Mitten in der Altstadt von Hamburg sticht das prachtvolle Gebäude ins Auge – das Hamburger Rathaus. Sitz der Hamburger Bürgerschaft und des Senats der Freien und Hansestadt Hamburg gleichermaßen.

Nachdem wir uns am Vortag, unserem Anreisetag, ein bisschen mit den St. Pauli Landungsbrücken und St. Pauli eingewöhnt hatten, geht es heute an unserem Tag 2 so richtig on Tour durch Hamburg. Die Altstadt ist heute unser Ziel, und der erste Anlaufpunkt soll das prachtvolle Rathaus sein. Dann die Hauptkirchen in der Nähe, unbedingt nochmal das Levantehaus, das mir bei meinem Besuch 2005 mit meiner Tochter richtig gut gefallen hatte … und dann … mal sehen wie weit wir kommen.

So war der Plan, den wir am Vorabend gefasst hatten. Der aber auch bedeutet, wer viel auf dem Programmzettel stehen hat, sollte tunlichst früh aus den Federn. Nach einem stärkenden Hotelfrühstück gings über die Straße zur S-Bahn Station.
Mein Tipp für euch: Schaut nach der Hamburg Card, mit der ihr sämtliche Verkehrsmittel (Bus, S- und U-Bahn und die Hafenfähren) nutzen könnt. Zudem bekommt ihr in vielen Sehenswürdigkeiten vergünstigten Eintritt. Ab zwei Personen seid ihr eine Gruppe.

Drei Stationen weiter, am Jungfernstieg, war unsere kurze Fahrt beendet und da stand es nun – das berühmte Hamburger Rathaus. Kommt mit zu

meiner Innenbesichtigung des Hamburger Rathauses

und ihr dürft euch gern gleich einen Kaffee oder Tee oder was euch beliebt holen. Weils mal wieder länger dauert 🙂
Aber ihr werdet verstehen, warum. Denn als wir im Rathausinneren angekommen sind, verkündete ein Schild „nächste Führung …“ Glück muss der Menschen haben, denn Führungen durchs Rathaus gibt es erst wieder seit kurzer Zeit. Corona hat auch Hamburg ganz gut durcheinandergepustet. Ganz klar, dass wir bei dieser Führung mit dabei sind.

Da fall ich bei diesem Bericht doch wirklich aus meinem üblichen Schema 😀 – zuerst wären ja normalerweise immer erst die Außenansichten dran. Aber die setze ich aus gutem Grund dieses Mal ans Ende. Ich fall gleich mit der Türe ins Haus und beginne in der

Turmhalle im Hamburger Rathaus

in die man durch ein herrliches schmiedeiserne Tor kommt. Vorher noch ein kurzer Blick zurück auf den Rathausplatz, was auch gut war, denn durch dieses Eingangstor kamen wir nicht zurück.

Eingangstor zum Hamburger Rathaus 0178
Eingangstor zum Hamburger Rathaus 6155
Eingangstor zum Hamburger Rathaus 6157

Allein schon beim ersten Blick ahnte ich, dass da was prachtvolles auf uns wartet.
Helle Sandsteinquader und eine hohe Kuppeldecke machen diese Turmhalle aus. Am Ende des Rippengewölbes finden sich acht Handwerker wieder, die am Bau des Rathauses beteiligt waren. Mit ihren Zunftwappen dürfen sie auch wahrlich stolz auf ihre Leistungen sein.

Weiter geht es in

die Rathausdiele des Hamburger Rathauses

die ohne Eintritt betrachtet werden kann und in der reger Betrieb herrschen kann. Aber wir waren ja noch früh am Morgen und ich hatte freien Blick, den ich auch reichlich genützt habe. Denn da gibt es sooooo viel zu entdecken – aber nur von der Hallenmitte aus, denn die Zugänge sind für Touristen natürlich tabu.

Eigentlich ist die Diele eine Bogenhalle, in der 16 mächtige Sandsteinsäulen das Gewölbe tragen.

Diese Seite ist der Hamburger Bürgerschaft vorbehalten, denn das Rathaus schlägt – anders als in unserer Landeshauptstadt von Baden-Württemberg Stuttgart – zwei Fliegen mit einer Klappe. In dem riesigen Bau mit 647 Räumen ist Landesparlament und Regierung unter einem Dach, was in anderen Städten nicht üblich ist. Deshalb bedarf es eben auf dieser Seite auch mehr Platz. Wenn ihr euch mal nicht sicher seid, welche Seite gehört zu wem? Ganz einfach erkennt ihr es an den beiden Treppenaufgängen – oder symbolisch gedeutet – das Volk hat viele Stimmen, viele Meinungen und nicht nur ein Weg führt zum Ziel.

Bevor ich euch die Gegenseite zeige, muss ich euch unbedingt auf die Säulen aufmerksam machen.

Die Medaillons an den Dielensäulen im Hamburger Rathaus

Anderswo hängt man vielleicht Bilder von Persönlichkeiten der Stadt an die Wände, nicht so hier im Rathaus. Hier bekamen Persönlichkeiten aus der Bürgerschaft medaillonförmige Reliefs in den Säulen. Männer sind hier ganz klar in der Überzahl, aber wenn ihr sucht, entdeckt ihr unter den Theologen, Historiker, Kaufleuten, Dichter und Maler auch ein paar Frauen. Insgesamt könnt ihr 64 Reliefs entdecken.

Da wir bis zur Führung noch Zeit hatten – ‚Emma‘ und ich haben uns schonmal ein bisschen warm gelaufen 🙂

Sie leuchten nicht nur am Sternenhimmel, sondern auch in der Rathausdiele – für die einen sind es Planeten, für die anderen Götter. Z.B. Venus, die römische Göttin der Liebe und Schönheit oder Saturn, der Mythos des Goldenen Zeitalters oder Mars, der römische Kriegsgott.

Durch diese Tür darfst du bei einer Rathausbesichtigung …. ne, ne, neeee Wunschdenken. Denn durch

das Senatsgehege im Hamburger Rathaus

darf nur … tadaaaaa … der Hamburger Senat, es wird aber nur zu besonderen Anlässen geöffnet. Zwei Löwen bewachen den Zugang zu dem nur eine Treppe führt – die Landesregierung hat auf dieser Seite ihren Platz. Das schmiedeiserne Tor – natürlich mit dem Wappen der Hansestadt – ist reich verziert und auch noch mit einem aussagefähigen Sandsteinbogen eingefasst. Schaut mal genau, was ihr dort alles findet ….

Bevor uns der Rathausführer zur Führung zusammenholt, gibt es noch einen Blick zur

Dielenuhr im Hamburger Rathaus

Da müsst ihr vielleicht schon ein bisschen genauer hinschauen, damit ihr diese Szene und die Aussage dahinter erkennt. Es soll Leben und Tod symbolisieren. Auf der linken Seite schlägt der Tod als Person dargestellt die Stundenglocke, auf der rechten Seite schlägt ein Büblein auf Mamas Schoß die kleine Glocke die zu jeder Viertelstunde ertönt. Bedeutet doch aber auch, genießt nicht nur jede Viertelstunde eures Lebens, sondern jede Sekunde. Kein Mensch weiß, wann die Stundenglocke angeschlagen wird.

Dielenuhr im Hamburger Rathaus 6182
Dielenuhr im Hamburger Rathaus 6184

Gleich geht die Führung los, und bevor ich dann keine Zeit mehr dafür finde, gibt es jetzt

ein bisschen Geschichte zum Hamburger Rathaus

und nein, keine Sorge, ich beginne nicht beim ersten Bau eines Rathauses in Hamburg, denn dann würdet ihr noch in einem halben Jahr lesen. Denn immerhin ist der heutige Bau vermutlich schon Rathaus Nummer 6. Noch vor 1216 ging es da mit der Rathaus-Bauerei los. Wie bei den Kirchen, so war es auch bei den diversen Rathäuser – sie mussten immer größer werden.

Das Schicksal das Rathaus Nummer 5 traf, war aber kein ‚wir brauchen einen größeren Bau‘ sondern ‚wir müssen unsere Stadt vor den Flammen schützen‘. 1842 brach der große Stadtbrand aus, der drei Tage mit verheerendem Ausmaß in der Stadt sehr viel in Schutt und Asche legte. Man wollte dem Feuer in Form einer Brandschneise Einhalt gebieten, damit es nicht noch mehr Schaden anrichten kann. Dafür wurde das alte Rathaus, das 500 Jahre damals an der Trostbrücke seinen Dienst tat, gesprengt. Einen Versuch war es wert, wenngleich es nicht den gewünschten Erfolg hatte. Dass Feuer fraß sich durch die Trümmer und breitete sich nach der Schneise weiter aus. Zunächst wurde ein provisorisches Rathaus eingerichtet, damit man sich Gedanken über den Neubau machen konnte.

Aber diese Gedanken dauerten, und dauerten, und dauerten …. insgesamt 43 Jahre (von 1854 – 1876) befasste man sich mit rund 43 Entwürfen aus einem ersten Wettbewerb. Welche Art Fassade soll es werden? Wie groß? Wie die Gestaltung? Weitere 128 Entwürfe von namhaften Architekten wurden geprüft, bis man sich dann klar wurde – so einen Bau kann kein Architekt allein bewältigen. Unter Leitung von Martin Haller wurde ein Rathausmeisterbund gegründet und sieben Mann gingen in die konkrete Planung.

Heraus kam ein Entwurf für ein symmetrisches Gebäude mit einer Länge von 111 Meter, 70 Meter Breite und bis zur Spitze des Rathausturms sollen es 112 Meter werden. Für die Baukosten wurden 11 Millionen Goldmark, sind heute etwa so schlappe 80 Millionen Euro, veranschlagt. Der Senat nickte dann endlich die vorgelegten Pläne ab und 44 Jahre nach der Sprengung des alten Rathauses konnte mit dem Neubau begonnen werden. Der begann am 6. Mai 1886 mit der Grundsteinlegung – aber nicht so wie heute ‚wir stehen mal mit den Spaten da‘ oder einer darf den ersten Stein mauern. Ne, neee, die sah so aus, dass erstmal 4000 Holzpfähle für das Fundament in den Boden gerammt wurden. Schließlich war das Gelände ringsum sehr sumpfig. So ein Fundament wurde in Hamburg wohl öfters angewandt, die Hauptkirche St. Katharinen bekam auch so einen Unterbau, allerdings da nur aus 1100 Pfählen.

Das Vorhaben der vielen Handwerker wurde aber in den Folgejahren mehrfach ausgebremst. Immer wieder gab es ein Ereignis, was den Bau verlangsamen ließ, vor allem auch die große Choleraepidemie 1892. Endlich, am 26. Oktober 1897 war es dann soweit, das neue Rathaus von Hamburg wurde eingeweiht. Und das, obwohl es noch nicht in Gänze fertig war. Wenn aber auch immer einer dazwischen redet, das nicht möchte, hier eine Änderung, dort passt was nicht – ganz ehrlich, da muss man als Verantwortlicher schon eine lange Hutschnur haben. Aber die soll wohl beim Hauptverantwortlichen dann doch geplatzt sein, man berichtet, dass er bis zu seinem Tod nicht mehr in sein Lebenswerk ging.

Wenn es schon so lange mit dem Bau gedauert hat, dann darf man auch ein bisschen Glück haben. Was man ja von anderen Sehenswürdigkeiten der Stadt nicht sagen kann, die im Zweiten Weltkrieg getroffen und zerstört wurden. Dagegen büßte das Rathaus nur die Turmspitze ein, die 1950, so wie sie war, wieder hergestellt wurde.

Wir haben uns mittlerweile auf den Weg gemacht, und sind im

Bürgerschaftstreppenhaus im Hamburger Rathaus

Wenn man sich ein bisschen näher mit der Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg befasst, dann ist dort ganz klar 1921 in Artikel 2 definiert „Die Staatsgewalt geht vom Volke aus“ … wir sind das Volk (wenn auch nicht aus Hamburg 😉 und so schreiten wir die Treppen auf dem roten Teppich nach oben.

Ich bin es ja schon gewohnt, dass ich ständig als ‚Hans guck in die Luft‘ bei unseren Besichtigungen unterwegs bin. Hier im Treppenhaus müsst ihr das unbedingt auch tun, denn an der Decke des wunderschönen Treppenhauses sind in 11 Gemälden aufgezeigt, wie ein Hamburger Bürger sein leben von Geburt bis ins hohe Alter verbringt. Kindheit, Jugendjahre, Gesellen- und Wanderjahre, Militär, Hochzeit, Bürgereid, Familie, Handel, Bau, Wissenschaft bis zum Alter und Tod werden gezeigt. Mir fällt gerade so auf, aber nur das eines männlichen Hamburgers. Naja die Arbeit der Frauen war zu dieser Zeit wohl klar definiert.

Das letzte Foto aus meiner Fotogalerie dürft ihr euch genauer anschauen. Wenn ihr die Führung mitmacht, ihr lauft direkt darauf zu, es ist oben in der Mitte

der Bürgereid eines Hamburger Bürgers

Bei uns im Schwabenland sagt man zu den Zugezogenen ‚des send Nei’gschmeckte‘ – sie werden aber (wenn sie bleiben) zu anerkannten Schwaben, meistens jedenfalls 😉 Ein neu zugezogener Hamburger wurde aber erst mit dem Ablegen eines Bürgereids zu einem Hamburger. 1483 wurde die Zeremonie vom damaligen Bürgermeister eingeführt, hauptsächlich betraf das ausländische Menschen, die fortan in Hamburg leben und dort Handel betreiben wollten. Aber auch da gab es strenge Vorgaben, wer durfte und wer nicht, und so ganz ohne Geld ging dieses Geschehen auch nicht ab. 1919 wurde letztmalig das Hamburger Bürgerrecht verliehen.

Die Führung geht weiter in die

Lobby  im Hamburger Rathaus

wo sich die Abgeordneten vor Beginn der Sitzungen treffen. Ein Schmunzeln hat mir die Ecke mit den Kleiderhaken entlockt – wie in der Schule (oder Kindergarten) bekommt jeder Abgeordnete seinen Kleiderhaken 🙂 Fast könnte man denken, der Baumeister, der dort auch seine Ehrung bekommen hat, behält den Überblick wer sich da so tummelt.

Und bevor es einem Abgeordneten zu langweilig bei der Warterei wird, kann er sich die großen Gemälde betrachten und sich an die Elbe oder ans Hafenbecken versetzt fühlen. Alles natürlich zu einer viel früheren Zeit.

Die Insider, von denen wir bereits hier vom Rathausführer einige verraten bekommen haben, werde ich mir tunlichst aber als Geheimnis hüten. Ihr sollt die doch schließlich selber in einer Führung erleben.

Und da wird g’schafft, wie wir im Schwäbischen sagen. Naja, vielleicht tun da manche aber auch nur so –

im Plenarsaal im Hamburger Rathaus

tagt das Landesparlament von Hamburg, das ja gleichzeitig auch Bundesland ist. 121 Abgeordnete, die auch für die Wahl des Ersten Bürgermeisters, seit 2018 ist es Peter Tschentscher der das kleine Bundesland regiert, zuständig sind, treffen sich alle paar Wochen zu ihren Sitzungen. Wie wir hörten, derzeit aufgrund von Corona aber wegen der Enge nicht hier im Plenarsaal. Denn wenn ihr euch die Sitze anschaut, da muss man sich schon grün sein, wenn man so eng aufeinander hockt. Aber die Sitzordnung geht ja immer nach Parteien sortiert 😉

An der Stirnseite, so wie in jedem Parlament, leitet das Präsidium die Vollversammlung. Auch da ist ganz klar definiert wo der Senat Platz zu nehmen hat und wo die Bürgerschaft.

Ich gebe zu, es war mein erster Besuch in einem Plenarsaal und war da aufgrund der Ausstattung schon etwas überrascht – Ledersessel mit Schnitzereien, alles in Holz, selbst die Decke und die Logen mit den Rundbögen. Und das war wohl zu früheren Zeiten noch üppiger, denn damals waren die Wände noch mit üppigen Malereien versehen. An der Seite sieht man noch ein Stückchen davon. Ganz ehrlich, mich würde das in dem Raum dann erschlagen – alle Wände mit Malereien. So finde ich ihn persönlich schöner – und wärmer, als die anderen Sitzungssäle die man so aus dem Fernsehen kennt.

Bitte seht mir die Qualität mancher Fotos nach, die Lichtverhältnisse waren hier mit manchen Blickwinkel alles andere als optimal.

Alle Räume die ich bisher bei der Besichtigung gesehen hatte, holten meine Begeisterung hervor. Dass man die aber noch mächtig steigern konnte, wurde in den nächsten Räumen klar. Und ich habe mich spontan in eine Führung im Juni 2020 in Prag zurückgesetzt gefühlt. Obwohl wir ja schon einige (viele) Schlossbesichtigungen hinter uns haben, kommt das Gemeindehaus in Prag (ein Repräsentationshaus) dem Hamburger Rathaus nahe. Weiter geht es hier in Hamburg in den

Bürgersaal im Hamburger Rathaus

Uns wurde erklärt, dass auch Abgeordnete oder das Präsidium der Bürgerschaft Gästetermine wahrzunehmen haben. In jedem Betrieb würde es heißen ‚Kommen sie in mein Büro‘ – nicht so im Hamburger Rathaus. Da bittet man in den Bürgersaal, auch zu kleinen Empfängen. Aber auch die einzelnen Fraktionen können hier ihre Sitzungen vorbereiten.

Es gibt viele ‚Kleinigkeiten‘ in diesem Raum zu entdecken: schaut euch die geschnitzten Köpfe an den Bänken an (ich sehe solche Köpfe oft an alten Kirchenbänken). Man könnte sagen, da menschelt es auf den Bänken, wie es halt im Leben so vorkommt: Ironie, Neid, Schadenfreude und Missgunst – sind nicht schön, und definitiv haben sie im Plenarsaal nichts verloren. Deshalb bleiben sie einfach auf den Bänken hier sitzen.

Kopf in den Nacken und der Blick nach oben zu den Wänden, und ihr findet in zehn Medaillons Portraits der früheren Bürgerschaftspräsidenten. An den Wänden darf das Stadtwappen natürlich nicht fehlen, ebenso wie die Ansicht auf den Hamburger Binnenhafen. Ich kann euch gar nicht sagen, wie oft ich in Hamburg das Stadtwappen überall gesehen habe. Das kann man gar nicht mehr zählen.

Beim nächsten Raum verstärkt sich mein Vergleich mit dem Gemeindehaus in Prag noch weiter – es geht in den

Kaisersaal im Hamburger Rathaus

boahhh, was liebe ich solche Räume oder Kirchen mit solch wunderschönen Deckengemälden. Tatsächlich hat sich mein Mann schonmal in einer Kirche (wir waren unter uns) auf den Boden gelegt, um das Deckenbild voll aufs Bild zu bekommen.

In diesem Raum muss man erst einmal ein bisschen sortieren, damit man den Überblick über alles behält. Bleiben wir erstmal auf dem Boden und lassen den Gesamteindruck des zweitgrößten Saales im Hamburger Rathaus wirken. Bis zur Hälfte hat der/die Baumeister einen rötlichen Marmor ausgewählt und wie in anderen Räumen auch, eine Ledertapete. Frühere Hamburger Bürgermeister haben im Blick wer sich da durch den Raum bewegt.

Wenn ihr jetzt denkt, der Raum ist ja nur ein Museumsstückchen, der täuscht sich. Er kann bis zu 200 Personen fassen – entweder finden Ausschutzsitzungen hier statt, oder werden Gäste oder Bürger empfangen. Es ist also kein toter, verstaubter Raum, auch wenn der Staub damals vermutlich blitzschnell aus diesem Raum gewischt werden musste. Denn der damalige Kaiser Wilhelm II. hatte es sich am 19. Juni 1895 partout in den Kopf gesetzt, just in diesem Raum (deshalb auch Kaisersaal) die Einweihung des Nord-Ostsee-Kanals mit vielen Gästen zu feiern. Doof nur, dass das Rathaus insgesamt noch eine Baustelle war, einschließlich dieses Saals. Aber wenn Kaisers was wollen, muss das Volk spuren.

Jetzt gehts an die Decke – nein, nicht vor Wut, sondern mit Begeisterung. Bei der Bilderfolge an der Decke ist die Seefahrt, und das Tor zur Welt, Thema. Bei dem Hauptgemälde in der Deckenmitte könnte man fast meinen, uiii, soviel Freizügigkeit in dieser Zeit? Tja, was zeigt es denn nun genau? Der Maler hat wohl seinen Auftrag sehr frei umgesetzt – sein Auftrag war der deutsche Überseehandel.

Besser erkennbar sind da die Verbindungen zu den deutschen Handelsstädten oder den Ländern, mit denen Hamburg in Handelsbeziehungen stand. Auch hier, das Hamburger Wappen darf nicht feheln. Zum Glück hat unser Rathausführer uns genügend Zeit gegeben, die ganze Pracht zu bewundern. Danke dafür! Die Insider, die wir auch in diesem Raum erfahren haben – macht die Führung selbst mit, es lohnt sich wirklich!

Für euch zur Erinnerung! Ihr seid auf einem Reise- UND FOTOblog! 😀 😀

Weiter ging der Besichtigungstross in den nächsten Wow-Raum

der Turmsaal im Hamburger Rathaus

Blick vom Kaisersaal im Hamburger Rathaus 6335den wir aufgrund Corona und der kleinen Größe nur in Zweier-Gruppen betreten konnte. Hier fand ich eine Geste unseres Rathausführers besonders rührend: Wir hatten zwei kleinere Kinder bei der Führung dabei und alle diese Räume befinden sich auf der Rathausplatzseite. Speziell in diesem Raum zeigt sich die Prominenz auch mal gerne vom Rathausbalkon, der von hier zugänglich ist. Er ging mit den beiden Kleinen vor diesen Balkon ‚Jetzt könnt ihr nach unten winken‘ – und hat den beiden erklärt, was es damit auf sich hat. Das sind doch herzliche Gesten, die Führungen gleich persönlicher machen. Dickes Lob!

Wie es der Name des Raumes schon erahnen lässt, über ihm geht es 112 Meter mit dem Rathausturm in die Höhe. Er trennt aber auch die Bereiche von Bürgerschaft und Senat. Und das wird streng gehandhabt, der Erste Bürgermeister der Stadt hat sein eigenes Treppenhaus und seinen eigenen Bereich, in diesem Zimmer ist Schluss für ihn.

Man nennt den Saal auch ‚Saal der Republiken‘, denn in Wandbildern werden die alten Stadtrepubliken Amsterdam, Rom, Athen und Venedig in Form von Göttinnen oder Ruhmesgestalten abgebildet.

Mit Blick nach oben könnte man meinen, man schaut in den Himmel. Gekonnt gemalt diese Illusion, die die Balustraden rundum noch verstärkt. In den Nischen dazwischen verkörpern scheinbare Bronzeplastiken die Tugenden die in dieser Bauzeit großen Stellenwert hatten: die Sittlichkeit, Menschenliebe, Vaterlandsliebe und die Wissenschaft. Die Plastiken sind aber nur gemalt.
Schaut euch da, wenn ihr Zeit bekommt, noch genauer um …. ihr werdet noch mehr Interessantes finden.

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Phönixsaal im Hamburger Rathaus

Was ein Phönix ist, wisst ihr bestimmt alle? Aus der Mythologie ein Vogel, der am Lebensende stirbt oder verbrennt, um aus der Asche oder seinem verwesenden Leib wieder neu zu erstehen. Der Bezug zu Hamburg verwundert also nicht, wenn man um den Großen Stadtbrand von 1842 weiß, und wie Hamburg quasi „Wie ein Phönix aus der Asche“ wieder neu auferstanden, bzw. aufgeblüht ist.

Ich kann jetzt nur spekulieren, warum ausgerechnet dieses Zimmer im Hamburger Rathaus als Trauzimmer fungiert – dass eure Liebe immer wieder neu aufblüht oder nie verblüht ….

Wir hatten ausgiebig Zeit diesen Raum zu betrachten und dies schätze ich an Führungen, dass man nicht im Galopp durch die Räume hastet. Über den großen Stadtbrand habe ich in anderen Berichten schon geschrieben, aber kurz zur Erinnerung: kein Mensch weiß, warum das Feuer am 5. Mai 1842 ausgebrochen ist. Es fraß sich aber durch die gesamte Altstadt und konnte erst vier Tage später erfolgreich gelöscht werden. Brandschneisen und alle Bemühungen haben nichts gebracht – über 4200 Wohnungen wurden vernichtet und viele, viele Gebäude. Rund 20.000 Menschen verloren ihr Dach über dem Kopf.

Im Phönixsaal lässt sich in einem Medaillon das Ausmaß der Katastrophe erkennen. Und ein großes Gemälde zeigt die Schutzpatronin der Hansestadt, die Hammonia, wie sie mit einem Rosenzweig über den verbrannten Trümmern der Stadt steht.

Ich habe lange gesucht, warum ausgerechnet bei dem Bild in den Säulen Medaillons angebracht sind. Eins würdigt Theodor Dill, der ein Mitglied der Bürgerschaft war. Ihm hat Hamburg beim Brand zu verdanken, dass die hanseatische Börse als einziges Gebäude im Umkreis der Altstadt kein Raub der Flammen wurde. Damals wie heute, man reagiert zögerlich, trifft verspätete Entscheidungen und sieht hinterher nach, wie das Kind in den Brunnen fällt. Dill hat dieses Zögern erkannt und hat kurzerhand die Leitung der, dann erfolgreichen, Brandbekämpfung der Börse übernommen.

Auf noch etwas solltet ihr ein Auge haben – auf den ersten Blick ist es halt ein verkohlter Kasten, auf den zweiten Blick der Überrest eines alten Silberschatzes. Auch darüber könnt ihr in vielen meiner Berichte lesen, von 1806 bis 1814 war Hamburg unter französischer Besatzung von Napoleon. Da man dies kommen sah und dachte, dass alles was ging geplündert werden würde, wurde der Silberschatz des Senats kurzerhand eingeschmolzen und die Silberbarren wurden gut versteckt. Nach dem Hamburger Brand fand man sie dann als Silberklumpen im ausgebrannten Rathauskeller.

Den Rest im Phönixzimmer schaut ihr euch einfach selber an ….

Weiter geht es in den größten Raum des Rathauses

der Große Festsaal im Hamburger Rathaus

zeigt eine Länge von 46 Metern 17 Meter Breite und ist 15 Meter hoch. Auf diesem herrlichen Eichenholzparkett finden aber keine Veranstaltungen mit Tanz statt, sondern gediegende Empfänge und das jährlich stattfindende Matthiae-Mahl, das älteste noch begangene Festmahl der Welt.

Das Matthiae-Mahl im Hamburger Rathaus

geht auf eine alte Tradition zurück. Seit 1356 findet es um den 24. Februar herum statt. Das Datum bezieht sich auf den Jahrestags des Jüngers Jesu, den Hl. Matthias. Im Mittelalter bedeutete dieser Tag zugleich der Frühlingsbeginn und Beginn eines neuen Geschäftsjahres. Bedeutet, an diesem Tag wurde ein neuer Erster Bürgermeister gewählt, die Aufgaben im Senat wurden neu verteilt, man konnte das neue Arbeitsjahr angehen – und das musste gefeiert werden. Hohe Gäste wurden damals, wie auch heute eingeladen, ausländische Minister durften an diesem Mahl teilhaben und Reihenfolge des Essens war klar definiert. Kurzum es war ein rauschendes Fest, das auch Geld kostet – damals wie heute.

Zwischenzeitlich war mal 200 Jahre Pause mit der Festerei. Und wo heutzutage der Erste Bürgermeister der Hansestadt seine 400 illustren Gäste aus Adel, Politik, Wirtschaft und Gesellschaft erwartet, das zeige ich euch später. Diese kommen dann im Großen Festsaal in den Genuß mit und aus dem Hamburger Silberschatz das Festessen zu genießen.

Und haben dabei auch die Möglichkeit die Schätze des Saales zu begutachten, allen voran

die Senatsestrade im großen Festsaal

Fast könnte man meinen, hier regiert König und Königin. Prunkvoll geschnitzte Eichenstühle auf einem erhöhten Podest, natürlich mit dem Hamburger Wappen – hier ließen sich Bürgermeister und Senat bei feierlichen Staatsakten nieder. Dahinter ein großes Gemälde des neuen Hamburger Hafens.

Sofort ins Auge fallen

die überlebensgroßen Tugenden im großen Festsaal

die den Eingang in den Saal geben. Vermutlich nicht ohne Grund muss man an den vom Bildhauer Joseph von Kramer geschaffenen Figuren. Als Wandgemälde bin ich ihnen bereits im Turmsaal begegnet. Sie verkörpern die Weisheit, die Gerechtigkeit, die Stärke und den Fleiß.
Die Weisheit ist dabei immer an erster Stelle, denn ohne sie könnten die anderen Tugenden nicht existieren. Die sind nicht etwa eine Erfindung des Mittelalters, sondern gehen weit zurück – sehr weit, bis ins 5. Jahrhundert v. Chr.

Beachtenswert auch das große Gemälde darüber. Ich kann jetzt verstehen, warum der Architekt vor lauter Gram seinen Bau nicht mehr betreten hat und wohl auch während der Bauzeit immer wieder gerne das Handtuch geworfen hätte. Da wollen die einen nicht so, wie es die anderen wollen – oder sie taugen ganz einfach nichts. So war es auch mit den Malern, die die großen Wandgemälde im Festsaal gestalten sollten. Schlussendlich musste Hugo Vogel für alle die Kohlen aus dem Feuer holen und fertigte die vier riesengroße Gemälde. Den modernen Hamburger Hafen habt ihr ja schon gesehen, die anderen zeigen die Entwicklung von der Urlandschaft, über die Vorgeschichte und die Christanisierung, das ihr über den Tugenden seht.

Eigentlich, so war es von Vogel gemalt, kniete ein Heide zur Taufe vor dem Bischof. Nein, nein! Aber doch nicht in Hamburg! Hamburger sind soooo stolz, dass sie vor niemandem knien – kurzerhand musste die Figur übermalt werden.

Schaut euch einfach noch ein bisschen um ….

Jetzt kommen wir gleich zu der Stelle, an der der Erste Bürgermeister der Stadt seine hohen Gäste empfängt. Davor gibt es aber noch einen Blick in die

Ratsstube im Hamburger Rathaus

in der immer jeden Dienstag um 11 Uhr die Senatssitzungen stattfinden. Ihr habt es ja schon längst gemerkt – wir befinden uns jetzt auf der Senatsseite des Rathauses wo die Bürgerschaft keinen Einlass hat. Ich bin immer noch bei meinem Vergleich mit dem Gemeindehaus in Prag geblieben – alles sehr edel, in beiden Gebäuden.

Sofort ins Auge fallen die Bürgermeisterplätze, quasi Ehrenplätze und natürlich wieder mit dem Wappen der Stadt. Darüber ein Baldachin und hinter den Sessel ein 2,60 hoher bestickter Wandbehang mit dem Hamburger Wappen. Geht in Gedanken, oder in meinem Bericht, mal ganz kurz zurück in den Plenarsaal. Hier hängt auch ein ähnlich gestickter Wappenteppich, aber natürlich nicht so prunk- und kunstvoll wie hier in der Ratsstube.

Rechts und links dürfen die Senatoren Platz nehmen, anschließend der Staatsrat. Ihr merkt anhand der Betitelungen, wir sind in Hamburg, denn in meinem Bundesland nennt sich das ganze Ministerpräsident, Minister und Staatssekretäre. Jetzt könnte man doch eigentlich, wenn doch seit 1216 ein Senat tagt, das ganze Senatsstube nennen?

Der Hamburger Rat

nannte sich aber bis 1860 „Rat“, und die bis zu 60 Ratsmänner wählten sich gegenseitig – und zwar auf Lebenszeit. Ausnahmslos war es bis 1712 Vorschrift, dass die aus der Kaufmannsschicht kommen müssen. Was hier im Mittelalter beschlossen wurde, musste von den Bürgern der Stadt akzeptiert und umgesetzt werden, egal ob man damit einverstanden war oder nicht. War klar, dass es da irgendwann mal Zoff und Meuterei gibt. 1410 kam man der Bürgerschaft etwas entgegen: ohne deren Zustimmung durften keine Kriege erklärt werden, Bürger durften nicht mehr einfach so verhaftet werden und bevor Steuern erhoben wurden, musste das auch genehmigt werden. 1529 wurde das erweitert, dass nur noch mit Zustimmung der Bürger Gesetze erlassen werden durften. Nach einer brutalen Streitigkeit erklärte man dann im 17. Jahrhundert Rat UND Bürger zur Staatsgewalt. Deshalb wird der Erste Bürgermeister des kleinen Bundeslandes auch vom Volk gewählt, die Senatoren (vorgeschlagen vom Bürgermeister) werden dann vom Parlament abgesegnet.

Zurück in den Raum, und wenn ihr live davor steht, fällt euch vielleicht auf – kein Fenster weit und breit. Das hat eine symbolische Bedeutung – nur Gott ist über dem Senat, die Erleuchtung für gute Entscheidungen soll von ihm kommen.

Was bei der Führung bürgerlich begann, endet auf der Senatsebene – wir stehen im

Senatstreppenhaus im Hamburger Rathaus

Ganz ehrlich, ich hätte mich schon längst verlaufen, denn auf der Führung sahen wir noch viele kleinere Räume und Zwischenräume. Die dürft ihr dann aber alle selber entdecken.

Hier empfängt also der Erste Bürgermeister der Stadt seine hohen Gäste. An der Stelle muss ich es doch einmal erwähnen, ohne parteiisch zu werden, ich schätze seine ruhige Art als Mensch sehr, er ist mir sehr sympathisch. Da oben steht er also vor dem sogenannten Senatsgehege, die Tradition hat sich als Gepflogenheit über die Jahre erhalten. Ein Hamburger steht eben einfach nicht unten beim Pferd oder Wagen der Gäste – ihr erinnert euch an das Gemälde im Festsaal? Der hanseatische Stolz!

Bei der Begrüßung schauen zwei Damen ganz genau zu – die „Gnade“ und die „Gerechtigkeit“ als Erinnerung an die Gerichtsbarkeit des Senats, die 1860 endete. Hier kommt auch keiner weiter, der nicht darf. Dieser Bereich kann gut gesichert abgeriegelt werden. Aber wir sind ja in ganz friedlicher Mission hier 🙂

Damit sind wir am Ende der Führung und über das Treppenhaus wieder vor dem Senatsgehege in der Rathausdiele angekommen.

Mein Fazit und Empfehlung für euch für das Hamburger Rathaus

wenn ihr die Zeit und Möglichkeit dazu habt, macht diese Führung mit. Mein Beitrag soll euch lediglich dazu anregen, denn ihr erfahrt in der Führung noch viel mehr interessante Dinge über das Rathaus und seht noch mehr, als ich euch hier zeigen konnte.

Spätestens jetzt am Ende meines Beitrag versteht ihr, dass ich euch die Außenfassade des Hamburger Rathauses in diesem Beitrag ‚ersparen‘ wollte, denn sie füllt einen weiteren Beitragsbericht. Der hier war ja schon umfangreich genug. Kommt ihr mit nach außen? Zu

meiner Betrachtung der Außenfassade am Hamburger Rathaus

die sehr interessant ist. Einen kleinen Vorgeschmack bekommt ihr hier ….

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