portale in die Kirche. Ich werde sie euch bei der Innenbesichtigung des Münsters noch näher vorstellen. Alle Portale haben Spitzbogen und auch Spitzbogentüren. Und sie haben auch Namen, wie z.B. das Brautportal oder das Männerportal. Auch hier gilt es, soweit man an die jeweiligen Türen näher herankommt, auf das Detail zu achten.
Beachtet auch, dass es aufgrund Corona eine ‚Einbahnstraßenregelung‘, was den Ein- und Ausgang betrifft, gibt.

Ein bisschen Geschichte zum Münster St. Georg in Dinkelsbühl

gibt es vor der Innenbesichtigung.
Ursprünglich und vermutlich aus der Zeit von ca. 1142 stammt eine Vorgängerkirche an dieser Stelle. Damals mit einem freistehenden Glockenturm, der aber um 1239 mit der Kirche verbunden wurde. Wie bei so vielen Kirchen reichte auch in Dinkelsbühl die ursprüngliche Größe nicht mehr aus. Es wurde erweitert. Von 1323 bis 1341 wurde an einem Neubau mit rund 70 Metern Länge und in gotischem Stil gearbeitet. Bereits diese Kirche war dem

St. Georg

geweiht. Ich finde, über den beliebtesten Heiligen in der gesamten christlichen Welt dürfen es ein paar Worte mehr sein. Nach Legenden soll er in Kappadokien (Türkei) in eine reiche und angesehene Familie hineingeboren worden sein. So richtig gesicherte Überlieferungen über sein Wirken oder sein Marthyrium sind nicht zu finden. Aber man kennt ihn mit der Legende wie Georg mit einem Drachen kämpft. Dieser hielt die Einwohner einer Stadt in Angst und Schrecken. Wollte er doch, dass ihm täglich Lämmer geopfert werden, und als keine mehr vorhanden waren, forderte er die Kinder der Einwohner. Eines Tages soll es auch die Königstochter treffen, die sich in ihr Schicksal fügen wollte. Bevor der Drache sie töten konnte, erschien Georg, und durchbohrte mit der Lanze, im Zeichen des Kreuzes, das Ungetüm. Er forderte die Königstochter auf, den Drachen mit ihrem Gürtel in die Stadt zu ziehen. Den entsetzten Einwohnern versprach Georg, dass er den Drachen töten werde, wenn sie sich zu Christus bekennen. Er erschlug den Drachen und der König mitsamt seinem Volk ließen sich taufen.
Viele Kirchen haben ihn als Namenspatron. Ich durfte erst vor kurzem die St. Georgs Basilika auf der Prager Burg besichtigen. Das Land Georgien wurde nach ihm benannt und der hl. Georg wurde einer der 14 Nothelfer, vor allem in der Landwirtschaft. Und hier wurde sein Namenstag früher zu einem wichtigen Tag: die beschäftigten Dienstboten konnten an diesem Tag ihre Arbeitsstelle wechseln, Zinsen mussten an diesem Tag bezahlt werden und Pferde wurden an seinem Namenstag gesegnet.

So, zurück von unserem kleinen Ausflug zu dem Heiligen und zur weiteren Münstergeschichte. Die geht nämlich 1448 weiter, als nach den Plänen des Baumeisters Nikolaus Eseler die alte Kirche überbaut wurde. Und da hatten Vater und Sohn schon ein paar Jährchen zu tun, denn erst 1499 wurde sie endgültig fertig gestellt. Auch wenn sie bereits 1488 vom Augsburger Weihbischof geweiht wurde.
Nikolaus Eseler, ein Baumeister der Spätgotik aus dem süddeutschen Raum, hat mit dem Münster St. Georg sein bedeutendstes Werk geschaffen. Er arbeitete aber an noch weiteren bedeutenden Kirchenbauten, so z.B. in Schwäbisch Hall (das wir am Vortag besucht hatten) oder in Nördlingen, das ein paar Tage später auf unserem Plan steht.

Auf 22 Säulen steht das gotische Kirchenschiff, das knapp 77 Meter lang und gut 22 Meter breit ist. in die Höhe geht es 21,30 Meter nach oben. Überwiegend wurde es aus Sandstein erbaut.
Einen Umbau der großen Kirche gab es dann 1845 auf Geheiß von Ludwig dem I.von Bayern. Die bisherigen Barockaltäre wurden entfernt, samt den Grabmälern. Dafür wurden neugotische Altäre angefertigt. Auch die Kanzel erfuhr eine Renovierung.
Mir fiel bei dem Besuch auf, dass es in der Kirche tatsächlich so gut wie keine Grabdenkmale gibt, in anderen Kirchen (wie z.B. in Schwäbisch Hall) sind sie überreichlich vorhanden.

Nach so viel Geschichte geht es jetzt zur

Innenansicht im Münster St. Georg in Dinkelsbühl

Ihr kennt es – erst der Gesamteindruck.

 

Auf dem Weg nach vorne, Richtung Hochaltar musste ich unbedingt

die Kanzel im Münster St. Georg

genauer anschauen. Ihr kennt es sicher aus meinen Kirchenberichten, sie ist immer in meinen Berichten dabei. Gibt es doch soooo viele unterschiedlich gestaltete Kanzeln. Diese hier im Münster hat einen sechseckigen Kanzelkorb mit einem Spitzbogenfries. An den Ecken sind die vier Kirchenväter gezeigt, dazwischen finden sich die Symbole der Evangelisten.

Der Hochaltar im Münster

wurde 1636 gestiftet und stammt vermutlich aus einer Bamberger Werkstatt. 1892 bekam der Hochaltar sein heutiges Aussehen – aber integriert wurde das originale Altarbild. Um 1490 soll es entstanden sein und zeigt eine Kreuzigungsgruppe in gotischem Stil. Der Namenspatron findet sich in einem Relief – der Hl. Georg kämpft mit dem Drachen.

Jede Kirche hat auf ihre eigene Art und Weise ihren speziellen Charme und Eigenheiten. Waren es in der Kirche St. Michael in Schwäbisch Hall neben dem Hochaltar die dominanten Grabdenmale, die wirklich eine stattliche Anzahl aufweisen, so sind es im Münster St. Georg die Seitenaltäre, die zum größten Teil im Langhaus zu bewundern sind.

Der Josephsaltar im Münster

befindet sich auf der Nordseite im Langhaus. 1480/90 entstand der Altar, und damit aus der Spätgotik. In diesem Altar, der die hl. Anna Selbdritt umgeben von Heiligen zeigt, wurden aber mehrere Stilrichtungen vereint. Neugotisch sind z.B. der Altarschrein und die Holzfiguren. Die hl. Anna wird als „Selbdritt“ immer mit ihrer Tochter Maria und dem Jesuskind dargestellt. Ich denke, eine Beschreibung des Hl. Josefs erübrigt sich, jeder wird den Ziehvater von Jesus wohl kennen.

Im nördlichen Langhaus kann der

Sebastiansaltar im Münster St. Georg

bewundert werden. Vermutlich wurde der Seitenaltar wohl von der Schützen-Bruderschaft gestiftet worden. Darauf lassen die Armbruster neben dem hl. Sebastian in der Mitteltafel schließen. Die Malereien des Altars, die auf den Flügeln Heiligenlegenden darstellen, sollen zwischen 1520 und 1530 entstanden sein. Ich finde die Detailmalereien in den Altären immer sehr beeindruckend.

Seit dem 4. Jahrhundert wird der Hl. Sebastian als Märtyrer und Heiliger in den Kirchen verehrt. Er hatte sich als Hauptmann am kaiserlichen Hof öffentlich zum Christentum gekannt und notleidenden Christen geholfen, was zu dieser Zeit gar nicht gut ankam. Er wurde zum Tode verurteilt und von Bogenschützen erschossen. Er hat jedoch überlebt, wurde von einer frommen Witwe gesundgepflegt und kehrte anschließend zu dem Mann zurück, der seine Ermordung befahl. Wieder bekannte er sich offen zum Christentum, was natürlich wieder in seinem Todesurteil endete. Er wurde mit Keulen erschlagen und überlebte dieses Mal nicht. In der Sebastian-Katakombe wurde er beerdigt.

Der Kreuzaltar im Münster

zeigt Karharina, Florian und Agatha, flankiert von den beiden Päpsten Gregor und Urban. 1470 wurde der ursprüngliche neugotische Kreuzaltar gestiftet, und stammt damit aus der Kirchenbauzeit. Die Malereien sind jedoch im 15. Jahrhundert entstanden und zeigen auf den Flügeln Szenen der Verkündigung und Geburt Christi, die Beschneidung und die Anbetung durch die Könige.

Mich fasziniert jedes Mal aufs Neue, wie die Gesichter im Detail dargestellt werden – und wie ausdrucksstark. Ich denke mir bei mancher Darstellung die Interpretation des Ausdrucks.

Der Dreifaltigkeitsaltar im Münster St. Georg

wurde 1470 von den Gerbern und Schuhmachern der Stadt Dinkelsbühl gestiftet. Und so verwundert es nicht, dass die Flügelbilder Szenen aus dem Leben der Schutzpatrone der Stifter zeigen: vom Hl. Krispin und Krispinian. Die beiden hl. Märtyrer waren in Frankreich sehr beliebt. Ursprünglich in Rom geboren haben sie Italien aber verlassen um in Frankreich bei der Verbreitung des Evangeliums mitzuwirken. Damit sie leichter und ohne Aufsehen den Zugang zur Bevölkerung finden, erlernten sie den Beruf des Schusters und übten das Handwerk dort aus. So konnten sie quasi nebenher die Lehre von Gott vermitteln und einige Leute zum Glauben bekehren. Aber je mehr sie bekehrten, desto mehr geschah das nicht mehr im Verborgenen. Sie wurden beim Kaiser als Christen verklagt und gefangen genommen. Alle Drohungen sie damit vom Glauben abzubringen schüchterten sie nicht ein. Da der Kaiser ihnen aber nicht wirklich was anhaben konnte, übergab er die Brüder an die Menschen die sie angeklagt hatten. Schlussendlich wurden sie dann nach vielen Quälereien enthauptet, das war so um 287.

Im Schrein sieht man den Hl. Petrus und Georg mit den Brüdern Kosmas und Damian, denen ich auch auf als Statuen auf der Karlsbrücke in Prag begegnet bin, auch in St. Michael in Schwäbisch Hall haben sie einen Seitenaltar. Laurentius und Sebastian stehen daneben.

Der Chorumgang mit dem Ziboriumsaltar

der als Wallfahrtsstätte im 17. Jahrhundert gilt, war für die Öffentlichkeit nicht begehbar. So bleiben nur die Blicke zu beiden Seiten.

Die Orgel des Münsters St. Georg

ist ein richtiger Hingucker. 1997 ist sie entstanden und zeigt in einem Gemälde wieder den Hl. Georg wie er mit dem Drachen kämpft. Fasziniert haben mich die Figuren an der Empore. Und auch

das Sakramtenshaus im Münster

ist mit seiner kunstvollen Steinmetzarbeit ein Hingucker.

Wie ich euch beim Außenrundgang schon angekündigt habe –

die Innentüren im Münster St. Georg

sind allesamt einen aufmerksamen Blick wert. Ebenso wie die vielen

kleinen Detailaufnahmen aus dem Münster in Dinkelsbühl

Vielleicht entdeckt ihr bei eurem Besuch in diesem herrlichen Münster – zu dem ich euch hoffentlich mit meinem Beitrag Lust gemacht habe – das eine oder andere Detail?
Wir haben nach unserem ausführlichen Besuch im Münster St. Georg unseren Stadtrundgang in Dinkelsbühl fortgesetzt. Seid ihr mit dabei?

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