Die Kirche San Lazzaro dei Mendicanti befindet sich im Sestiere Castello in unmittelbarer Nähe zum Ospedale SS. Giovanni e Paolo in Venedig.

Heute ist so ein Tag, da verspricht das Viertel in das wir fahren – hier fällst du von einer Sehenswürdigkeit in die andere. Nachdem uns die Tram an der Endstation Piazzale Roma rausgeworfen hat, ging es auf dem direkten Weg zu den Fährterminals. Genauer gesagt zur Linie 4.1 die uns auf direktem Weg zur Haltestelle ‚Ospedale‘ bringen soll. Diese Haltestelle bringt die Besucher zum größten, aber auch ältesten Krankenhaus von Venedig. Zum anderen ist der Fondamente Nove die zentrale Stelle, die die Besucher zu den Inseln Murano und Burano bringt. Inklusive Stopp an der Friedhofsinsel San Michele.

Wie ihr vielleicht aus meinen anderen Berichten schon mitbekommen habt, ich teile unsere Besichtigungstouren wie in kleine Planquadrate auf. Schaue mir dann zusätzlich zu den Infos der Reiseführer noch im Zoom, ob Google auch noch was parat hält. Meistens kommt da dann ganz schön was zusammen, denn Venedig hält an allen Ecken und Enden Sehenswertes bereit. Was am Morgen vielleicht noch nach großem Programm aussieht, kann im Laufe des Tages dann auch mal zusammenschrumpfen. Schuld sind daran die Öffnungszeiten der Kirchen, die zur Mittagspause geschlossen werden. Man schafft halt nicht in kurzer Zeit wie ein Hase von A nach B zu springen, um vor Schließung doch noch in der Kirche zu sein. Anders herum kann aber aus einem kleinen Programm auch ein bisschen mehr werden, weil soviel Sehenswertes zusammenkommt, oder es in manchem Objekt auch mal ein bisschen länger dauert.

Wir sind heute zielstrebig nach Verlassen des Vaporettos (Wasserbus) in die Fondamenta dei Mendicanti am gleichnamigen Kanal abgebogen. Fast könnte man die Kirche nicht weit vom Fondamente Nove übersehen. Geschickt fügt sie sich nahtlos in der Häuserfront des Ospedale ein.

Kommt deshalb ganz schnell mit mir in die Kirche

Inhaltsverzeichnis

zu meiner Besichtigung der Kirche San Lazzaro dei Mendicanti in Venedig

Es geht ein bisschen eng her auf dem Gehweg, deshalb gibt es

die Außenansicht der Kirche San Lazzaro dei Mendicanti in Venedig

nur von der gleichnamigen Brücke am Fondamente Nove. Also Achtung, wenn ihr vier Halbsäulen auf Sockeln und ein großes grünes Tor seht. Und wenn das dann auch noch offensteht, habt ihr ein Glückslos gezogen, so wie wir heute. Denn meist soll die Kirche verschlossen sein, wie ich lesen konnte.

Drei Statuen stehen am Fassadengiebel, die mittlere ist der Namensgeber der Kirche, der Hl. Lazarus.

aussenansicht kirche san lazzaro dei mendicanti venedig 4923

Vestibül zur Kirche San Lazzaro dei Mendicanti in Venedig

oder man könnte auch Vorraum dazu sagen, oder auch eine Monumentenhalle. Sucht es euch raus. Auf jeden Fall wird man von hoch oben beobachtet. Ich finde, die zwei dürfen auch aufpassen, was hier geschieht, denn sie sind die Wohltäter des Ospedale di San Lazzaro dei Mendicanti. 1601 konnte es mit großzügigen Spenden der Kaufleute Bartolomeo Bentempelli del Calice und Gian Domenico Biava der Realisierung näher kommen. Zum Gedenken an die Beiden wurden 1657 die Grabdenkmale in Auftrag gegeben.

denkmal dolfin kirche san lazzaro dei mendicanti venedig 6100So sehr ich auch beim nächsten Denkmal für mehr Informationen gesucht habe – Lorenzo Dolfin hat einen Nebel um sich gehüllt. Könnt ihr mir bitte helfen, den zu lüften?

Auf jeden Fall zählt die Familie Dolfin als venezianische Patrizierfamilie zu den „zwölf noblen Häuser Venedigs“. Und damit gehörten sie der Oberschicht der Republik Venedig an. Wie es sich dann für solch eine Familie gehört, bekleideten viele von ihnen hohe Ämter.

Rechts und links geht es in den Kreuzgang der Kirche, bzw. des Krankenhauses – für Besucher heißt es da: nur schauen, nicht betreten.

kreuzgang kirche san lazzaro dei mendicanti venedig 4947
kreuzgang kirche san lazzaro dei mendicanti venedig 6107

Bevor es mit der Innenbesichtigung weitergeht, bekommt ihr

ein bisschen Geschichte zur Kirche San Lazzaro dei Mendicanti in Venedig

bei der ich, wie bei der Kirche Santa Maria della Pietà etwas weiter zurückgehen muss. Bei San Lazzaro geht die ins Jahr 1224 zurück, als zunächst in der Nähe der Kirche San Trovaso ein Hospiz für Leprakranke erbaut wurde. Wie es schien ein ungünstiger Ort mitten in der Stadt, denn 1262 wurde die Leprastation auf die Insel Lazzaro verlegt. Geweiht war sie damals schon dem Hl. Lazarus, der als Schutzheiliger der Leprakranken gilt. Auf Beschluss des Senats der Lagunenstadt sollte das Hospiz nun aber doch wieder zurück in die Stadt. Man erwarb dafür eine freie Fläche direkt neben der Scuola Grande di San Marco und begann 1601 mit dem Bau des

Ospedale di San Lazzaro

das es ja eigentlich bereits ab 1224 war, manche sprechen auch von 1182. Heutzutage wird das Wort „Ospedale“ gleichgesetzt mit Krankenhaus. Damals ging der Begriff aber weit über „nur“ Krankenhaus hinaus. Zu dieser Zeit war es neben der Versorgung für Kranke, gleichzeitig auch ein Hospiz. Aber nicht nur das, es diente ebenso als Waisenhaus und für Menschen die ihren Unterhalt durch Betteln bestritten. Auch diese fanden im Ospedale San Lazzaro eine offene Türe, was der Einrichtung den Zusatznamen „dei Mendicanti“ = der Bettler einbrachte.

Wie beim Ospedale Santa Maria della Pietà war es aber nicht nur so eine Bleibestätte für die Waisenkinder, vorwiegend  Mädchen wurden hier aufgenommen. Für die Jungs gab es andere Häuser. Diese Ospedali, insgesamt gab es vier in Venedig, waren auch für die musikalische Ausbildung der Mädchen zuständig. Man könnte sie in heutiger Zeit als Musikschulen oder Musikkonservatorien bezeichnen. Namhafte Größen waren für die musikalische Ausbildung zuständig. So unterrichtete hier der Vater von Antonio Vivaldi, Violinist am Markusdom, von 1689 bis 1693 an der Violine. Sein Sohn, Antonio Vivaldi war am Ospedale Pietà zuständig. Großartige Chöre und Orchester brachten die Ospedali hervor, und es war ein Geben und Nehmen. Über Konzerte finanzierten sie sich. Das alles war jedoch vorbei, als die Republik Venedig unterging. Wenn man bedenkt, dass in der Hochzeit des Ospedale San Lazzaro rund 100 Kinder und 400 Erwachsene hier eine Bleibe hatten, fehlte dann von jetzt auf gleich eine wichtige Einrichtung in Venedig.

Unter napoleonischer Herrschaft wurden dann die Mönche vertrieben, der gesamte Komplex, zu dem auch die nebenstehende Scuola Grande di San Marco zählt, wurde in ein Krankenhaus umgewandelt.

Der Bau der Kirche San Lazzaro

wurde ebenfalls 1601 begonnen. Da die Einrichtung von einem Orden betrieben wurde, war klar, dass hier eine Kirche dazugehört. Vincenzo Scamozzi entwarf die Kirchenpläne. Er soll bei Antonio Palladio, dem bedeutendsten Architekt der Renaissance in die Schule gegangen sein, und nach dessen Tod einige seiner unvollendeten Bauten fertiggestellt haben. Ihr werdet ihm in manchen meiner Berichte noch begegnen, viele Bauten in und um Venedig tragen seine Handschrift. Trotzdem kam er nie an den Ruf seines Lehrmeisters ran. Die Fertigstellung seiner Pläne für die Kirche San Lazzaro sollte er nicht mehr erleben, er starb am 07. August 1616, die Kirche wurde erst 1631 fertig. Geweiht wurde sie fünf Jahre später.

Heute gehört die Kirche zum größten Krankenhauskomplex der Stadt, dem Ospedale Civile SS. Giovanni e Paolo di Venezia. Wie ich bei meinen Recherchen lesen konnte, ist es wirklich ein Glückstreffer, dass wir die Kirchentüre geöffnet vorfanden. Sie soll hauptsächlich Trauergottesdiensten vorbehalten, und ansonsten geschlossen sein. Ich konnte in Venedig mehrfach dem traurigen Akt nach einem solchen Gottesdienst beiwohnen – der Sarg mit dem Verstorbenen wird auf einer fahrbaren Trage behutsam über das Pflaster zum Boot geschoben, welches ihn dann zur Friedhofinsel bringt.

Jetzt kommt mit ins Innere, zu

meiner Innenbesichtigung der Kirche San Lazzaro dei Mendicanti in Venedig

die mit der

Innenansicht der Kirche San Lazzaro dei Mendicanti in Venedig

dann doch ganz abrupt beendet wird. Aber schaut erstmal ….

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Denn die Freude der geöffneten Türe wurde durch die freundliche Aufforderung, die Kirche jetzt zu verlassen, beendet. Zum Glück reichen meine Italienischkenntnisse soweit, dass ich fragen konnte ’nur zur Mittagspause?‘ und wann wieder geöffnet wird. Abermals war das Glück auf unserer Seite, denn es wurde nur zur Mittagspause geschlossen, die allerdings dann doch drei Stunden dauerte.

Ja, ich könnte euch über die Öffnungszeiten von Kirchen viele Stories erzählen: in Florenz hatten wir dank der abartigen Hitze im Mai 2022 nur zwei Besichtigungspunkte auf dem Zettel, u.a. eine große Kirche. Nachdem wir gerade mal ein Drittel der Kirche gesehen hatten, wurden alle Besucher zum Ausgang gebeten – Gottesdienst. Okay, schauen wir uns eben in Ruhe die Vorhalle an. Zur ‚Wache‘ stand ein Pater an der Kirchentüre, es kam nur rein, wer zum Gottesdienst wollte (ist ja auch okay so). Nach einer langen Weile, mittlerweile wurde die Schar der Wartenden größer, kramte ich mein Italienisch zusammen und fragte, wann denn dieser Gottesdienst beendet wäre. (Man könnte sich ja ansonsten in der Zwischenzeit eine Kaffeepause gönnen.) Pech gehabt, nach diesem Gottesdienst, kommt nochmal ein Gottesdienst, und dann wird zur Mittagspause geschlossen. Also haben wir versucht die Zeit mit der Suche nach Reisemitbringsel zu überbrücken, was aber bei 39 Grad im Schatten auch nicht wirklich Freude hervorruft. Eine Stunde vor Öffnung sind wir dann von den heißen Stufen in der Nähe der Kirche aufgestanden und haben abgebrochen.

Ganz so schlimm mit der Hitze war es jetzt Mitte Oktober in Venedig nicht mehr. Und wir hatten noch einiges in der direkten Nähe auf unserem Besichtigungszettel. Einem Kaffeepäuschen waren wir auch nicht abgeneigt. Und so geht jetzt meine Besichtigung nach der Mittagspause weiter.

Wir waren bei unserem erneuten Aufenthalt über den Jahreswechsel 2023/2024 per Zufall nochmal an der Kirche und haben wieder in die Glückstrommel ‚geöffnete Türe‘ gegriffen. Wundert euch also deshalb nicht, wenn ihr bei meinen Fotos auch eine Weihnachtskrippe seht. Ich habe den Bericht um diese Fotos ergänzt.

Der Hauptaltar in der Kirche San Lazzaro dei Mendicanti in Venedig

verehrt im Altarbild den Namensgeber der Kirche. „Die Auferweckung des Lazarus“ hat 1857 Giovanni Fino gemalt.

Aus dem Leben des Hl. Lazarus

Kaum ein anderer Heiliger, als der Hl. Lazarus hat mehr Legenden, die über ihn berichtet werden, als er. Und eigentlich könnt ihr euch aussuchen, welcher der beiden biblischen Gestalten jetzt gemeint ist? Im Altarbild wird die Auferstehung des Lazarus gezeigt – das wäre „Lazarus von Bethanien“. Als Namensgeber für das Ospedale, die sich auch für die Armen und Bettler zuständig sahen wäre „der arme Lazarus“ gemeint gewesen. Dementsprechend wird dann auch in zwei Evangelien über ihn berichtet: im Lukasevangelium wird über den kranken und armen Lazarus berichtet, der vor der Tür eines reichen Mannes um die Abfälle des Essens bittet.

Nach dem Johannesevangelium sind Jesu und Lazarus und seine Schwestern Martha und Maria Freunde. Nachdem Lazarus in der Abwesenheit Jesu gestorben war, und dieser an sein Grab in einer Höhle geht, lässt Jesu den Stein vor der Höhle wegwälzen. Auf seinen Ruf ‚Lazarus, komm heraus‘ soll dieser lebendig das Grab verlassen haben. Wenn ihr mehr wissen wollt, könnt ihr HIER nachlesen.

Vor dem Hauptaltar befindet sich eine große Grabplatte, bei der ich im ersten Moment dachte: wow, hier ist ein Papst begraben? Das täuscht, denn es ist

die Grabplatte der Mutter von Papst Clemens XIII. in der Kirche San Lazzaro dei Mendicanti in Venedig

Warum hat sie in dieser Kirche so eine große Grabplatte? Und dazu noch direkt vor dem Hochaltar? Und warum wird dann der Name des Papstes größer geschrieben, als der seiner Mutter? Fragen über Fragen.

Ich bin ja neugierig, aber so sehr ich auch gesucht habe, ich habe keinen Bezug ‚Grabplatte – diese Kirche‘ gefunden. Aber Fakt ist nunmal, dass Vittoria Barbarigo-Rezzonico aus einer der ältesten und reichsten Familien der Republik Venedig stammt. Sie hat den wohlhabenden Kaufmann Giovanni Battista Rezzonico geheiratet. Was für ihre Herkunftsfamilie gilt, sollte jetzt auch für ihre neue Familie so sein. Damals konnte man sich noch für eine großzügige Geldzahlung ins Libro d’Oro, in das Goldene Buch eintragen lassen. Und damit wurde man in das Patriziat von Venedig aufgenommen. Am Canal Grande haben sie einen prachtvollen Palast, den Palast Ca‘ Rezzonico erstellen lassen. Ihr könnt ihn in meinem Bericht besuchen.

Der Sohn der beiden, Carlo Rezzonico, studierte in Padua, und wurde 1743 zum Bischof von Padua ernannt. Am 6. Juli 1758 wurde er zum Papst gewählt und nahm den Namen Clemens XIII. an. Clemens ist 1769 in Rom verstorben.

grabplatte mutter papst clemens XIII. kirche san lazzaro venedig 4140
papst clemens XIII.palazzo ca rezzonico venedig 9317

So richtige Seitenkapellen findet man in der Kirche nicht, dafür gibt es aber vier

Seitenaltäre in der Kirche San Lazzaro dei Mendicanti in Venedig

die ich mir jetzt genau anschaue. Ich beginne nach dem Eingang auf der rechten Seite mit dem

Altar „Kreuzigung“ von Paolo Veronese in der Kirche San Lazzaro dei Mendicanti

An Weihnachten war vor diesem Altar eine kleine, aber feine Krippe aufgebaut. Eigentlich kommen die ganzen Künstler ja meist unter einem anderen Namen auf die Welt. Er, einer der bedeutendsten Maler der Spätrenaissance nahm seinen zweiten Namen nach seiner Geburtsstadt Verona an. Auch ihm wird man in Venedig oft begegnen, u.a. in seinen Hauptwerken in der Kirche San Sebastiano im Sestiere Dorsorduro.

Gleichzeitig ist dieser Altar auch

die Grabkapelle für die Brüder Cappello in der Kirche San Lazzaro Venedig

ist. Nicolò Cappello gab den Altar in Auftrag. Baldassare Longhena hat die Denkmäler geschaffen. Die Familie zählte zu einer der ältesten Adelsfamilien von Venedig. 

Aber nicht nur das, sie bekleideten Regierungs- und Militärämter. U.a. war er sechzehn Jahre lang Gouverneur der Mendicanti. Zweimal wurde er zum Präsidenten des Krankenhauses gewählt. Kein Wunder, dass man in der dazugehörigen Kirche einen Ehrenplatz bekommt, samt seiner Brüder.

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Der nächste

Seitenaltar „Verkündigung“ von Salviati in der Kirche San Lazzaro Venedig

ist ebenfalls eine Grabkapelle. Salviati wurde als Giuseppe Porta 1520 geboren. Was soll ich groß über ihn schreiben. Ich konnte eine Beschreibung über ihn finden, die alles aussagt.

Giuseppo Porta 

aus Castel Nuovo della Carfagnana war ein Schüler von Francesco Salviati, der aus Respekt vor seinem Meister auch Giuseppo Salviati genannt wurde.“ Dieser junge Mann wurde im Jahr 1535 von seinem Onkel, dem Sekretär von Monsignore Onofrio Bartolini, dem Erzbischof von Pisa, nach Rom gebracht und bei Salviati untergebracht, bei dem er in kurzer Zeit nicht nur sehr gut zeichnen lernte, sondern auch hervorragend färben. . Nachdem er dann mit seinem Herrn nach Venedig gegangen war, lernte er die Herren so gut kennen, dass er, nachdem er dort zurückgelassen worden war, erkannte, dass er diese Stadt zu seiner Heimat machen wollte; und so hat er dich geheiratet, er hat immer dort gelebt und an kaum einem anderen Ort als in Venedig gearbeitet. Auf dem Campo di S. Stefano bemalte er bereits die Fassade des Hauses der Loredani mit Geschichten, die in Fresken sehr vage und auf wunderschöne Weise koloriert waren. Er malte in ähnlicher Weise das von Bernardi in San Polo und ein weiteres hinter San Rocco, was ein sehr gutes Werk ist. Er gestaltete drei weitere sehr große Hell-Dunkel-Fassaden mit verschiedenen Geschichten: eine in San Moisè, die zweite in San Cassiano und die dritte in Santa Maria Zebenigo. In ähnlicher Weise malte er in einem Ort namens Treville in der Nähe von Trevisi den gesamten Palazzo de‘ Priuli mit Fresken, ein reiches und sehr großes Gebäude innen und außen; Welches Gebäude wird im Leben von Sansovino angemessen besprochen? In Pieve di Sacco schuf er eine sehr schöne Fassade; und in Bagnuolo, dem Ort der Mönche von Santo Spirito von Venedig, malte er eine Tafel in Öl; und für dieselben Väter baute er die Bühne oder den Dachboden ihres Refektoriums im Kloster Santo Spirito mit einem Abschnitt voller gemalter Bilder und einem wunderschönen Abendmahlssaal im Hauptkopf. Im Markuspalast malte er die Sibyllen, die Propheten, die Kardinaltugenden und Christus mit den Marien im Dogensaal, die ihm unendlich gepriesen wurden. Und in der bereits erwähnten Bibliothek von San Marco malte er zwei große Geschichten, in Konkurrenz zu den anderen Malern Venedigs, von denen wir oben gesprochen haben. Als er nach dem Tod von Francesco von Kardinal Emulio nach Rom berufen wurde, beendete er eine der großen Geschichten, die sich in der besagten Halle der Könige befinden, und begann eine andere; und danach, nach dem Tod von Papst Pius IV., kehrte er nach Venedig zurück, wo ihm die Signoria den Auftrag gab, eine Plattform voller Ölgemälde im Palast zu bemalen, die sich am oberen Ende der neuen Treppe befindet. Derselbe Mann malte sechs sehr schöne Ölgemälde: eines in San Francesco della Vigna, am Altar der Madonna; der zweite in der Kirche der Servi am Hochaltar; der dritte in Fra‘ Minori; der vierte in der Madonna dell’Orto; der fünfte in San Zacaria und der sechste in San Moisè; und er fertigte zwei in Murano an, die wunderschön sind und mit viel Fleiß und schöner Art und Weise hergestellt wurden. Über diesen Giuseppe, der noch lebt und sich zu einem ganz Großen entwickelt, möchte ich vorerst nichts weiter sagen, außer dass er neben der Malerei auch er schenkt der Geometrie große Aufmerksamkeit; und von seiner Hand ist die Volute des ionischen Kapitells, die heute in gedruckter Form zeigt, wie sie nach dem alten Maß gedreht werden sollte; und bald muss ein Werk ans Licht kommen, das Dinge der Geometrie komponiert hat.»

Giorgio Vasari

Florentiner Maler und Architekt des 16. Jahrhunderts, aus "Das Leben der bedeutendsten Maler, Bildhauer und Architekten"

Auf der linken Seite direkt nach dem Eingang ist

der Altar „Die Ankunft der Hl. Ursula und der 11.000 Jungfrauen in Köln“ in der Kirche San Lazzaro in Venedig

Jacopo Tintoretto hat dieses Gemälde, das zunächst in einer anderen Kirche war, gemalt. Tintoretto begegnet man in Venedig auch in vielen Objekten. Wirklich sehenswert ist ’seine‘ Pfarreikirche Madonna dell‘ Orto im Sestiere Cannaregio. Hier hat er große Altarbilder gemalt und fand gemeinsam mit zwei seiner Kinder seine letzte Ruhestätte.

Auch dieser Seitenaltar dient als Grabkapelle für einen der Wohltäter des Ospedale, Biava, dem ihr im Vorraum schon begegnet seid.

Da ich bislang in all unseren besuchten Kirchen noch nie mit der Hl. Ursula konfrontiert wurde, hab ich ein bisschen nachgelesen.

Wer war die Hl. Ursula von Köln?

Ob die Hl. Ursula von Köln wirklich gelebt hat, oder ob sie nur eine Legendenfigur ist, kann nicht mit Sicherheit gesagt werden. Auch ist nicht eindeutig belegt, ob es nun 11 oder durch einen Schreibfehler 11.000 Jungfrauen waren.

Ich hab mir mal eine Legende herausgegriffen: Ursula war mit Mutter und Schwester, nachdem sie vom Papst Siricius in Rom empfangen worden war, auf der Rückreise nach Köln. Die Jungfrauen schlossen sich ihr an, sollten sie doch in Köln getauft werden. Jetzt waren auf dem Schiff aber auch zwei römische Herren, die mit dem Christentum nichts am Hut hatten. Sie hatten es eher auf die Jungfrauen abgesehen – vergebens. So sollen sie die Hunnen dazu bewegt haben, Ursula mit den Jungfrauen bei der Ankunft in Köln zu überfallen und zu töten. Ursula soll als letzte am Leben gewesen sein. Der Hunnenfürst wollte sie für sich gewinnen, was aber von Ursula verweigert wurde. Das war auch das Todesurteil für Ursula, sie wurde mit einem Pfeil erschossen. Nun sollen die Jungfrauen in Form von 11.000 Engel vom Himmel gekommen sein und zur Strafe die Hunnen aus der Stadt getrieben haben.

Wenn ihr mehr über die Märtyrerin nachlesen wollt, dann klickt HIER.

Nummer vier – 

der Altar „Die hl. Elena verehrt das Kreuz“ in der Kirche San Lazzaro dei Mendicanti

wurde von Giovanni Francesco Barbieri, den man auch unter dem Namen il Guercino kennt, gemalt. Der Maler hat sich durch seine Arbeiten einen Ruf von internationaler Reichweite geschaffen. Mehrere regierende Fürsten aus ganz Europa wollten ihn beauftragen, doch Guercino lehnte ab. Er war im 17. Jahrhundert einer der bekanntesten und erfolgreichsten Maler. Aufzuzählen, wo seine Werke überall zu bewundern sind, würde dauern. Wenn ihr mehr über ihn lesen möchtet, dann klickt einfach HIER.

Die Hl. Elena, Mutter des Kaisers Konstantin des Großen, zählt zu einer der bedeutendsten Frauengestalten in der Spätantike. Dass sie hier mit einem Kreuz dargestellt wird, beruht auf einer Legende, dass sie das wahre Kreuz und weitere Reliquien gefunden hätte. Diese hätte sie von Jerusalem nach Rom mitgebracht. In Rom, in der Pilgerkirche Santa Croce in Gerusalemme sind Teile dieser Reliquien zu sehen. (Ergänzung November 2023: Wir haben bei unserer Romreise diese Kirche besucht und die Reliquien gesehen. Bleibt meinem Reiseblog treu, und ihr könnt zu dieser Kirche hier nachlesen.)

An der Stelle sei erwähnt, auch wenn es mal wieder länger in einem Bericht bei mir dauert – die Zusammenhänge einzelner Sehenswürdigkeiten oder Heiligen mit bereits von uns besuchten Orte sind einfach zu spannend, um dass ich sie euch verschweigen könnte.

Die Orgel und Sängertribünen in der Kirche San Lazzaro dei Mendicanti in Venedig

sind geschickt an der Seite hinter Abtrenngitter kaum wahrnehmbar. Irgendwie habe ich sie deshalb glatt übersehen 🤔😉

Nicht übersehen kann man aber auf einer Seite eine ganze Reihe von Köpfen –

das Denkmal für die Brüder Mora in der Kirche San Lazzaro dei Mendicanti in Venedig

Wer hat da von wem abgekupfert? Denn das Denkmal für die Cappello Brüder sieht fast gleich aus. Kein Wunder, ebenfalls Baldassare Longhena hat es entworfen. Die Vita der beiden Brüderfamilien ist aber beileibe nicht die Gleiche.

So stammt die Familie Mora aus keinem venezianischen Adelsgeschlecht. Aber da wurde finanziell ein bisschen nachgeholfen, dass man dazugehörte. Wenn man dann noch geschickt heiratet, so wie Bartolomeo, dann steigt man die gesellschaftliche Leiter noch ein bisschen höher. Er war als einziger der drei auch mit dem Ospedale in Funktionen verbandelt.

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Vermutlich kommt es dieser Kirche nicht gerecht, wenn ich jetzt sage ‚das Beste kommt zum Schluss‘? Aber

das Denkmal von Alvise Mocenigo in der Kirche San Lazzaro dei Mendicanti in Venedig

ist einfach so unübersehbar groß und detailreich, dass man es als Highlight der Kirche zählen kann.

In der Mitte, der, dem das Denkmal gewidmet ist –

Admiral Alvise Mocenigo (1584-1654)

Unter seiner Führung war z.B. die Republik Venedig bei der Seeschlacht um Candia dabei. Die letzte Schlacht die die Serenissima um die Belagerung von Kreta gegen die Türken ausgetragen hat. Bei dem letzten Kampf war Mocenigo jedoch nicht mehr dabei. Als die Türken mit der Belagerung begannen, gelang es Venedig zunächst, den Nachschub der Osmanen über die Dardanellen abzufangen, blockierte die Meerenge um einen weiteren Nachschub zu verhindern. Dann gelang den türkischen Flotten jedoch ein Durchbruch. Ich meine, 76 Schiffe gegen 26 der Venezianer, wie soll man da gewinnen? Auch das Schiff des Admirals Alvise Mocenigo wurde getroffen. Es sank kurze Zeit später, mit ihm die Besatzung und der Admiral.

Bei den Mocenigos bin ich ja nicht so richtig durchgestiegen bei dem ‚Who is who“. Es war ja wirklich eine der angesehensten Familien von Venedig, zwar irgendwie verschachtelt, aber immerhin kamen da sieben Dogen hervor. Und da war einer darunter, auch ein Doge, der keine Nachkommen hatte – Alvise Mocenigo, verstorben 1577. Seine Brüder bekamen sein Erbe, aber mit der Auflage, dass deren männliche Nachkommen alle den Namen Alvise erhalten sollen. Es wurde dann durchnummeriert, so wie es an Königshäusern auch Sitte war. Wo jetzt der Admiral dazugehört – beim besten Willen und nach langer Recherche, ich hab nix gefunden. Weiß es jemand von euch?

Guiseppe Sardi gestaltete das große Denkmal, das über die gesamte Eingangsfassade reicht. Es zeigt im linken Relief die Schlacht um Candia, rechts die Seeschlacht bei der Insel Paros. In der Mitte der Admiral Mocenigo. Er selbst hat wohl in einem Testament veranlasst, dass für die Nachwelt ein Gedächtnis an all diejenigen erhalten bliebe, die der Republik Venedig gedient haben. In sein Denkmal mussten zudem seine Tugenden, die ‚Gerechtigkeit‘ und die ‚Tapferkeit‘, die in den Reliefs als Skulpturen zu finden sind. Das gesamte Denkmal wurde aus Carrara-Marmor gefertigt, die Säulen die dem Gesamtbild eine Unterteilung geben, sind aus grünem Marmor.

Übrigens hat Johann Wolfgang von Goethe auf seiner Italienreise der Kirche auch einen Besuch abgestattet.

Johann Wolfgang v. Goethe sagt zu seinem Besuch in der Kirche San Lazzaro dei Mendicanti in Venedig

„Den Plan in der Hand suchte ich mich durch die wunderlichsten Irrgänge bis zur Kirche der Mendicanti zu finden. Hier ist das Konservatorium, welches gegenwärtig den meisten Beifall hat. Die Frauenzimmer führten ein Oratorium hinter dem Gitter auf, die Kirche war voll Zuhörer, die Musik sehr schön, und herrliche Stimmen. Ein Alt sang den König Saul, die Hauptperson des Gedichtes. Von einer solchen Stimme hatte ich gar keinen Begriff; einige Stellen der Musik waren unendlich schön, der Text vollkommen singbar, so italienisch Latein, daß man an manchen Stellen lachen muß; die Musik aber findet hier ein weites Feld.

Es wäre ein trefflicher Genuß gewesen, wenn nicht der vermaledeite Kapellmeister den Takt mit einer Rolle Noten wider das Gitter und so unverschämt geklappt hätte, als habe er mit Schuljungen zu tun, die er eben unterrichtete; und die Mädchen hatten das Stück oft wiederholt, sein Klatschen war ganz unnötig und zerstörte allen Eindruck, nicht anders als wenn einer, um uns eine schöne Statue begreiflich zu machen, ihr Scharlachläppchen auf die Gelenke klebte. Der fremde Schall hebt alle Harmonie auf. Das ist nun ein Musiker, und er hört es nicht, oder er will vielmehr, daß man seine Gegenwart durch eine Unschicklichkeit vernehmen soll, da es besser wäre, er ließe seinen Wert an der Vollkommenheit der Ausführung erraten. Ich weiß, die Franzosen haben es an der Art, den Italienern hätte ich es nicht zugetraut, und das Publikum scheint daran gewöhnt. Es ist nicht das einzige Mal, daß es sich einbilden läßt, das gerade gehöre zum Genuß, was den Genuß verdirbt.“

Johann Wolfgang v. Goethe

aus seiner Italienreise vom 03. Oktober 1786

Es hat halt doch wieder mal länger gedauert. Jetzt machen wir uns aber auf Richtung nächster Kirche. Mal sehen, was uns dort erwartet. 

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