Die größte der beiden, zu besichtigenden Synagogen in Venedig ist die Scola Spagnola – die Spanische Synagoge. Sie befindet sich im alten Ghetto (Ghetto vecchio) im Sestiere Cannaregio.

Bei unseren Städtetouren ist es mittlerweile fast zum Pflichtprogramm geworden: Hat die jeweilige Stadt ein jüdisches Viertel, eine Synagoge oder einen jüdischen Friedhof, dann versuchen wir einen Besuch dort einzurichten. Bei unserer Langzeitreise nach Prag war dem Jüdischen Viertel mit seinen vielen Synagogen, die man allesamt besichtigen kann, ein ganzer Tag vorbehalten. Es sind aber die Touren bei uns, die wir meist wortlos absolvieren. Vor allem in den Synagogen in Prag ging das Schicksal der Menschen, ob dieser Dokumentation, unter die Haut und ließ mich sehr nachdenklich und betroffen diesen Ort verlassen.

In Florenz stand der Besuch der Großen Synagoge ebenfalls auf unserem Besuchszettel. Sie liegt etwas außerhalb der Stadt. Nachdem wir unser Ziel endlich erreicht hatten, begrüßte uns ein großer Zettel „Fotografieren verboten“. Die Erfahrung unserer vielen Besichtigungen hat mich gelehrt, manchmal bekommt man mit Fragen für einen nicht monetären Reiseblog eine Ausnahmeerlaubnis. Aber die Unfreundlichkeit der Dame an der Kasse machte jegliche Hoffnung zunichte. Ich bin da dann auch recht schnell in meinen Entscheidungen – wir verzichten dann auf einen Besuch, und auf einen Bericht in meinem Reiseblog. Tja, Pech gehabt – durch die mittlerweile große Reichweite meines Blogs würdet ihr dadurch nur mehr Besucher, und damit mehr Geld in eure Kassen bekommen. Wer nicht will ….

Da wir für Venedig bereits unsere Eintrittskarten in der Tasche hatten (sie waren in unserem Museums- und Chorus-Pass inkludiert), war die Hoffnung noch groß, dass vielleicht auch Fotos im Inneren der Synagogen gemacht werden dürfen. In den ganzen vier Wochen, die wir in Venedig unterwegs waren, fallen nur drei Objekte für die es keine Fotoerlaubnis gab. In manch einer Kirche – lieb gefragt – bekam ich für wenige Fotos eine Sondererlaubnis.

Wir haben den Sonntag für unseren Besuch ausgewählt. Ein Tag, von dem wir dachten, dass die meisten Wochenend- und Sonntagstouristen an andere Orte in Venedig strömen. Zudem gehen wir dann immer recht früh los, damit wir direkt zur Öffnungszeit vor Ort sind. Und das war an diesem Tag auch gut so.

Kommt jetzt mit zu meiner Besichtigung der Scoula Spagnola, der Spanischen Synagoge in Venedig

die, wir kennen es bei den Synagogen (egal wo) bereits, mit einem Body-Scan beginnt. Man kommt sich vor wie auf dem Flughafen, nur dass nach der Schleuse kein Flieger auf uns wartet 😀 Es war jedes Mal ein kleines Prozedere bei mir, alles in die Schale zu legen. Nein, nicht weil ich soviel dabei hätte! Aber meine Gürteltasche war durch die Schlaufen meiner Hose gefädelt …. ihr fühlt mit mir? Ausfädeln, anschließend wieder einfädeln – so kam das hinter uns wartende Ehepaar in den Genuss schneller zu sein 😉 Glaubt mir, die Lösung für die nächste Langzeitreise liegt schon bereit 😀 😀

Nach der Kontrolle, die übrigens in allen größeren Objekten in Venedig normal ist, war der Ticketschalter zum Entwerten unserer Karten das nächste Ziel. Hier traf mich dann die Enttäuschung etwas – von fünf Synagogen waren nur zwei zur Besichtigung offen, und das Jüdische Museum ist geschlossen. Hmm, besser als nix! Vor allem nach der Nachricht, dass Fotos erlaubt sind.

Solltet ihr euch die zwei Synagogen auf eure Besichtigungstour in Venedig setzen, dann beachtet, dass am Samstag die Synagogen (grundsätzlich überall) geschlossen sind. Außerdem kann man sie hier in Venedig nur im Rahmen einer geführten Tour besichtigen.

Die Wartezeit bis zu unserem Beginn habe ich mit Blicken in den

Garten der Spanischen Synagoge (Scuola Spagnola) in Venedig

überbrückt.

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Ein kleines verwunschenes Paradies hinter alten Hausmauern. Man hat diesen Bereich vor dem Verfall gerettet und ihn zu einer grünen Oase gemacht. So verkürzt man sich gerne eine kleine Wartezeit …

In einem Nebenraum kann man sich in einer kleinen

Ausstellung in der Spanischen Synagoge in Venedig

über das jüdische Leben, ihre Bräuche und vieles mehr informieren. Schade, dass es so gut wie niemand von den Wartenden interessiert hat.

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Und dann ging es los – nach außen in die kleine enge Calle Ghetto Vecchio. In die gelangt man vom Canale di Cannaregio, kurz vor der Vaporetto Haltestelle „Guglie“. Man könnte sonst fast das kleine Hinweisschild „Zum Ghetto“ übersehen.

Die Außenansicht der Scola Spagnola in Venedig

lässt nicht erkennen, dass sich hinter der Hausfassade eine Synagoge befindet. Das war auch so gewollt, denn im 16. Jahrhundert gab es in Venedig das Verbot, Synagogen zu erbauen. Also wurden sie wie Wohnhäuser gestaltet und lassen sich somit, auch für die Touristen, nicht auf Anhieb als Synagogen erkennen.

Während die Gruppe im Eingangsbereich Informationen erhält (die Führung ist in englischer Sprache), bekommt ihr von mir

ein bisschen Geschichte zum Bau der Scuola Spagnola (Spanische Synagoge) in Venedig

Die Geschichte von jüdischen Händlern in Venedig geht bis ins 5. Jahrhundert zurück. Sie durften in die Stadt, allerdings nur zum Handel, nicht als Einwohner. Jüdische deutsche Händler hatten das Privileg im Fondaco dei Tedeschi wohnen zu können, dagegen mussten die anderen sich auf dem Festland eine Bleibe suchen. Mehr und mehr nahm der Zustrom der Juden in der Stadt dann während der Pestepemien um 1348 zu.

Richtig schlimm wurde es dann für die spanischen Juden, als 1374 Ferdinand II. mit seiner Ehefrau Isabella den spanischen Thron bestieg. Wenn ich mir seine Vita so anschaue, ein bissle größenwahnsinnig war der ja schon. Eine Tochter verheiratete er mit einem Habsburger, die andere wurde Königin von Portugal und sein Sohn heiratete in Österreich ein. Alles mit dem Ziel, soviel Macht wie möglich zu bekommen – Spanien sollte mit Portugal eins werden, und in Italien soll auch noch mehr Macht und Besitz dazukommen. 1468 war er dann König von Sizilien, mit seiner Ehefrau zusammen König von Kastilien, schließlich noch König von Aragón. Ab 1505 war er König von Neapel und schlussendlich übernahm er ein Jahr später auch noch die Regentschaft in Kastilien.

Zum Größenwahnsinn kam dann auch noch geballte Ladung Intoleranz dazu – ab seiner Thronbesteigung in Spanien wurden die Juden blutig verfolgt. Und durch das familiäre Gemauschel war auch Portugal mit im Bunde. Wer nicht freiwillig das Land verließ, wurde per Zwangstaufe dazu gezwungen seinen Glauben aufzugeben. Man kann sich vorstellen, dass damit eine große Fluchtwelle einsetzte. Über mehrere Wege kamen die spanischen Juden nach Venedig, wo sie dann die Erlaubnis erhielten, sich im Ghetto Vecchio anzusiedeln, und dort eine Synagoge zu errichten.

Auf engstem Raum, auf der kleinsten der 33 Inselchen von Cannaregio hat sich die jüdische Bevölkerung in Venedig angesiedelt. Die ursprüngliche Synagoge aus Mitte des 16. Jahrhunderts, wurde Mitte des 17. Jahrhunderts umgebaut, vermutlich von Baldasare Longhena. Der italienische Baumeister ist vor allem durch sein Mitwirken bei der Kirche Santa Maria della Salute in Venedig bekannt. Nehmen wir also mal an, er war auch hier bei der Spanischen Synagoge an den Veränderungen beteiligt. So, jetzt schau ich mir die Schönste (so wird sie beschrieben) der Synagogen an. Es beginnt mit

dem Eingangsbereich der Scuola Sagnola in Venedig

wo sich die Männer in der Gruppe eine Kippa nehmen sollten. Die kleine kreisrunde Kappe ist mittlerweile zu einem Erkennungssymbol der jüdischen Männer geworden. Erst ab dem 16./17. Jahrhundert hat sich das so eingebürgert, und egal in welcher Synagoge wir als Besucher auch waren – für uns ist es ein Muss, sich diesen Bräuchen anzupassen. Genauso wie man eben auch nicht in kurzen Hosen oder unpassend bekleidet in eine Kirche geht. In Venedig ist mir das im Oktober/November nicht aufgefallen, aber in Florenz bei Temperaturen im Mai von ständig 32 Grad und aufwärts, hat am Eingang einer Kirche jemand sehr genau auf diese Kleiderordnung geachtet, und dann eben entsprechend für Abhilfe in Form eines Umhangs gesorgt.

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Ich muss ehrlich zugeben, ich mache nicht gerne Führungen mit. Ja, wenn man ansonsten nicht in ein Objekt reinkommt, aber hätte ich die Wahl, so ist mir ein besichtigen ‚auf eigene Faust‘ immer lieber. So kann ich in Ruhe fotografieren, auch mal warten, wenn jemand vor mir steht. Bei Führungen geht es in dieser Richtung immer ein bisschen hektischer zu.  Klar fallen dann Insider-Informationen, die man nicht in Reiseführern findet, durchs Raster – aber nicht immer mag ich solche Infos in meinem Reisebericht dann auch wiedergeben. Da soll dann schon noch Raum für das Besondere vor Ort sein.

Die Innenansicht der Scola Spagnola (Spanische Synagoge) in Venedig

hat mir dann wirklich ein innerliches Wow erzeugt. Die Jerusalem-Synagoge in Prag ist ja schon auch ein besonderes Schätzchen, aber …. ach, nein, man keine mit der anderen vergleichen. Das wäre einfach nicht okay.

Übersetzt bedeutet Synagoge ja „Versammlungsraum“. In ihm findet man aber nicht, wie in den Kirchen Gemälde oder Statuen. Vielmehr sind sie reich an Dekorationen und kostbaren Stoffen – eben ganz entsprechend ihrer Kultur. Die Ausstattung des Raumes ist so gut wie immer aus Holz.

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Die Bima in der Spanischen Synagoge

zentraler Mittelpunkt einer jeden Synagoge. Erhöht auf einem Podest wird aus der Thora gelesen, der Lehre Gottes. Die Thora ist eine Gesetzesrolle. In ihr steht die Geschichte des Volkes Israel, eigentlich die fünf Bücher von Mose, es sind aber auch die über 600 Gesetze und Regeln niedergeschrieben. Für diesen Schatz gibt es zur Aufbewahrung den Thoraschrein.

Der Thoraschrein in der Spanischen Synagoge in Venedig

Er liegt gegenüber der Bima, dunkle Marmorsäulen umrahmen ihn. Lasst ihn einfach wortlos auf euch wirken ….

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Auf den Längsseiten sind jeweils 

die Sitzgelegenheiten für die Männer in der Scola Spagnola in Venedig

Ja, hier wird noch nach Männlein und Weiblein getrennt gesessen. So wie es zu meiner Jugendzeit auch noch in meiner damaligen Pfarrkirche der Fall war: Männer- und Familienseite und Frauenseite. Nicht mehr ganz so ausgeprägt, aber trotzdem noch in den Köpfen der älteren Generation erhalten, sieht man die Trennung auch heute noch in meiner Heimatkirche.

Euch jetzt zu erklären, warum es in einer Synagoge der Brauch ist, ich würde mich sehr weit aus dem Fenster lehnen dies zu tun. Ich habe aber eine gute Erklärung gefunden. Wenn ihr diese lesen wollt, dann klickt HIER.

Die Sitzgelegenheiten für die Frauen in der Scola Spagnola in Venedig

waren entweder hinter den Männer erhöht und durch eine Holzschranke verdeckt, oder oben auf der Empore. Wobei ich ja immer gerne das Geschehen in einem Gottesdienst von oben verfolge – da entgeht einem nix 😉

Die Decke in der Spanischen Synagoge in Venedig

verdient dann auch noch meine Aufmerksamkeit. Drei große Kronleuchter haben es meiner ‚Emma‘ angetan. Na, ich kann sie da schon verstehen – so richtig austoben konnte sie sich in dieser prachtvollen Synagoge ja nicht. Ständig stand ihr jemand im Weg. Also geht halt ihr Blick nach oben 🙂

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Man sagt der Spanischen Synagoge nach, sie wäre die beeindruckendste der fünf Synagogen in Venedig. Das kann ich leider nicht beurteilen, da ja nur zwei zur Besichtigung geöffnet sind. Aber sehr beeindruckend ist sie ja schon.

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Bevor es mit der Gruppe in die zweite, der Scola Levantina weitergeht, noch

ein paar Impressionen aus der Spanischen Synagoge (Scola Spagnola) in Venedig

Und damit war ich mit meinem Mann die letzte die den Raum verließen 😀  (wie immer bei Führungen).

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