Die Stiftskirche Santa Maria Assunta in Casole d’Elsa wurde 1161 geweiht, und steht im Herzen der mittelalterlichen Hügelstadt.

Ich hätte sie allesamt abfahren können – die charmanten Hügelstädtchen in der mittleren Toskana. Aber dafür hätten die vier Wochen in unserem Langzeiturlaub nicht ausgereicht. Zudem gibt es ja noch ganz viele andere interessante Besichtigungsziele in der Toskana. Mit diesen haben wir den heutigen Vormittag an unserem ersten Ausflugstag begonnen – die Kirche ohne Dach, San Galgano stand mit dickem Ausrufezeichen auf dem Ausflugsplan, ebenso wie die dazugehörige Einsiedelei Montesiepi.

Der Rückweg über Land zu unserem letzten Ziel heute, Casole d’Elsa, hat sich dann doch etwas gezogen. Kein Wunder, geht es doch nur gemäßigt auf den Straßen der Toskana daher. Und das ist auch gut so. Denn zum einen kann man die herrliche Landschaft, die sich gefühlt hinter jeder Kuppe ändert, besser genießen – und zum anderen geht es meist über Berg und Tal und mit vielen Kurven auf Straßen, die … hmmm, manchmal einem Löcherkäse alle Ehre machen.

Wir haben die Hälfte des Bummels durch Casole d’Elsa hinter uns, als an der Piazza della Liberta die geöffnete Kirchentüre zu einer Besichtigung einlädt. Kommt jetzt mit zu

meiner Besichtigung der Stiftskirche Santa Maria Assunta in Casole d’Elsa in der Toskana

die, wie meist üblich bei meinen Kirchenberichten, mit der

Außenansicht der Stiftskirche Santa Maria Assunta in Casole d’Elsa

beginnt.

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Bevor die Innenbesichtigung losgeht, erst einmal

ein bisschen Baugeschichte zur Stiftskirche Santa Maria Assunta in Casole d’Elsa

Die geht zurück ins Mittelalter zur Anfangskirche in einem kleinen Dorf namens Casole, wie es damals noch hieß. An der Via Francigena, einer der drei Pilgerstraßen die nach Rom führt, und einer wichtigen Handelsstraße gelegen, unterstand der Ort dem Bischof von Volterra. Dort taucht sie in einer Urkunde des Bischofs so um 1039 zum ersten Mal auf.

„Es war damals im Jahr des Herrn eintausendeinhunderteinundsechzig, als diese heiligen Ereignisse am achten Tag und noch nicht am neunten des Monats November stattfanden, der sehr berühmte Villano Pisano und der großartige Erzbischof Giulio, ein angesehener Florentiner, und Galgano Pannocchieschi von Volterra widmeten der frommen Religion unter dem römischen Pontifikat Alexanders, und König Friedrich I. Barbarossa stand an der Spitze der Regierung.
Hier werden die Jungfrau Maria, die Mutter Gottes, Johannes der Täufer, die Jünger des Herrn Andreas und Paulus der Bekenner sowie Leonardo und viele andere gefeiert, über die ich gerne schweige, denn alle anderen habe ich in geschrieben voll, das die Zahl vierzig enthält.
Ich bin Martin, der erste Geistliche im Orden, ich habe mich der Kirche übergeben, die allein dazu geeignet ist.“

Inschrift einer Gedenktafel an der Kirche Santa Maria Assunta in Casole d'Elsa zur Weihe der Kirche, Übersetzung hier entnommen

1161 wird die romanische Ortskirche geweiht. Die Zugehörigkeit zu Volterra verhalf der kleinen Kirche auch dazu, von deren Reichtum zu profitieren. Sie erhielt als eine der ersten Kirche der damaligen Zeit einen Kreuzgang.

Heute steht sie zwar in ihrem Äußeren noch als Kirche im romanischen Baustil da, im Inneren wurde sie jedoch im Laufe der Jahrzehnte umgestaltet. So fast unscheinbar sie von außen wirkt – es ist wie bei uns Menschen auch: unterschätze nie die inneren Werte. Und die schau ich mir jetzt bei

meiner Innenbesichtigung der Stiftskirche von Casole d’Elsa

ein bisschen genauer an. Die dritte Kirche am ersten Besichtigungstag. Ich erinnere mich noch an die ungläubige Frage meines Mannes in Prag, als ich ihm von den unzählig vielen Kirchen der Stadt berichtet habe: „Die willst du jetzt aber nicht alle anschauen!?“ Noch interessanter wurde es bei unserem Langzeiturlaub in Venedig, als wir dann doch tatsächlich ca. 30 Kirchen der Lagunenstadt besichtigt haben. Rom hat in sieben Wochen dann aber alles in den Schatten gestellt. Sage und schreibe über 70 wunderschönen Kirchen haben wir einen Besuch abgestattet. Bei der Menge an Kirchen in der Ewigen Stadt ein kleiner Klacks. (Leider haben es die Berichte bisher noch nicht in meinem Reiseblog geschafft)

In der Toskana tauchte dann aber wieder der Fragesatz von Prag auf. Nämlich in dem Moment, als ich sagte, dass an der Via Francigena, dem Pilgerweg nach Rom, unzählig viele Kirchen erbaut wurden. Ich ließ in dem Moment die Antwort offen 😅 denn irgendwann in solchen Langzeitreisen ist auch mein Kirchenspeicher voll. Und ganz ehrlich, auch wenn alle von uns besuchten Kirchen total anders im Innenleben waren, alle kann man doch auch nicht besichtigen.

Wir waren an diesem Spätnachmittag die einzigen Touristen in dem kleinen Städtchen, und so hatten wir

die Innenansicht der Stiftskirche von Casole d’Elsa

ganz für uns alleine. Das ist ja nicht immer der Fall, und ganz oft warte ich dann geduldig, bis ich freie Sicht zum Fotografieren bekomme.

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Mein zweiter Blick gilt zumeist der

Decke in der Stiftskirche Santa Maria Assunta in Casole d’Elsa

die den typisch toskanischen Stil einer Holzdecke zeigt. Manchmal sind sie noch mit Ornamenten bemalt, hier ist sie ganz schlicht.

Die Giebelkirche war ursprünglich mal in drei Kirchenschiffe unterteilt, gestützt von Säulen. Bei Renovierungen im 14. Jahrhundert wurde eine einschiffige Kirche daraus mit einem vorderen Querschiff, das die Kirche mit einem großen Spitzbogen verbindet.

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Der Hochaltar in der Stiftskirche von Casole d’Elsa

erstrahlt mit dem herrlichen Lichteinfall wunderschön, und bringt damit Jesus mit den Leuchterengel schön zur Geltung. Eine Manufaktur aus Siena hat den Hochaltar geschaffen.

Auf einem Foto seht ihr, dass im Presbyterium eine Grabplatte im Boden eingelassen ist. Die gehört Propst Francesco di Lorenzo, der 1420 verstorben, hier in der Kirche seine Ruhe fand.

 

Im ersten Blick denkt man nicht, dass die Kirche doch einige Schätzchen aufzuweisen hat. Während im 14. Jahrhundert die Kirche immer noch zu Volterra gehörte, hatte sie doch aber etwas zu sagen, und stellte sogar den Sitz des Diözesanvorstehers des Tales. Da kam dann schon auch ein bisschen was in die Kasse. Damit namhafte Künstler aus Siena für 

die Chorkapellen im Querschiff der Stiftskirche von Casole d’Elsa

gewonnen werden konnten, sponserten zwei bedeutende Familien der Hügelstadt noch einiges dazu. Zu ihnen später noch mehr. Aber, wie in vielen anderen Kirchen üblich, stifteten auch Laienbruderschaften hier in Casole d’Elsa eine Kapelle. 

Im 17. Jahrhundert kamen dann Altarbilder dazu, wie z.B. in einem der linken Kapellen eine Darstellung wie der Hl. Augustinus Jesus die Füße wäscht.

Jetzt zu den beiden Persönlichkeiten, die eng mit der Kirche und dem Ort verbunden waren. Und deshalb natürlich auch dort Grabdenkmale bekamen.

Das Grabdenkmal von Bischof Tommaso Andrei in der Stiftskirche in Casole d’Elsa

Bin ich wer, dann zeig ich das auch – und wenn es nach meinem Tod ist. Schließlich muss man doch zeigen, wieviel Macht man in der Gemeinde hatte, und wie man sich um deren Wohl verdient gemacht hat. So beauftragte die Familie des Verstorbenen Bischofs Tommaso Gano di Fazio, ein monumentales Hängegrab an der Wand der Kirche zum Andenken zu schaffen. Ich mein, für eine so kleine Kirche ist das schon pompös, wenn man dagegen aber die Dogengräber in der Kirche San Zanipolo in Venedig betrachtet, ist das hier mickrig. Nicht schmälern kann man dagegen seine Verdienste.

Aus dem Leben des Bischof Tommaso Andrei

dessen genaues Geburtsdatum geschätzt wird. So vor 1250 soll er in Casole auf die Welt gekommen sein und sich zur Kirche berufen gefühlt haben. 1284 wurde er zum Bischof von Pistoia (nördliche Toskana) berufen. Der damalige Bischof gab sein Amt nach 32 Jahren ab. Es wird gemunkelt, dass seine Familie als Adelsfamilie in den damaligen Krieg zwischen den Welfen (Papsttreuen) und den Ghibellinen (Kaisertreuen), der auch in Pistoia tobte, verwickelt war und er deshalb sein Amt niederlegte. Zu dieser Zeit war es üblich, dass die mächtigsten Familien Positionen wie Bischof oder Kardinal unter sich vergaben. Man bedenke ja nur, wieviel Päpste aus der Medici-Familie hervorgingen.

Einen leichten Job hatte Tommaso mit der Übernahme des Amtes wahrlich nicht. Nicht nur dass es zwischen Welfen und Ghibellinen ständig Krieg gab, nein, es spalteten sich auch noch die Welfen untereinander und bekämpften sich. Klar, dass er sich in seinen Bemühungen um Frieden keine Freunde machte. Der Papst betraute ihn mit Aufgaben und irgendwann war er im Klerus der Toskana eine hoch geschätzte Persönlichkeit, die vor allem in Pistoia seine Spuren hinterließ. Kirchenbauten und viele Aufträge für Kunstwerke tragen seinen Stempel.

19 Jahre dauerte sein Bistum, bis zu seinem Tod am 30. Juli 1303. Er, der immer um Frieden bemüht war, der den Hass eines Volkes in Hirtenbriefen an seine Priester eindämmen wollte, bekam nicht mehr in Gänze mit, wie Lucca und Florenz von zwei Seiten Pistoia belagerten. Schwere Kämpfe waren die Folge, und durch Vermittlung des Papstes wurde dem Gemetzel ein Ende bereitet. Allerdings mit dem hohen Preis, dass sich Pistoia ergab. Sein Nachfolger war auch nicht zu beneiden.

Bischof Tommaso erhielt in seiner Heimatgemeinde sein Begräbnis und seine Brüder gaben sein Grabmal in Auftrag. Es soll eines der ältesten erhaltenen Denkmale aus dieser Zeit sein.

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Die zweite Ehrung ist

Das Grabmal von Bernardino Albertini, genannt Porrina, in der Stiftskirche von Casola d’Elsa

Mitte des 13. Jahrhunderts wurde er in Casole geboren und erhielt die Ritterwürde. Er war als Anwalt an der Kurie in Rom tätig. Dies spiegelt auch die Darstellung in seinem Grabdenkmal wieder – in der einen Hand das Gesetzbuch, an seinem Gürtel das Ritterschwert.

3,80 Meter steht er über dem Boden, begleitet von zwei Figuren – und über ihm das Wappen der Familie. Ich musste mich, was die Person betrifft, erst einmal durch verwirrende Informationen lesen. Es gibt nämlich noch einen Bruder Rainerio del Porrina, die anderen sprechen jedoch von seinem Vater, was ich anhand des Geburtsdatums jedoch für unwahrscheinlich halte. Meine Vermutung bestätigt eine Erklärung zu Porrina an der Piazza della Liberta in Casole d’Elsa. Nach diesen Ausführungen hat Rainerio, Bischof von Cremona, für seinen Bruder Bernardino dieses Grabdenkmal von Marco Romano anfertigen lassen. Er hat damit eine der bedeutendsten Gotikskulpturen geschaffen.

Wer war Marco Romano?

Marco Romano wurde in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts in Rom geboren. Wirklich sesshaft war der Bildhauer nicht. Er arbeitete in der Lombardei und in der Toskana, bevor er dann 1318 für Arbeiten nach Venedig ging, wo er dann auch verstarb.

Für den Dom von Siena arbeitete er im Team von Giovanni Pisano an Figuren für eine Fassade. Ranieri, der Bischof von Cremona, rief ihn dann nach Casole d’Elsa, wo er in seinem Auftrag das Grabdenkmal für seinen Bruder Porrina fertigte. Man sagt dem Bildhauer nach, er zähle zu den bedeutendsten Künstler des 14. Jahrhunderts in Siena.

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Ich habe sie schon in Florenz in mein Herz geschlossen, die herrlichen Terracotta-Arbeiten der Familie della Robbia.

Terracotta „Die heilige Familie“ von Giovanni della Robbia in der Stiftskirche in Casole d’Elsa

Auch hier gefällt mir die Arbeit sehr gut. Oben die Verkündigung, unten die heilige Familie vereint. Im Laufe unseres Urlaubs sind mir noch mehr Arbeiten dieser Künstlerfamilie begegnet.

Man kann sagen, der Apfel fällt nicht weit vom Stamm. Giovanni wurde 1469 als Sohn von Andrea della Robbia in Florenz geboren. Sein Handwerk lernte er in der Werkstatt seines Vaters, die er nach dessen Tod auch übernahm. Vielleicht als Unterscheidungsmerkmal – Giovanni war der einzige aus der Familie, der seine Arbeiten signierte, oft auch noch mit Datum. Das war auch gut so, denn so kann man ein Original von einer Nachahmung unterscheiden. Denn viele haben versucht, diese glasierten Terrakottaarbeiten nachzuahmen. Also: nicht alles was nach Robbia aussieht, ist ein echter Robbia 😉 1529 starb der Künstler in Florenz.

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Mein letzter Blick bei meinem Rundgang gilt den

Kirchenfenster in der Stiftskirche Santa Maria Assunta in Casole d’Elsa

schön, gell 😊

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Den Kreuzgang und weiter Sehenswertes in der Kirche könnt ihr dann bei einem möglichen Besuch von Casole d’Elsa selber entdecken.

Wir setzen jetzt unseren Bummel durch Casole d’Elsa fort – einem Hügelörtchen, in das ich schockverliebt war. Wer noch ein bisschen mehr Kultur als wir heute wollten verträgt, der sollte neben der Kirche das Museum nicht auslassen. Fundsstücke aus der Etruskerzeit und Kunstgegenstände warten hier auf Besucher.
Wenn ihr mit mir durch Casole d’Elsa bummeln möchtet, dann klickt auf den nachfolgenden Link, mit dem ihr direkt in meinen Beitrag und nach Casole kommt.

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