Im Obergeschoss von San Lorenzo kann in der Bibliothek Laurenziana (Biblioteca Laurenziana) in Florenz die beeindruckendste Sammlung antiker Bücher von ganz Italien besichtigt werden. Die umfasst auch die wertvolle Sammlung der Medici Familie.

Als Hauptbesichtigungspunkt steht heute die Basilika San Lorenzo auf unserem Zettel. Da ich mich im Vorfeld schon ein bisschen schlau gemacht habe, ließ der Kirchenplan erahnen, dass wir möglicherweise genauso lange beschäftigt sind wie am Tag zuvor bei der Basilika Santa Maria Novella. Da waren wir nämlich fast drei Stunden mit der Besichtigung zugange. Okay, ich muss dazu sagen, bei uns dauert es ja auch immer ein bisschen länger als bei ’normalen‘ Besuchern. Denn mit Hinblick auf meinen Reise- und Fotoblog sind wir natürlich ausführlicher unterwegs.

Was wir aber bereits an Tag 2 unserer vier Wochen in Florenz feststellen durften – die Besichtigungstouren werden wir, so wie geplant, nicht durchführen können. Denn bei dieser Planung am schwäbischen Schreibtisch habe ich zum einen nicht geahnt, WAS für Kunstschätze uns tatsächlich in Florenz erwarten und zum anderen haben wir nicht diese Hitze erwartet, die uns in der Hauptstadt der Toskana freudig empfangen hat. Wir lagen permanent in diesen vier Wochen zwischen 30 und 39 Grad und Sonnenschein pur. Das Zauberwort dieser vier Wochen hieß deshalb ‚flexibel‘ sein und unser Leitsatz war ’soweit wir kommen‘. Auch wenn wir bereits früh am Vormittag aufgebrochen sind, irgendwann am Nachmittag war Ende. Die Speicher waren voll, wir waren gut aufgewärmt und wollten nur noch zurück zu unserer Wohnung auf Zeit in einem Vorort von Florenz.

Gut, dass die Besichtigung des Kirchenkomplexes von San Lorenzo am Vormittag anstand. Deshalb kann ich euch jetzt frisch und munter zu

meiner Besichtigung der Bibliothek Laurenziana (Biblioteca Laurenziana) in Florenz

mitnehmen. Diese liegt im Obergeschoss des zugehörigen Klosters zur Basilika San Lorenzo, der Hauskirche der Medici-Familie. Allein schon dies lässt erahnen, dass sie reich an Schätzen gefüllt ist.

Bevor es in den Eingangsbereich geht, gibt es vom Kreuzgang aus einen wunderschönen Blick über die Dächer hinüber zum Florentiner Dom und dem Campanile.

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Da der Besuch der Bibliothek nicht im Eintrittspreis der Basilika San Lorenzo enthalten ist, haben wir für den zusätzlichen kleinen Betrag von 3,50 € Einlass bekommen. Über den Kreuzgang erreicht man den Zutritt zum

Treppenaufgang in der Eingangshalle zur Bibliothek Laurenziana in Florenz

mit dem sich Michelangelo ein weiteres monumentales Denkmal setzte.

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Man kann anhand der Fotos und dem Blick nach oben schon erahnen, dass dort etwas wunderschönes auf die Besucher wartet. Während ich die Treppen nach oben gehe, bekommt ihr

ein bisschen Entstehungsgeschichte der Bibliothek Laurenziana in Florenz

die mit der Familie de Medici zu tun hat. Die Zeit, als die Basilika San Lorenzo aus einer kleinen Kirche ab 1420 zu einer großen Kirche wurde, ist schon lange vorbei. Es ist auch Geschichte, dass den Stifterfamilien, die den größeren Kirchenbau sponsern wollten, das Geld knapp wurde, und der Bau über 15 Jahre vor sich hindümpelte. Geht nicht, so in direkter Nachbarschaft des eigenen Familienpalazzos, das mag sich damals vielleicht Cosimo de Medici gedacht haben, als er die restlichen Kosten für die Fertigstellung übernahm. Die Kirche wurde, allein schon wegen dem (eigenständigen) Bau der Alten Sakristei als Grabkapelle für die Familie, zur Familienkirche des Medici-Clans. Und natürlich auch wegen der Medici-Kapelle auf der Rückseite des Kirchenkomplexes. Man sieht überall an den Häusern und Kirchen, wo sie die Finger mit im Spiel hatten, denn dann hängt ganz groß ihr Wappen.

300 Jahre war die Bankerfamilie eine DER einflussreichsten Familie in Italien, ja in ganz Europa. Wenn man es geschickt anstellt, kann man Geld wunderbar vermehren. Hast du viel, kannst du auch großzügig sein. Das waren sie auch, förderten Künstler und prägten die Renaissance in Florenz nachhaltig. Innerhalb der Familie wurden sie zu Großherzögen der Toskana, Päpste und zwei Damen wurden sogar Königinnen von Frankreich.

Ich geh nochmal in die frühe Zeit der Medici zurück, als Cosimo der Ältere an der Spitze der Familie stand. Seine Eltern (Giovanni di Bicci de‘ Medici und Frau) haben ihre letzte Ruhestätte in der Alten Sakristei von San Lorenzo. Cosimo hatte eine Schwäche für historische Schriften und erbte aus einer Freundschaft noch einige dazu. Man darf jetzt aber nicht glauben, dass der Wohlstand der Familie alle Freiheiten und Rechte ohne Probleme ermöglicht hat. Nein, nein, da wollten auch andere das Sagen haben. Es sollte eine neue Signoria gewählt werden, und da gab es natürlich einen Gegner für den Medici. Signoria (kommt von Herr – Signore) war damals die Regierung – ein Herr hatte das Sagen – und Signoria bezeichnete auch die Ratsversammlung. In Florenz regierte man damals, und auch heute noch, im Palazzo Vecchio an der Piazza Signoria, dem weltlichen Zentrum der Stadt.

Bei so einer Wahl unterlag Cosimo de Medici, wurde inhaftiert und er ging ins Exil nach Venedig, um von dort aus sein Unternehmen weiter voran zu bringen. Er durfte nach einigen Jahren wieder nach Florenz zurück und ich bin jetzt in der Zeit von Piero de Medici (Sohn von Cosimo), der bis dato aber nur als führende Bürger der Stadt regierte, durch seinen Reichtum bedingt. Schon da ging das ‚Gemauschel‘ der Ämter los – der Bruder von Piero wurde der erste Papst aus der Familie, und erhob seinen Neffen Lorenzo in den päpstlichen Adelsstand. Das Spiel der Macht ging weiter, die Medici mussten 1494 wieder ins Exil und mit ihrem Weggang wurde die Büchersammlung konfisziert, Größenordnung rund 600 wertvolle Handschriften. 1508 ging sie wieder in die Medici-Familie zurück und wurde vom Sohn von Lorenzo, Kardinal und später Papst, nach Rom gebracht.

Ich nenn diese Besitzwechsel ja immer das ‚Ringlein-Spiel‘, hier mit dem Unterschied, dass das Ringlein in der Hand der Familie verbleibt. Als Giuilio de‘ Medici, der Enkel von Piero de Medici, als Papst Clemens VII. in Rom agierte, war die Republik bereits in eine Monarchie umgewandelt worden. Clemens VII. brachte 1523/24 die wertvolle Büchersammlung seiner Familie wieder zurück nach Florenz und gab Michelangelo den Auftrag, über dem Kreuzgang in der Familienkirche eine Bibliothek dafür zu bauen. Für Michelangelo war es ein wichtiger Auftrag und bereits so um 1526 war der Rohbau vom Vorsaal und dem Bibliothekssaal fertig. Es hätte ja alles so schön laufen können, wenn …

Tja, wenn sich dann nicht 1527 der Sacco di Roma ereignet hätte. Rom, eine der reichsten Städte der Renaissance wurde eingenommen und geplündert. Ja, lieber Papst, da hast du wohl an der falsche Stelle gespart, er hatte nämlich Truppen entlassen und war gegen die Übermacht nicht verteidigungsfähig. Ihr könnt euch den weiteren Fortgang denken – der Papst wurde abgesetzt, die Medici wurden von den Florentiner aus der Stadt vertrieben und es wurde wieder eine Republik errichtet. Damit versiegte aber auch die Geldquelle für den Weiterbau der Bibliothek Laurenziana.

Aber die Medici wären nicht die Medici, wenn sie sich die Macht nicht wieder zurückholen würden. Clemens und der Feind Karl V. taten sich zusammen, und wollten mit der Belagerung von Florenz die Regierung wieder zurück bekommen. Michelangelo wurde beauftragt, San Miniato al Monte zu schützen, verließ aber dann die Stadt – und der Bau der Bibliothek war immer noch unvollendet. Man gab daraufhin die Planung Michelangelos an Giorgio Vasari und Bartholommeo Ammannati ab, und mit Hand in Hand-Arbeiten konnte die Bibliothek endlich 1571 eröffnet werden.

So, ich bin oben angekommen, und das erste, was mir beim Blick in den Saal auffällt, ist

die Decke in der Bibliothek Laurenziana in Florenz

die so um 1549 eingebaut wurden. Wahnsinn …

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Mein nächster Blick geht in die schier unendliche Tiefe des

Bibliothekarsaal der Bibliothek Laurenziana in Florenz

Über 46 Meter zieht sich dieser Raum, deren Wandseiten dem Eingangsbereich angepasst wurde. Der schmuckvolle Marmorboden gibt nur die Mitte zur Ansicht frei, der Rest wurde für die Besucher mit Teppichen ausgelegt. Am Boden wieder das ‚Semper‘, das Leitmotto von Piero: Stets.

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Ganz kurz sehe ich mich als Erstklässler in diese Art von Schulbänken zurückversetzt. Okay, unsere waren ein bisschen niedriger, als

die Lesepulte in der Bibliothek Laurenziana in San Lorenzo in Florenz

aber sie waren zu meiner Zeit auch aus Holz und mit schrägem Schreibpult. Die muss ich mir doch genauer anschauen. Das Prinzip der Lesepulte habe ich nach genauerem Hinschauen verstanden: In jeder Reihe werden zu einem speziellen Thema Bücher auf einer Tafel aufgelistet. Ist so quasi das Inhaltsverzeichnis dieses Lesepultes. Wer dann in einem dieser aufgelisteten Bücher lesen wollte, musste das aber in der jeweiligen Bank lesen, denn alle Bücher waren mit einer Kette an der Bank festgemacht.

Wollte man kurz in einem anderen Themengebiet nachlesen, so konnte man also nicht einfach das Buch mitnehmen, sondern musste die Bank wechseln. Ausleihen der Bücher ging also auch nicht.

Auch 

die Fenster im Lesesaal der Bibliothek Laurenziana in Florenz

bekommen unbedingt noch einen Blick. Man erkennt auch hier auf den ersten Blick, wem man den Bau der Bibliothek zu verdanken hat. Salopp würde ich sagen, die in Florenz (und da meine ich nicht nur die Medici-Familie) sind alle ein bisschen ehrenkäsig. Man muss offen, und dann noch mehrfach an einem Objekt, zeigen wer da als Geldgeber fungiert hat. In so geballter Art und Weise habe ich es bei unseren Besichtigungen z.B. in Prag nicht erlebt.

In den Fenster vereinen sich dann sämtliche aus der Familie, die bei dem Bau mitgewirkt haben: Piero mit seinem ‚Semper-Motto‘, Papst Clemens VII. taucht namentlich auf und der Steinbock ist das Symbol für Cosimo I.

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Durch eine Tür geht es direkt vom Lesesaal in

die Tribuna d’Elci in der Bibliothek Laurenziana in Florenz

Wow, wieder eine Kuppel, die der Kuppel in der Alten Sakristei in San Lorenzo ein bisschen ähnlich sieht. Aber nur ein bisschen, denn die Gestaltung ist mit den Blüten doch ganz anders, als die von Brunelleschi geschaffene Kuppel der Sakristei. Ich will’s ja immer genau wissen 😉 warum, für wen usw. So hab ich herausgefunden, dass dieser Kuppelsaal

Angelo Maria d’Elci

gewidmet ist. Er war italienischer Gelehrter und Bücherliebhaber, und man könnte ihn wie Cosimo als Sammler einordnen. 1751 in Florenz geboren, stammt er aus einer Adelsfamilie von Siena, und fühlte sich dem Malteserorden verbunden, ohne je ein Gelübde abgelegt zu haben. Nach seinen diversen Sprachenstudien und seinen Reisen durch Europa, kehrte er wieder nach Florenz zurück. Mit im Gepäck eine umfangreiche Büchersammlung, die er dem Großherzog, zu dieser Zeit Leopold II., bzw. dem Staat überließ.

Zum Dank ließ dieser für Elci von Architekt Poccianti diese Rotunde erbauen, die 1841 eingeweiht wurde. Anhand der immensen Schätze die die Bibliothek beherbergt, einige wurden zur besseren Erhaltung ausgelagert, wird klar, warum man diese in das Obergeschoss von San Lorenzo verlegt hat. Denn die Stadt ist mehrfach vom Hochwasser des Arno heimgesucht worden. In der Höhe sind sie eben viel besser geschützt. Bis etwa in die 1970er Jahre wurde der Raum als Lesesaal genutzt, heute nur noch für besondere Anlässe.

Man kann hier bereits erahnen, dass es eine reichhaltige Ausstattung geben muss. Hier

ein paar Zahlen zum Inventar der Bibliothek Laurenziana in Florenz

das eine der größten Manuskriptsammlungen der Welt darstellt, nämlich ca. 11.000. Dazu kommen etwa 120.000 gedruckte Exemplare ab dem 15. Jahrhundert. Rund 2.500 Papyri darf die Bibliothek ihr eigen nennen. Das sind Schriften, die auf Stoff aus dem Rohstoff der Papyrus Pflanze geschrieben wurden. Das ist aber noch lange nicht alles, was es zu sehen gibt. 

Neben vielen Büchern in diesem Raum, gibt es Astronomische Arbeiten, die von ca. 1570 stammen. Wie verhalten sich Saturn, Jupiter und Mars?

Dass die

Ausstellung in der Bibliothek Laurenziana in San Lorenzo in Florenz

noch ein bisschen mehr wurde, ist unter anderem auch

Angelo Maria Bandini

zu verdanken. 1757 wurde er zum Bibliothekar der Laurenziana, wie man sie einfachheitshalber nennt, ernannt. Der Autor und Bibliothekar war Stiftsherr und sammelte leidenschaftlich Bücher und Publikationen. Während seiner Amtszeit schaffte er es, die Sammlungen in der Laurenziana noch weiter zu vergrößern. Er erstellte eine Katalogisierung, die bis heute noch Gültigkeit hat. Denn ohne so ein System findet man ja ansonsten unmöglich ein Buch. Seine Arbeit war wohl so gut, dass bis 1803, bis zu seinem Tod, an seiner Organisation der Bibliothek nichts geändert wurde.

Bandini zog acht Jahre vor seinem Tod hinauf nach Fiesole, einem Hügel über Florenz. Wir haben den Besuch von Fiesole leider von unserem Ausflugsprogramm gestrichen, da wir aufgrund der Hitze mit den Besichtigungen in Florenz nicht so flott waren wie gedacht. Seine Sammlung hat er dem Bischof von Fiesole hinterlassen und ist jetzt in dem Museum des Örtchens.

Man könnte den Zugang zur Ausstellung fast übersehen. Aber das wäre wirklich jammerschade. Ich lass einen Teil der Ausstellungsstücke jetzt einfach wortlos an euch vorbeiziehen. Jedes einzelne ist einfach nur wunderschön und kostbar.

Ob diese Ausstellung eine Dauerausstellung ist, oder ob sich die Stücke wechseln – ich kann es euch nicht sagen.

Ja, wenn’s mal wieder länger dauert – wir sind immer noch weiter im Kirchenkomplex San Lorenzo unterwegs.

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