Die Kirche Santa Maria dei Miracoli im Sestiere Cannaragio ist der erste Kirchenbau der Renaissance in Venedig und kann mit noch weiteren Alleinstellungsmerkmalen trumpfen.

Der frühe Vogel fing heute den Wurm. Schon ganz früh ging es heute in die Stadt, immerhin müssen wir die 30 Minuten Tramfahrt von unserer Ferienwohnung in Mestre auch noch einkalkulieren. Das Museo Correr, also das große Städtische Museum von Venedig am Markusplatz war heute unser Hauptziel. Ich wusste nur – groß und umfangreich was es da zu besichtigen gibt. Bei solchen Zielen sind wir lieber immer früher los, um gleich bei Öffnung im Museum zu sein. Schließlich möchte ich ja ausgiebig, ohne schmückendes Beiwerk von Menschen, meine Eindrücke mit meiner ‚Emma‘ festhalten. Als wir nach gut zwei Stunden wieder auf dem Markusplatz standen, war das weitere Tagesprogramm mit ‚treiben lassen‘ übertitelt. Ja, okay – ich geb es zu, geplantes Treiben lassen war es 😉

Das erste Ziel war aber erstmal eine ausgiebige Kaffeepause. Wir haben sehr schnell nach dem ersten Tag in Venedig so richtig Gefallen an diesen Kaffeepausen gefunden. Für uns ist Venedig ein kulinarisches El-Dorado geworden, und wie wir finden, ein günstiges noch dazu. Man muss sich dazu nur in die Seitengassen hineintreiben lassen. In diesen 4 Wochen in Venedig haben wir 26 von unzählig vielen kleinen Cafés, Bars oder Trattorias ‚getestet‘. Dolce vita pur – das gab es an diesem Tag dann auch gleich zweimal. Denn als wir durch die Gassen von San Marco im Sestiere Cannaregio und bei unserem Ziel der Kirche Santa Maria dei Miracoli angekommen waren, gab es erstmal wieder den berühmten Griff in die Glückstrommel – Kirche noch während der Mittagspause geschlossen.

Egal, auf dem Campo Santa Maria Nova kam uns das kleine Cafè Ai Miracoli gerade richtig, um die Wartezeit bis zur Öffnung der Kirche zu überbrücken. Wir sind ja schließlich im Urlaub und sind ohne Eile unterwegs. Das war dann so ein Plätzchen, wo ich tatsächlich die Zeit hätte vergessen können. Ich gebs ja zu, ich beobachte gerne Leute (wer tut das nicht?). Hier waren es aber die Tauben, die sich um die Krümel auf den Teller gestritten haben. So ein ums andere Mal musste der Kellner sehr schnell rennen, um sein Geschirr (vor allem die Gläser) vor einem Aufprall auf dem Boden zu retten. In Venedig ist es bei Strafe verboten, Tauben zu füttern. Sie suchen sich dann halt ihr Futter am Tisch der Menschen. Auch wenn Emma und ich es versucht haben, das Gerangel der Tauben um den besten Krümel einzufangen, haben wir nicht geschafft, das Geschehen unverwackelt aufs Bild zu bekommen 😀 😀  Da ging es bei einer Taube schon besser 😉 Ich muss euch das einfach zeigen ….

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Kommt jetzt mit zu

meiner Besichtigung der Kirche Santa Maria dei Miracoli in Venedig

die natürlich wie immer mit der

Außenansicht der Kirche Santa Maria dei Miracoli in Venedig

beginnt. Hier kann die Kirche mit zwei Alleinstellungsmerkmalen trumpfen. Zum einen ist es in Venedig eine von ganz wenigen Kirchen, die frei steht. Meist sind die Kirchen in Venedig entweder komplett an die anderen Häuser angebaut, oder grenzen zumindest mit einer Seite an andere Gebäude. Das ist hier nicht – würde man eine Front schwimmen, dann könnte man rund um die Kirche gehen. Das zweite Merkmal ist die Außenfront, die man in Venedig tatsächlich nur einmal so vorfindet – sie ist völlig mit Marmor verkleidet. Allein schon das macht neugierig sie dann auch im inneren zu sehen.

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Bevor ihr mein „Wow“ zum Inneren der Kirche bekommt, gibt es erstmal

ein bisschen Geschichte zum Bau der Kirche Santa Maria dei Miracoli in Venedig

die ins Jahr 1408 zurückgeht. Graf Francesco Amadi gab 1408 Zanino di Pietro den Auftrag, er solle ein Marienbild als Bildnis für eine Hausfront malen. Es ist in Italien ja auch in anderen Städten nichts ungewöhnliches, dass Marienbilder oder Statuen an Hausfronten angebracht werden. In Florenz sieht man sie in jeder Straße zigfach. In Venedig muss man schon ein bisschen Ausschau halten. Das Votivbild wurde hoch verehrt, bis man ihm 1480 ein Wunder zusprach. Man kann sich vorstellen, dass die Verehrung des Bildes weiter zunahm. Es brauchte also eine würdige Stätte für das Marienbild, und so beschloss die Familie Amadi (auch auf Drängen des Senats von Venedig) – das Bild bekommt eine kleine Kirche.

Viele Kirchen werden im Lauf der Zeit zu klein, so auch diese kleine Kirche. Um an dieser Stelle aber eine größere Kirche zu bauen, mussten zuerst einige Häuser abgerissen werden. Aus Spendengelder wurde 1480 mit dem Bau der neuen Kirche begonnen. Gleichzeitig mit der Kirche, so befahl der Papst, solle aber auch ein Kloster für die Franziskanerinnen errichtet werden. Pietro Lombardo erhielt den Auftrag zum Kirchenbau.

Wer war Pietro Lombardo?

Pietro Lombardo, 1435 in der Schweiz geboren, wurde zum Baumeister ausgewählt. Er ist in Venedig kein Unbekannter, man begegnet ihm z.B. bei Altären im Markusdom. In der Kirche SS Giovanni e Paolo gestaltete er Grabmäler für zwei Dogen. Kurzzeitig machte er einen Abstecher nach Ravenna, wo er Arbeiten am Grabmal Dantes fertigte. Man begegnet ihm auch bei der Scuola Grande di San Marco, wo er am Bau mitbeteiligt war. Lombardo setzte sich mit seinem ersten Renaissancebau noch gegen die die Gotik ein Zeichen. Die war zu dieser Zeit in der Stadt noch durchaus lebendig.

1489 konnte die Kirche zu Ehren der Madonna geweiht werden, die am letzten Tag dieses Jahres in der Kirche einziehen konnte.

Da noch Geld zur Verfügung stand, ging man dann an die Außengestaltung der Kirche. Bei der konnte man dann großzügig die Außenfassade mit Marmor aus Carrara, Verona oder Griechenland verkleiden. Es ist die einzige Kirche in Venedig, die völlig in Marmor eingehüllt ist. Natürlich kann aus diesen frühen Jahren nichts für die Ewigkeit halten. Auch die Kirche Santa Maria dei Miracoli durfte ab 1883 Restaurationsarbeiten über sich ergehen lassen.

Die Fassadengestaltung mit Marmor, setzt sich dann im Inneren der Kirche fort.

Die Innenansicht der Kirche Santa Maria dei Miracoli in Venedig

übersetzt „die Kirche der wundertätigen Madonna“ darf auf den ersten Blick erstmal sacken. Die einschiffige Kirche ohne Säulen, ohne Seitenschiff und Seitenaltäre lenkt das Augenmerk der Besucher auf die Hauptperson der Kirche.

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Die ‚Hauptperson‘ der Kirche, die Madonna mit dem Kind, hat ihren Ehrenplatz erhöht auf dem

Altar in der Kirche Santa Maria dei Miracoli in Venedig

bekommen. Rechts und links der wundertätigen Madonna stehen der Hl. Petrus und der Hl. Antonius. Beide Statuen wurden zwischen dem 16. und 17. Jahrhundert gefertigt. 

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Eine Kanzel findet man in dieser Kirche vergebens.

Der Ambo in der Kirche Santa Maria dei Miracoli in Venedig

ist aber trotzdem erhöht im Presbyterium. Auf jeder Seite des Altars ein Ambo, an dem das Wort Gottes verkündet wird. Wer nicht die Möglichkeit hat, die herrliche Kirche vor Ort anzuschauen, dem hole ich die Besonderheiten der Amben, die sich jeweils seitlich des Treppenaufgangs mit den 14 Stufen zum Altar befinden, ein bisschen näher. 

Ein Adler ziert jeweils das Pult. Jeder Treppenaufgang zeigt auf der Balustrade zu jeder Seite zwei Statuen, die der Sohn des Baumeisters, Tullio Lombardo im 16. Jahrhundert für die Kirche gefertigt hat. Rechts vorne ist die Hl. Chiara zu sehen – ihr gegenüber unverkennbar der Hl. Franziskus. Im Hintergrund der Erzengel Gabriel und Mariä Verkündigung.

Die Hl. Chiara und der Hl. Franziskus zeigen sich in voller Größe noch jeweils unter dem Ambo. Wunderschön auch das Marmorrelief von Pietro Lombardo, das den Sockel im Altarraum ziert.  

Unbedingt muss der Blick auch in

die Kuppel über dem Presbyterium in der Kirche Santa Maria dei Miracoli in Venedig

Die vier Evangelisten schauen von oben auf das Geschehen im Altarraum. Ansonsten braucht es da keine weiteren Worte …

Fast könnte man versucht sein, die Kirche als ’schlicht‘ zu bezeichnen. Wenn man damit üppige und viele Seitenaltäre meint, dann trifft das zu 100% zu. Aber ich kann diese Kirche alles andere als ’schlicht‘ nennen. Für mich hat sie einen Touch von etwas edlem durch den Marmor – für die Muttergottes das Beste! Und manchmal bin ich wirklich dankbar, wenn man sich in einer Kirchenausstattung auf das Wesentliche konzentriert. Trotzdem gibt es noch weitere Blickfänge in der Chiesa.

Die Kassettendecke in der Kirche Santa Maria dei Miracoli in Venedig

Wer sich hier jetzt beobachtet fühlt, der liegt nicht falsch. Denn viele Heilige, Propheten und Patriarchen wurden so um 1528 von drei Künstlern in die Kassetten der Decke gemalt. Meine ‚Emma‘ freut sich immer, wenn sie mir alles näher ranzoomen darf 😀

Und noch einer Decke sollte man in der Kirche einen oder mehrere Blicke schenken.

Die Kassettendecke der Hochempore in der Kirche Santa Maria dei Miracoli in Venedig

Gleich nach dem Eingang und dem Kassenbereich der Kirche, sollte der Blick nach oben gehen.

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Die Kirche kostet eine kleine Eintrittsgebühr oder ist im Choruspass zur Besichtigung beinhaltet, aber ich finde, sie ist ein Muss bei den Kirchenbesichtigungen. Die Decke der Hochempore, die damals den Klarissinnen vom benachbarten Kloster vorbehalten war, ist eine Holzdecke von Ende des 16. Jahrhunderts. Auf diesen ‚Balkon‘ führte ein Durchgang (den gibt es heute nicht mehr) zum Kloster. Auch wenn viel vom Aussehen der Kirche dem Baumeister Pietro Lombardo oder seinen Söhnen zugerechnet werden kann, an dieser wunderschönen Holzdecke hatten andere Künstler aus dem Veneto ihre Hände dran.

Im mittleren Kassettenfeld ist die Madonna mit ihrem Kind dargestellt, links von ihr (in Blickrichtung Kircheninneres) wie noch weitere Male in der Kirche, der Ordensgründer der Klarissen, der Hl. Franziskus. Ich glaube zu ihm braucht man keine Erklärungen, jeder kennt ihn und seinen berühmten Sonnengesang. Wer doch mehr über ihn lesen möchte, der klickt bitte HIER.

Auch die Dritte hier im Heiligenbund findet man mehrfach in der Kirche. Die Hl. Chiara ist vom Eingang rechts an der Decke zu sehen. Sie ist keine andere als Klara von Assisi, im italienischen Chiara und Begründerin des Ordens der Klarissen.

Die einzigen Pfeiler in der Kirche stützen die Hochempore, und damit auch

die Orgel in der Kirche Santa Maria dei Miracoli in Venedig

dieser Blick darf natürlich bei keiner meiner Kirchenbesichtigungen fehlen. 

Der letzte Blick zurück in die Kirche, und wie es in den venezianischen Kirchen so üblich scheint, ist

das Kreuz in der Kirche Santa Maria dei Miracoli in Venedig

auch hier am Anfang der Kirche. Wunderschön ….

Bei einem Venedig-Besuch sollte man diese Kirche wirklich nicht außen vor lassen. 

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