Die Thomaskirche und Bach sind untrennbar miteinander verbunden und durch sein Wirken an der Kirche und dem Thomanerchor ist die Kirche weltweit bekannt.

Ich sehe es fast als ein Muß bei unserem Besuch in Leipzig nicht nur die Nikolaikirche sondern auch die Thomaskirche auf den ‚Will ich sehen‘ Plan zu setzen. Denn Johann Sebastian Bach hat an beiden Kirchen gewirkt und seine Spuren hinterlassen. Die Kirche stand so gut wie am Ende unseres Sightseeing-Plans in der Stadt an diesem Tag. Keine Ahnung ob es der langsam aufkommenden Müdigkeit geschuldet war, oder an was es lag – wir haben mal wieder den Eingang der Kirche gesucht. Wer meine Beiträge aufmerksam verfolgt wird sich erinnern? Da war doch was? 🙈 Jaaaa, beim Dom in Zeitz haben wir auch schon den Eingang gesucht 😂

Nach einer schier endlosen Wanderung um die Kirche – immerhin ist sie 76 Meter lang – kam das große Aahhh und die Erinnerung. Stand ich 2004 mit meiner Tochter damals doch genau an der gleichen Stelle. Auch wenn meine Beine mir da ständig was anderes einreden wollten, der Rundgang war trotzdem sehenswert.

Und wenn wir nicht den unfreiwilligen Rundgang gemacht hätten, wären wir vermutlich gar nicht an diesem wunderschönen Portal vorbeigekommen, dem Mendelssohn-Portal.
Dieses Portal wurde während der neugotischen Umgestaltung angesetzt und aus Anlass des 200. Geburtstages von Felix Mendelssohn wurde das Portal Anfang 2009 nach ihm benannt.

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Ich hab’s bis zu meinen Recherchen nicht gewusst – das Kirchendach ist mit einem Neigungswinkel von 63° eines der steilsten Giebeldächer Deutschlands. Und wir haben es geschafft, der Eingang ist gefunden 🙂
Nicht damit gerechnet haben wir, dass in der Thomaskirche keine Fotogebühr fällig war. Bei allen unseren Besichtigungen in Sachsen-Anhalt und in Leipzig wurde diese Gebühr erhoben, gerechtfertigt wie ich finde. Und bei teilweise 7 € Eintritt in einen Dom, fallen die 2 € (für 2 Personen) nun wirklich nicht ins Gewicht. Aber denkt bei euren Besuchen vorher daran, ihr bekommt entweder eine Karte um den Hals oder einen Aufkleber für die Jacke.

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Innerhalb der damaligen Stadtmauer wurde, nachdem Leipzig 1165 Stadtrechte erhalten hat, mit dem Bau von zwei Kirchen begonnen – der Nikolaikirche und der Thomaskirche. Zwischen 1212 und 1222 wurde die ältere Marktkirche zur Stiftskirche des neuen Thomasklosters umgebaut. Die Kirche erhielt durch eine Schenkung des Minnesängers Heinrich von Morungen aus Anlass seines Eintritts ins Kloster eine Reliquie des Hl. Thomas geschenkt, ein Mitbringsel aus Indien. Namenspatron der Kirche ist der Jünger Thomas, der Zweifler. Die Reste des romanischen Baus der Kirche hat man bei Grabungen gesichtet.
Durch Silberfunde kam Leipzig Ende des 15. Jh. zu großem Wohlstand. Also riss man 1482 das Kirchenschiff ab und errichtete es neu, so wie es auch heute noch zu sehen ist. Im April 1496 wurde die Kirche nach erfolgten Umbau vom Merseburger Bischof wieder geweiht. Über mehrere Jahrhunderte wurde die Kirche weiter an- oder umgebaut. So auch der über 60 Meter hohe Turm. Er stammt mit dem unteresten Geschoß aus der Zeit vor 1355 und bekam im 14. Jh. den achteckigen Aufsatz. Von 1533 bis 1917 war die Türmerwohnung, die über drei Etagen geht, bewohnt. Wie früher so üblich, hatten die Türmer mehrere Aufgaben. Die Wache über eindringende Feinde und über Feuer.

Weltbekanntheit erlangte die Thomaskirche auch mit dem Thomanerchor, einem  weltbekannten Knabenchor mit weit mehr als 800 Jahren Chortradition. Zusammen mit der Thomasschule wurde er 1212 gegründet und zählt zu den vier ältesten Knabenchören Deutschlands und Europas, eigentlich einer der ältesten Chöre überhaupt. Die Verbindung zu Johann Sebastian Bach gibt es ab 1723, der zu dieser Zeit Thomaskantor in Leipzig war.

Der erste Blick nach Betreten der Kirche fällt noch vor dem Blick auf den Hochaltar auf die neogotische Kanzel von 1885. Die vier Evangelisten sind als Symbolbilder dargestellt. Pfingsten 1539 predigte in der Thomaskirche Martin Luther. Allerdings nicht von dieser Kanzel, denn diese ist nicht mehr erhalten.

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Auch die Thomaskirche, so wie alle anderen Kirchen die wir besucht haben auch, sollte man sich genauer anschauen. Mein Blick geht nach vorne zum neugotischen Jesus-Altar, der 1888 angefertigt wurde. Das Relief in der Mitte stellt das letzte Abendmahl Jesu mit seinen Jüngern dar, die übrigen Reliefs zeigen das Leben Jesu.

Unübersehbar im Chorraum ist das Bach-Grab. Nach seinem Tod am 28. Juli 1750 wurde Bach zunächst auf dem Spitalfriedhof der Johanniskirche bestattet. Nachdem sich die breite Öffentlichkeit für die Gebeine und den genauen Ort der Grabstätte Bach interessierte wurden seine Gebeine am 16.07.1900 in einem Steinsarkophag unter der Johanniskirche beigesetzt. Mit der Bombardierung Leipzigs wurde die Johanniskirche auch zerstört, zum Glück blieb der Sarkophag unversehrt. Nach Diskussionen wo nun die neue Grabstätte Bachs sein sollte, entschloss man sich zum Grab im Chorraum der Thomaskirche und Ende Juli 1949 wurden die Gebeine in die Thomaskirche überführt. Seinen endgültigen Platz fand er nach der Innenrenovierung 1964 unter Bronzeplatte von 1950 im Chorraum. Sein Grab ist immer mit Blumen geschmückt.

Der Taufstein, der 1614-1615 aus Marmor und Alabaster geschaffen wurde und in der Mitte des Chorraums steht, war bei unserem Besuch einen Tag vor hl. Abend mit einem großen Adventskranz geschmückt. Das Relief, welches wir leider dadurch nicht sehen konnten, soll vier bliblische Geschichten erzählen. 11 Kinder von Johann Sebastian Bach, sowie 1813 Richard Wagner und auch Karl Liebknecht wurden an diesem Taufstein getauft.

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Sehenswert sind auch die beiden Orgeln im Gotteshaus. Im Bachjahr 2000 wurde die „Bach-Orgel“ von dem Orgelbauer Gerald Woehl errichtet. Ihr Klangbild orientiert sich am Stil des mitteldeutschen Orgelbaus aus dem 18. Jh. und dient maßgeblich der Wiedergabe der Orgelwerke von Bach.

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Die ältere der beiden großen Orgeln steht aber auf der großen Westempore, der Chorempore des Thomanerchores. Diese Orgel wurde von 1885-1889 von Wilhelm Sauer erbaut. 1908 wurde sie von 63 auf 88 Register erweitert.

Wunderschön sind die farbigen Fenster die 1889 im Chorraum und an der Südseite eingesetzt wurden.
Im ersten Foto sind auf dem linken Fenster der Kurfürst Friedrich der Weise von Sachsen mit Martin Luther und Philipp Melanchthon zu sehen. Das rechte Fenster, das Mendelssohn-Fenster wurde zum 150. Todestag von Felix Mendelssohn Bartholdy eingeweiht.

Auf dem zweiten Foto ist ganz rechts das Bach-Fenster zu sehen, das 1895 gestaltet wurde. Auf der Höhe dieses Fenster ist im Außenbereich das Bach-Denkmal auf dem Thomaskirchhof errichtet worden.

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Bach-Denkmal

Kleine Cafés und Restaurants säumen den Thomaskirchhof auf dem das neue Bach-Denkmal und der Eingang zur Kirche ist. Ich kann mir vorstellen, dass dies im Sommer ein herrlicher Platz ist. Und genau auf diesem Platz steht das 1908 von dem Leipziger Bildhauer Carl Seffner geschaffene überlebensgroße Denkmal für Johann Sebastian Bach. Es hat seinen Platz genau vor dem 1895 entstandenen Bach-Fenster der Thomaskirche.
1885 wurde bereits über ein zweites Denkmal anlässlich des 200. Geburtstages von Bach nachgedacht. Aber erst nach Beginn der Umbauarbeiten der Johanniskirche 1894 und nachdem das Grab Bachs wiederentdeckt wurde und es eindeutig ihm zugeordnet wurde, wurden diese Pläne konkreter. Seit 1899 wurde heftig über einen Standort diskutiert und auch gestritten, bis schlußendlich 1906 der Thomaskirchhof als Sieger aus dem Standortstreit hervorging. Tja, schon damals war es anscheinend schwierig es allen recht zu machen.

Das neue Denkmal wurde am 17. Mai 1908 als Höhepunkt eines dreitägigen Bachfestes enthüllt. Die Gesamtkosten über 50.000 Goldmark teilten sich die Stadt Leipzig und private Spender.  Auf einem Sockel, 3,20 Meter über dem Boden steht die 2,45 m hohe Bronzestatue. Der berühmteste der Thomaskantoren, der 1723 als Thomaskantor nach Leipzig kam steht vor einer Orgel, eine Notenrolle in seiner rechten Hand. Die linken Finger gespreizt, wie wenn er seine Hand gerade vom Orgelspiel loslöst. Ein bisschen unordentlich gekleidet sieht er aus, die Jacke nicht vollständig zugeknöpft, der lange Rock offen – eben ein beschäftigter Thomaskantor mitten in seiner Arbeit.

Meine Beine haben ein vehementes Veto eingelegt, als kurzfristig die Überlegung aufkam noch das alte Bach-Denkmal aufzusuchen, welches in den Grünanlagen am Ring steht. Wenn ihr alle meine Beiträge und unser volles Programm über den Besuch in Leipzig gelesen habt, dann könnt ihr mit Sicherheit nachfühlen. Der Anspruch Leipzig an einem Tag kennenzulernen, war doch ein sehr hoch gestecktes Ziel.

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